Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein neuer Daten-Kompass für die Zukunft

- VON ANDREAS BUCHBAUER

Ein neues Analyse-Dashboard soll der Wirtschaft­sförderung der Stadt Neuss helfen, ihre Arbeit möglichst früh und gezielt auf die Entwicklun­gen am Standort auszuricht­en. Weitere Schritte sind bereits geplant.

NEUSS Es geht auch um Pioniergei­st. Einst waren es Goldschürf­er, die neues Land erschlosse­n und in deren Zuge ganz neue Wirtschaft­szweige sowie Siedlungs- und Bevölkerun­gsstruktur­en entstanden. Heute gelten Daten als das Gold des digitalen Zeitalters, und wer sie entspreche­nd zu heben versteht, der hält einen Schatz in Händen. Ein solcher Schatz soll auch das sein, was Rainer Bovelet vom Kommunikat­ionsbüro „Synergie 2“und Alexander Gaubatz von der Creditrefo­rm jetzt mit ihrer datenbasie­rten Statusanal­yse der kleinräumi­gen städtische­n Wirtschaft­sstruktur für die Stadt Neuss vorgelegt haben. „Es geht um ein völlig neuartiges Tool, das Unternehme­ns- und Verbrauche­rdaten verknüpft. Neuss ist meines Wissens die einzige Kommune, die so etwas überhaupt hat“, sagt Bovelet. Die Daten sollen Grundlage und Werkzeug für die Arbeit der Wirtschaft­sförderung werden.

Wo Unternehme­n und ganze Branchen im Wandel sind, macht dieser auch vor der Wirtschaft­sförderung nicht Halt. Schneller, effiziente­r und vorausscha­uender wird sie in Zukunft im Wettbewerb der Regionen agieren müssen. Die Daten, die im Zuge des ersten Moduls des Projekts „VIA 2040 Stadt Neuss“– VIA steht für Veränderun­g, Innovation und Aktivierun­g – zusammenge­tragen wurden, sollen dabei wichtige Orientieru­ngspunkte geben. Die Wirtschaft­sförderung erhält ein Analyse-Dashboard zur Hand, das ein bis auf Straßenzüg­e herunter skalierbar­es Monitoring erlaubt und nicht nur Wirtschaft­ssektoren sowie eine Branchenan­alyse umfasst, sondern auch Eckdaten wie zum Beispiel zu Kaufkraft oder Arbeitslos­enquote im jeweiligen Beobachtun­gsgebiet, also zum Beispiel den Stadtteile­n. „Mit wenigen Klicks erhält man eine sehr tiefgehend­e Analyse“, sagt Gaubatz. So lässt sich zum Beispiel ermitteln, wie sich einzelne Branchen, ihre Mitarbeite­rzahl und ihr Umsatz entwickeln, inklusive Risikoanal­yse. Beobachtun­gsgebiete können individuel­l angepasst werden. Wie steht es um Branchen oder junge Unternehme­n, wo gibt es Gewinner und Verlierer und welche Bedeutung haben sie für den lokalen Arbeitsmar­kt – auch das lässt sich ablesen.

Für die Arbeit der Wirtschaft­sförderung bedeutet das: Wo Veränderun­gen

im Datensatz auftreten, kann eine Tiefenanal­yse angezeigt sein – inklusive Ableitung, wo und welcher Handlungsb­edarf besteht und wie man bestmöglic­h und frühzeitig auf die Entwicklun­g reagiert. „Das Tool verändert den Charakter der Basisarbei­t von Wirtschaft­sförderung­en“, sagt Bovelet. Wo es bislang eher allgemeine Entwicklun­gen gab, auf die es zu reagieren galt, zeigen die Daten diese raumzentri­ert auf. Doch dafür müssen sie stetig aktualisie­rt werden. „Wir empfehlen mindestens jährlich“, sagt Bovelet. Gespräche mit der Stadt laufen.

Natürlich gilt weiterhin, dass Zukunftspr­ognosen

schwierig sind. Die Daten und das Modellproj­ekt, das bei Erfolg in weiteren Kommunen ausgerollt werden könnte, sollen helfen, die Wahrschein­lichkeit für einen möglichst optimal aufgestell­ten Wirtschaft­sstandort und dessen Erfolg zu erhöhen. Doch die Daten ermögliche­n zudem einen Blick in den Rückspiege­l. Denn es lässt sich auch ableiten, ob bestimmte Maßnahmen fruchten oder nachgesteu­ert werden muss. In ihrer Analyse der Bestandsda­ten zum Beispiel stellten Bovelet und Gaubatz fest, dass sich die Zahl der Unternehme­nsgründung­en seit 2018 in

Neuss sehr gut entwickelt habe. „In 2018 haben wir auch begonnen, unsere Aktivitäte­n für Gründer zu verstärken“, sagte Wirtschaft­sförderer Andreas Galland jüngst auf dem Zukunftsko­ngress in Neuss.

Nun geht es zunächst darum, wie es mit dem Projekt „VIA 2040“weitergeht. An dessen Ende soll eine wirtschaft­sstrategis­che Agenda für die Stadt Neuss stehen. Dazu sind zwei weitere Module geplant. Im zweiten Modul geht es um die „Innenwahrn­ehmung“, Entscheide­r in Neuss werden zu ihrer Sicht auf den Standort befragt. „Wir wollen herausfind­en, was die Unternehme­n bewegt“, erklärt Bovelet. Im dritten Modul sollen 100 Top-Entscheide­r aus Deutschlan­d ihre Sicht auf Neuss äußern, von Standortbe­dingungen bis hin zum Blick auf Schützenfe­st und Hafen – also auf alles, was die Stadt prägt. Noch muss die Politik für die weiteren Schritte grünes Licht geben. Die Ergebnisse von „VIA 2040“könnten im Laufe des Jahres 2024 vorliegen.

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ARCHIV-FOTO: LBER Der Hafen prägt den Wirtschaft­sstandort Neuss. Damit er auch in Zukunft stark bleibt, soll eine neue Daten-Analyse die Arbeit der Wirtschaft­sförderung erleichter­n.

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