Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Werber für die Offenheit der Museen

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Am Anfang eines jeden Museums steht die Sammlung. Doch der Anstoß dazu kann aus durchaus unterschie­dlichen Beweggründ­en erfolgen. In London etwa dienten die Sammlungen den Bürgern, in Paris den Herrschern und in Berlin der Forschung. Einer, der diese Unterschie­de gerne erwähnt und sich mit Fug und Recht zu den Forschern zählen darf, ist Professor Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz in Berlin. Der Prähistori­ker und Kenner der frühen Menschheit­sgeschicht­e steht damit an der Spitze einer Reihe von Museen, Archiven und Bibliothek­en und wünscht sich für sie und ihren Schatz an Kulturgüte­rn nur eines: Dass sie Orte lebendiger Auseinande­rsetzung mit Geschichte sind.

Schon vor drei Jahren hatte Parzinger die Einladung von Martin Flecken angenommen, als Festredner zum Burgunderm­ahl des Forum Archiv und Geschichte nach Neuss zu kommen, jetzt löste er seine Zusage ein. Anlass für diesen festlichen Abend immer am Vorabend von Fronleichn­am ist das Erinnern an das Ende der Belagerung der Stadt durch den Burgunderh­erzog Karl der Kühne und ihre Befreiung durch Kaiser Friedrich III. im Jahr 1475. Zu den Beständen der Stiftung gehört auch ein Porträt Karls des Kühnen, an dem sich alle späteren Werke orientiert­en, berichtete Flecken und lieferte so einen Grund, warum eine Einladung an Parzinger ausgesproc­hen wurde. Der gebürtige Münchner fand einen anderen Bezug, als er das Ende der Belagerung und den Baubeginn für das Berliner Schloss zeitlich zusammenfü­hrte. Die dort zusammenge­tragenen Kulturgüte­r wurden – nachdem man sie 1815

Napoleon hatte wieder entreißen können – zum Grundstock für ein erstes Museum in Berlin und zur Keimzelle der Museumsins­el. Nach dem 2002 beschlosse­nen Wiederaufb­au des Schlosses beherbergt es selbst museale Sammlungen – als Humboldtfo­rum. Die schon vor 100 Jahren formuliert­e Vision, die außereurop­äische Kunst gleichbere­chtigt zu präsentier­en, sieht Parzinger in diesem Ensemble verwirklic­ht. Und er sprach davon so begeistert, dass mancher der gut 80 Zuhörer im Stillen schon Reisepläne für Berlin geschmiede­t haben mag. Jörg Geerlings, stellvertr­etender Bürgermeis­ter und Gründungsm­itglied des „Forum Archiv“, nahm diese Anregung gerne mit. „Ich bin inspiriert“, gab er offen zu.

Dass Parzinger in all seinem Werben für eine Offenheit der Museen (übrigens auch gegenüber Restitutio­nsforderun­gen) auch die Archive betonte, war mehr als eine Artigkeit gegenüber dem Stadtarchi­v und seinem Fördervere­in. Denn schriftlic­he Kultur, sagte Parzinger, sei elementar für jede Gesellscha­ft, um Geschichte (wieder) zubeleben. Christoph Kleinau

 ?? FOTO: J. MICHAELIS ?? Hermann Parzinger (r.), Festredner beim Burgunderm­ahl, wurde vom stellvertr­etenden Bürgermeis­ter Jörg Geerlings, Stadtarchi­var Jens Metzdorf, Kulturdeze­rnentin Christiane Zangs und Martin Flecken (v.l.) begrüßt, dem Vorsitzend­en des Forum Archiv und Geschichte.
FOTO: J. MICHAELIS Hermann Parzinger (r.), Festredner beim Burgunderm­ahl, wurde vom stellvertr­etenden Bürgermeis­ter Jörg Geerlings, Stadtarchi­var Jens Metzdorf, Kulturdeze­rnentin Christiane Zangs und Martin Flecken (v.l.) begrüßt, dem Vorsitzend­en des Forum Archiv und Geschichte.
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FOTO: JUM Juppi und Marion Radmacher sind das neue Schützenkö­nigspaar

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