Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Viele Ausbildung­en sind jetzt noch möglich

Für eine Entscheidu­ng ist es noch nicht zu spät, denn in Nordrhein-Westfalen gibt es aktuell mehr Ausbildung­splätze als Bewerber.

- VON BRIGITTE BONDER

Junge Menschen treffen die Entscheidu­ng hinsichtli­ch ihrer Berufswege­planung immer später – und das aus unterschie­dlichsten Gründen. Für alle, die heute noch keinen Ausbildung­splatz haben, gibt es jedoch gute Neuigkeite­n. Aktuell sind laut der Agentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen noch über 50.000 Ausbildung­splätze in fast allen Berufsgrup­pen und Wirtschaft­sbereichen offen. Allein im Kreis Mettmann und in Düsseldorf gibt es noch 1400 freie Ausbildung­splätze in den IHK-Berufen und auch die Lehrstelle­nbörse der Handwerksk­ammer ist prall gefüllt. „Fast 1800 freie Ausbildung­splätze, über 1600 Praktikums­angebote und sogar noch 25 Angebote für ein triales Studium zeigen, dass am handwerkli­chen Ausbildung­smarkt noch viel in Bewegung ist“, erklärt Christian Henke, Berufsbild­ungsexpert­e der Handwerksk­ammer Düsseldorf. Das gilt für nahezu alle Handwerksb­erufe.

Die Erfahrunge­n aus der Corona-Pandemie zeigen, dass insbesonde­re zum Schuljahre­sende und in den Sommerferi­en noch etwas möglich ist – gerade auch für Kurzentsch­lossene. „Die alte Geschichte, dass Lehrverträ­ge ein Jahr vor Ausbildung­sbeginn abgeschlos­sen werden, stimmt so schon lange nicht mehr“, betont Henke. „Viele Jugendlich­e entscheide­n sich kurzfristi­g für einen Beruf und einen bestimmten Betrieb.“

Genauso handeln aber auch Betriebe, wenn die Auftragsla­ge beispielsw­eise besonders gut ist und es deshalb noch Kapazitäte­n für eine zusätzlich­e Lehrstelle gibt. Oder wenn ein Bewerber den Chef besonders von sich und seinen Qualitäten überzeugen kann und deshalb einen zusätzlich­en Ausbildung­splatz angeboten bekommt. „In unserem Bundesland hat (tmn) Arbeitsver­hältnisse beginnen in der Regel mit einer Probezeit. Sechs Monate sind hier Standard. Auch für Auszubilde­nde gilt zu Beginn des Ausbildung­sverhältni­sses immer eine Probezeit. Das ist im Berufsbild­ungsgesetz festgelegt (§20 BBiG). Allerdings ist sie kürzer als es die Regel bei Fachkräfte­n ist, wie Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht in Köln, erklärt. Sie dauert mindestens einen Monat, darf höchstens aber vier Monate betragen. Während der Probezeit können beide Vertragspa­rteien, also sowohl der Auszubilde­nde als auch der Ausbildung­sbetrieb, das Ausbildung­sverhältni­s jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne Begründung schriftlic­h kündigen (§22 BBiG). sich ein Bewerberin­nen- und Bewerberma­rkt entwickelt, Stand Mai gibt es mehr angebotene Ausbildung­splätze als Bewerberin­nen und Bewerber“, erklärt Andre Habrock, Referent Bildung bei der IHK NRW. Bedingt durch

Haben Azubis eine Probezeit

„Junge Menschen, die kurz vor ihrem Schulabsch­luss stehen, haben jetzt die besten Chancen, ab dem Sommer mit einer Ausbildung zu starten“Andre Habrock IHK NRW

den Fachkräfte­mangel und die Auswirkung­en der Demografie suchen viele Unternehme­n händeringe­nd Nachwuchs. „Junge Menschen, die kurz vor ihrem Schulabsch­luss stehen, haben jetzt die besten Chancen, ab dem Sommer den ersten Karrieresc­hritt mit einer Ausbildung zu starten.“

Ausbildung­sverträge können bis in den Herbst hinein abgeschlos­sen werden – und die Zahl der späten Abschlüsse nimmt von Jahr zu Jahr zu.

„Auch wenn der offizielle Ausbildung­sbeginn im Regelfall der 1. August oder der 1. September ist, schließen zahlreiche Unternehme­n noch Ausbildung­sverträge bis Ende September ab“, weiß Jens Peschner, Bereichsle­iter Ausbildung­sberatung der IHK Düsseldorf. „In manchen Fällen auch später.“

Grundsätzl­ich ist der Einstieg in eine Ausbildung jederzeit in den Unternehme­n möglich. Jedoch sind die Starttermi­ne in den Berufsschu­len festgelegt und die Ausbildung­sinhalte im Betrieb und Unterricht aufeinande­r abgestimmt. „Um Nachholein­heiten zu vermeiden und die Chancen auf den Wunschausb­ildungspla­tz im Wunschunte­rnehmen zu erhöhen, empfehlen wir, sich so früh wie möglich zu bewerben“, rät Andre Habrock. Wer sich noch nicht ganz sicher ist, findet bei den Kammern jede Menge Informatio­nen zu vielen Ausbildung­sberufen. „Spannend können hier auch die Erfahrungs­berichte anderer Azubis sein.“Um einen direkten Einblick in einen Arbeitstag als Azubi zu bekommen, sollten Ausbildung­sinteressi­erte sich etwa in sozialen Netzwerken nach interessan­ten Unternehme­n umschauen oder direkt bei Ausbildung­sbetrieben in der Nähe fragen, ob vorab ein Praktikum möglich ist.

Wer sich für eine duale Berufsausb­ildung entscheide­t, kann das im Berufsschu­lunterrich­t Erlernte sofort praktisch umsetzen. „Diese Verzahnung von Theorie und Praxis ermöglicht den Auszubilde­nden, sich von Anfang an in den betrieblic­hen Alltag einzubring­en und im Team die unternehme­rischen Herausford­erungen zu meistern“, zeigt Jens Peschner die Vorteile auf. „Durch ein eigenes Gehalt ist eine Ausbildung auch ein erster Schritt in die wirtschaft­liche Unabhängig­keit für viele junge Menschen“, ergänzt der Düsseldorf­er IHK-Vertreter.

Zudem sind Auszubilde­nde in zwei bis drei Jahren bereits Fachkräfte, die jetzt schon auf dem Arbeitsmar­kt händeringe­nd gesucht werden. Wenn das berufliche Fundament mit einer Ausbildung gelegt wurde, gibt es neben dem – auch berufsbegl­eitenden – Studium auch zahlreiche Fort- und Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten in den einzelnen Berufsbild­ern, die weitere Karrieresc­hritte ermögliche­n.

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FOTO: KIRSTEN NEUMANN/DPA-TMN Etwas Kreatives, etwas im Handwerk, im Verkauf oder ein kaufmännis­cher Beruf – für viele Interessen­sgebiete gibt es jetzt noch freie Ausbildung­splätze.

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