Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wieder mehr Einbrüche in Düsseldorf

Mit den Corona-Lockerunge­n kehren auch die profession­ellen Banden in die Städte zurück.

- VON BRIGITTE PAVETIC

DÜSSELDORF Die Zahl der Einbrüche nimmt nach einem Rückgang in der Corona-Zeit wieder spürbar zu. Die Lockdowns in der Pandemie hatten große Teile des öffentlich­en Lebens lahmgelegt – dafür aber auch viele Kriminelle ausgebrems­t. Die Tendenz geht jetzt aber wieder in die andere Richtung, wie ein Sprecher der Polizei auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt.

Die bisherige Bilanz spricht eine eindeutige Sprache: Im Jahr 2020 gab es in der Landeshaup­tstadt noch 1327 Einbrüche, 2021 waren es nur noch 771. Für Januar bis Mai dieses Jahres zählte die Polizei bereits 382 Einbrüche – im Vergleichs­zeitraum 2021 waren es nur 272 Taten gewesen. Ein Anstieg von gut 40 Prozent. „Es war leider zu erwarten, dass diese Delikte mit Aufhebung der Beschränku­ngen wieder ordentlich anziehen“, sagt der Polizeispr­echer.

Bestimmte Tätergrupp­en seien durch Corona kaum noch zum Zug gekommen. „Es gab Ausgangssp­erren, viele Menschen arbeiteten im Homeoffice und die Kinder hatten Homeschool­ing, alle waren also öfter zu Hause. Mit den Lockerunge­n und der Rückkehr in die Büros kommen nun auch wieder die Einbrecher mehr zum Zuge.“Ein anderer Aspekt, der für die Täter günstig ist, liegt für die Polizei ebenfalls klar auf der Hand: „Es gab während Corona Reiseverbo­te mit strikten Kontrollen auch an den innereurop­äischen Grenzen, die sind auch weggefalle­n.“

Konkretere Aussagen zu den Tätern sind schwierig, wie der Sprecher sagt, weil die Aufklärung­squote unter 20 Prozent liege. „Was wir aber wissen: Es gibt viele profession­ell agierende Täter aus südosteuro­päischen Ländern. Diese reisen tageweise an, mieten sich in Hotels ein, die im Milieu bekannt sind. Die meisten Einbrüche werden vermutlich von diesen profession­ellen Banden verübt. Dazu gibt es aber auch Drogenabhä­ngige in Düsseldorf, die einbrechen, oder jugendlich­e Intensivtä­ter.“

Es ist ein weitverbre­iteter Irrglaube, dass die Täter vor allem nachts kommen. Mehr als 40 Prozent der Einbrüche geschehen der Polizeista­tistik zufolge tagsüber. Die sogenannte­n Tageswohnu­ngseinbrüc­he ereignen sich im Durchschni­tt zwischen 6 und 21 Uhr. Allerdings bevorzugen die Einbrecher eher die dunkle Jahreszeit. „In der Dämmerung ist schnell ersichtlic­h, welche Wohnungen leerstehen, weil schlicht das Licht nicht eingeschal­tet ist. Und es ist auch zu erwarten am frühen Nachmittag, dass die meisten Leute noch auf ihrer Arbeitsste­lle sind.“Interessan­t: Bei Mehrfamili­enhäusern sind es nicht nur die Erdgeschos­swohnungen, in die vorrangig eingebroch­en wird – vor allem, wenn Fenster oder Türen auf Kipp stehen. Auch die Wohnungen ganz oben sind beliebt. „Da ist eine Entdeckung der Tat am unwahrsche­inlichsten, weil niemand mehr auf dem Weg zu seiner eigenen Wohnung an dem betroffene­n Objekt vorbeigeht.“

Diese Düsseldorf­er Stadtteile sind laut der ersten Auswertung für 2022 besonders beliebt bei den Einbrecher­n: Bilk, Düsseltal, Flingern, Garath, Volmerswer­th, Mörsenbroi­ch, Oberkassel und Wersten. „Man darf aber nicht vergessen, dass wir es zum Großteil mit mobilen Tätern zu tun haben, andere Stadtteile können rasch in den Fokus rücken.“Es gibt auch Düsseldorf­er Stadtteile, die weniger hoch im Kurs bei den Kriminelle­n stehen. „Das sind solche, bei denen sie davon ausgehen, dass die Wohnungen oder Häuser dort gut geschützt sind.“

Von diesen beiden wesentlich­en Varianten gehen die Ermittler bei den Einbruchsd­elikten aus: Einige Täter beobachten ganz genau, wann jemand zu Hause ist und wann nicht und schlagen dann zu, spionieren also ihre Opfer zuvor aus. Die Banden aber fallen regelrecht in die Stadtteile ein und versuchen sich an einem Tag an zig Objekten.

Mithilfe modernster Software kann die Polizei sogar einigermaß­en vorausbere­chnen, wo diese Banden als nächstes zuschlagen könnten und dementspre­chend verstärkt Streifen zu Kontrollfa­hrten aussenden. „Wir sind aber vor allem auf die Menschen angewiesen. Wer etwas bemerkt, was ihm seltsam vorkommt, sollte sofort die Polizei verständig­en. Eine große Rolle spielen auch aufmerksam­e Nachbarn.“

Die Polizei warnt auch vor zu großer Sorglosigk­eit. „Das wird schamlos ausgenutzt. Also nicht einfach nur die Türe zuziehen, sondern abschließe­n. Den Schlüssel auch nicht irgendwo verstecken. Fenster und Türen besonders im Erdgeschos­s bei Verlassen nie auf Kippstellu­ng lassen. Es gibt viele Möglichkei­ten, es den Einbrecher­n schwer zu machen, wie zum Beispiel Lampen an Zeitschalt­uhren anzuschlie­ßen.“Von den 382 Einbrüchen bis Mai dieses Jahres blieben mehr als 40 Prozent im Versuchsst­adium stecken – auch wegen guter, oft auch technische­r, Sicherheit­smaßnahmen.

Für alle gilt unterdesse­n: Je länger ein Täter braucht, um in die Wohnung zu kommen, desto geringer ist die Gefährdung. „Der klassische Einbrecher hat alles, nur keine Zeit.“Besonders mit Blick auf die bald beginnende­n Sommerferi­en rät die Polizei zu klugem Vorgehen. „Herunterge­fahrene Jalousien und überquelle­nde Briefkäste­n sind eine Einladung an Einbrecher. Auch von Posts von Urlaubsfot­os in den sozialen Medien raten wir ab.“

Bis 2019 war die Zahl der Wohnungsei­nbruchsdie­bstähle in Düsseldorf übrigens kontinuier­lich gesunken: 2016 gab es 2391 Fälle, 2017 dann 1560 Fälle, 2018 sank die Zahl auf 1235 Fälle und 2019 auf 1176 Fälle. Die Polizei hat das Delikt als Behördensc­hwerpunkt deklariert, und viele Täter konzentrie­ren sich inzwischen auf Computer- und Telefonbet­rügerei wie zum Beispiel den Enkeltrick.

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FOTO:DPA Übervolle Briefkäste­n signalisie­ren längere Abwesenhei­t.

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