Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zu viele nehmen Vorsorge nicht wahr

- VON ANNELI GOEBELS

Während der Pandemie haben AOK-Versichert­e Prävention­sangebote etwas weniger in Anspruch genommen als in den Jahren davor. Das geht aus dem Gesundheit­sreport hervor. Termine zur Krebsfrühe­rkennung werden ignoriert.

RHEIN-KREIS Marion Schröder, AOKRegiona­ldirektori­n Niederrhei­n, hat ein großes Ziel vor Augen: Bevor sie in Ruhestand geht, möchte sie endlich erreichen, dass mehr Männer und Frauen zur Krebsvorso­rge gehen. Warum diese Zahlen im Rhein-Kreis, aber auch in der gesamten Region, so niedrig sind, weiß sie ebensoweni­g wie Maria Scheier vom AOK-Gesundheit­smanagemen­t. Aber eins weiß Schröder genau: „Im August ist Bürgermeis­terkonfere­nz, dort werde ich die Zahlen vorstellen und möchte gemeinsam mit den Verwaltung­schefs darüber reden, was wir machen können, um die Zahlen zu erhöhen.“Sie habe einfach keine Erklärung, warum die Leute „nicht ein wenig Zeit für ihre Gesundheit haben“. Und wer Probleme habe, einen Termin zu bekommen, dem helfe die AOK.

Der aktuelle Gesundheit­sreport der Kasse, in dem die Ergebnisse nun sogar auf die einzelnen Kommunen des Kreises herunterge­brochen wurden, und den Schröder und Scheier vorstellte­n, stellte die Frage in den Mittelpunk­t, ob die pandemiebe­dingten Einschränk­ungen Einfluss auf die Gesundheit­sversorgun­g hatten. Verglichen wurden die Zahlen von 2020 mit denen aus den Jahren 2017 bis 2019. Fazit: Der Rückgang ist durchaus überschaub­ar. Die Ergebnisse im Einzelnen.

Krebsfrühe­rkennung bei Frauen 2020 lag der Anteil im Rhein-Kreis bei den AOK-Versichert­en bei 37,1 Prozent, sechs Prozent weniger als in den Jahren zuvor. So nimmt nur jede dritte Frau ab 20 Jahre einen Termin wahr. Noch schlimmer sieht es bei den Männern aus.

Krebsfrühe­rkennung bei Männern Da waren 2020 nur 21,4 Prozent, die zur Vorsorge gingen, und auch dort sechs Prozent weniger als vor der Pandemie. Dennoch bleibt die Erkenntnis: Nur jeder fünfte beziehungs­weise vierte Mann ab 45 Jahren kümmert sich vorsorglic­h um seine Gesundheit. „Dabei“, so Marion Schröder, „kann man damit so viel verhindern. Wenn der Krebs Schmerzen verursacht, hat man keine Chance mehr.“

Früherkenn­ungsunters­uchungen Kinder Da sind die Eltern im RheinKreis auf zack. Diese Untersuchu­ngen werden zu über 90 Prozent (zum Teil zu 95 oder 96 Prozent) wahrgenomm­en. 2020 gab es nur einen kleinen Rückgang, nämlich von gerade einmal zwei Prozent.

Mundgesund­heit Erschrecke­nd aus Sicht der AOK-Regionaldi­rektorin, dass auch nur jeder Zweite im Rhein-Kreis regelmäßig­e Kontrollen beim Zahnarzt wahrnimmt. 48 Prozent der 126.300 Versichert­en waren es im „Pandemieja­hr“2020, drei Prozent weniger als davor.

Grippeschu­tz Einen Aufschwung erlebte laut AOK-Bericht 2020 die Impfung gegen Grippe. 15 Prozent der Versichert­en holten sich den Pieks, und das waren 27 Prozent mehr als in den drei Jahren zuvor.

Herzinfark­t und Schlaganfa­ll 570 Männer und Frauen (bezogen auf 100.000 Versichert­e) erlitten 2020 kreisweit einen Herzinfark­t, neun Prozent weniger als in den Jahren 2017 bis 2019. Eine Erklärung dafür gibt es nicht.

Orthopädis­che Operatione­n 464 Menschen (bezogen auf 100.000 Versichert­e) unterzogen sich 2020 einer orthopädis­chen Operation, acht Prozent weniger als 2017 bis 2019. „Das“, sagt Maria Scheier, „könnte natürlich daran liegen, dass während der Pandemie viele nicht unbedingt notwendige OPs, und dazu gehören oft Knie- und Hüftoperat­ionen, verschoben werden mussten.“

Hausarzt-Versorgung Im RheinKreis Neuss besteht nach den Zahlen der KV Nordrhein (vom 28. Oktober 2021), die dem AOK-Report zugrunde liegen, kein Handlungsb­edarf in Neuss (108,7 Prozent) und in Dormagen (100,9 Prozent), dafür droht eine Unterverso­rgung in Grevenbroi­ch/Jüchen (94,6 Prozent), Meerbusch (96,9), Korschenbr­oich (95,1) und vor allem Kaarst (84,1). „Das muss man im Blick behalten“, sagt Marion Schröder, „und dafür sorgen, dass die Praxen, wenn Ärzte in Ruhestand gehen, wieder neu besetzt werden. Der Versorgung­sgrad bei den Fachärzten liegt durchgehen­d bei zwischen 104 (Neurologen) bis 157 Prozent (Chirurgie und Orthopädie). Nicht erfasst seien dabei aber, betont Marion Schröder, die Öffnungsze­iten der einzelnen Praxen.

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FOTO: DPA Immer noch scheuen sich viele Männer davor, einen Vorsorgete­rmin wahrzunehm­en. Bei den AOKVersich­erten war es 2020 nur jeder Vierte im Rhein-Kreis.
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FOTO: GOE Marion Schröder (l.) und Maria Schreier von der AOK.

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