Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Viele Ausbildungen sind jetzt noch möglich
Für eine Entscheidung ist es noch nicht zu spät, denn in Nordrhein-Westfalen gibt es aktuell mehr Ausbildungsplätze als Bewerber.
Junge Menschen treffen die Entscheidung hinsichtlich ihrer Berufswegeplanung immer später – und das aus unterschiedlichsten Gründen. Für alle, die heute noch keinen Ausbildungsplatz haben, gibt es jedoch gute Neuigkeiten. Aktuell sind laut der Agentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen noch über 50.000 Ausbildungsplätze in fast allen Berufsgruppen und Wirtschaftsbereichen offen. Allein im Kreis Mettmann und in Düsseldorf gibt es noch 1400 freie Ausbildungsplätze in den IHK-Berufen und auch die Lehrstellenbörse der Handwerkskammer ist prall gefüllt. „Fast 1800 freie Ausbildungsplätze, über 1600 Praktikumsangebote und sogar noch 25 Angebote für ein triales Studium zeigen, dass am handwerklichen Ausbildungsmarkt noch viel in Bewegung ist“, erklärt Christian Henke, Berufsbildungsexperte der Handwerkskammer Düsseldorf. Das gilt für nahezu alle Handwerksberufe.
Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie zeigen, dass insbesondere zum Schuljahresende und in den Sommerferien noch etwas möglich ist – gerade auch für Kurzentschlossene. „Die alte Geschichte, dass Lehrverträge ein Jahr vor Ausbildungsbeginn abgeschlossen werden, stimmt so schon lange nicht mehr“, betont Henke. „Viele Jugendliche entscheiden sich kurzfristig für einen Beruf und einen bestimmten Betrieb.“
Genauso handeln aber auch Betriebe, wenn die Auftragslage beispielsweise besonders gut ist und es deshalb noch Kapazitäten für eine zusätzliche Lehrstelle gibt. Oder wenn ein Bewerber den Chef besonders von sich und seinen Qualitäten überzeugen kann und deshalb einen zusätzlichen Ausbildungsplatz angeboten bekommt. „In unserem Bundesland hat (tmn) Arbeitsverhältnisse beginnen in der Regel mit einer Probezeit. Sechs Monate sind hier Standard. Auch für Auszubildende gilt zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses immer eine Probezeit. Das ist im Berufsbildungsgesetz festgelegt (§20 BBiG). Allerdings ist sie kürzer als es die Regel bei Fachkräften ist, wie Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln, erklärt. Sie dauert mindestens einen Monat, darf höchstens aber vier Monate betragen. Während der Probezeit können beide Vertragsparteien, also sowohl der Auszubildende als auch der Ausbildungsbetrieb, das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne Begründung schriftlich kündigen (§22 BBiG). sich ein Bewerberinnen- und Bewerbermarkt entwickelt, Stand Mai gibt es mehr angebotene Ausbildungsplätze als Bewerberinnen und Bewerber“, erklärt Andre Habrock, Referent Bildung bei der IHK NRW. Bedingt durch
Haben Azubis eine Probezeit
„Junge Menschen, die kurz vor ihrem Schulabschluss stehen, haben jetzt die besten Chancen, ab dem Sommer mit einer Ausbildung zu starten“Andre Habrock IHK NRW
den Fachkräftemangel und die Auswirkungen der Demografie suchen viele Unternehmen händeringend Nachwuchs. „Junge Menschen, die kurz vor ihrem Schulabschluss stehen, haben jetzt die besten Chancen, ab dem Sommer den ersten Karriereschritt mit einer Ausbildung zu starten.“
Ausbildungsverträge können bis in den Herbst hinein abgeschlossen werden – und die Zahl der späten Abschlüsse nimmt von Jahr zu Jahr zu.
„Auch wenn der offizielle Ausbildungsbeginn im Regelfall der 1. August oder der 1. September ist, schließen zahlreiche Unternehmen noch Ausbildungsverträge bis Ende September ab“, weiß Jens Peschner, Bereichsleiter Ausbildungsberatung der IHK Düsseldorf. „In manchen Fällen auch später.“
Grundsätzlich ist der Einstieg in eine Ausbildung jederzeit in den Unternehmen möglich. Jedoch sind die Starttermine in den Berufsschulen festgelegt und die Ausbildungsinhalte im Betrieb und Unterricht aufeinander abgestimmt. „Um Nachholeinheiten zu vermeiden und die Chancen auf den Wunschausbildungsplatz im Wunschunternehmen zu erhöhen, empfehlen wir, sich so früh wie möglich zu bewerben“, rät Andre Habrock. Wer sich noch nicht ganz sicher ist, findet bei den Kammern jede Menge Informationen zu vielen Ausbildungsberufen. „Spannend können hier auch die Erfahrungsberichte anderer Azubis sein.“Um einen direkten Einblick in einen Arbeitstag als Azubi zu bekommen, sollten Ausbildungsinteressierte sich etwa in sozialen Netzwerken nach interessanten Unternehmen umschauen oder direkt bei Ausbildungsbetrieben in der Nähe fragen, ob vorab ein Praktikum möglich ist.
Wer sich für eine duale Berufsausbildung entscheidet, kann das im Berufsschulunterricht Erlernte sofort praktisch umsetzen. „Diese Verzahnung von Theorie und Praxis ermöglicht den Auszubildenden, sich von Anfang an in den betrieblichen Alltag einzubringen und im Team die unternehmerischen Herausforderungen zu meistern“, zeigt Jens Peschner die Vorteile auf. „Durch ein eigenes Gehalt ist eine Ausbildung auch ein erster Schritt in die wirtschaftliche Unabhängigkeit für viele junge Menschen“, ergänzt der Düsseldorfer IHK-Vertreter.
Zudem sind Auszubildende in zwei bis drei Jahren bereits Fachkräfte, die jetzt schon auf dem Arbeitsmarkt händeringend gesucht werden. Wenn das berufliche Fundament mit einer Ausbildung gelegt wurde, gibt es neben dem – auch berufsbegleitenden – Studium auch zahlreiche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten in den einzelnen Berufsbildern, die weitere Karriereschritte ermöglichen.