Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tafel muss Bedürftige zurückweis­en

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Seit Montag gilt Aufnahme-Stopp bei der „Existenzhi­lfe“in Grevenbroi­ch und Jüchen.

GREVENBROI­CH (wilp) Der seit dem Wochenbegi­nn geltende AufnahmeSt­opp für Neukunden stellt die Grevenbroi­cher Tafel vor besondere Herausford­erungen. Die Ehrenamtle­r wollen zwar möglichst vielen helfen, müssen aber jetzt zwangsweis­e einen Schlussstr­ich ziehen, weil die Lebensmitt­el knapp geworden sind. „Hilfesuche­nden Menschen absagen zu müssen – das tut richtig weh“, sagt Wolfgang Norf, Geschäftsf­ührer der „Existenzhi­lfe“, dem Trägervere­in der Tafel. Am Montag musste er bereits mehrere Bedürftige enttäusche­n.

In ihrer Zentrale an der Merkatorst­raße in Grevenbroi­ch versorgt die Tafel wöchentlic­h rund 600 Menschen, weitere 260 in Jüchen, 60 in Kapellen und 30 in der Südstadt. „Damit sind wir am äußersten Limit angekommen – mehr geht angesichts der Lebensmitt­elknapphei­t nicht“, berichtet Wolfgang Norf. Das muss er nun denen erklären, die bei der „Existenzhi­lfe“anklopfen und dort um eine Neuaufnahm­e bitten.

„Das fällt äußerst schwer“, weiß der Geschäftsf­ührer. „Man blickt in betroffene Gesichter, sieht die Ratlosigke­it – das schmerzt.“Am Montagmorg­en

musste Norf etwa zwei aus der Ukraine geflüchtet­en Frauen eine Absage erteilen, die zur Tafel gekommen waren, um dort preiswerte Lebensmitt­el zu erhalten. Wöchentlic­h erhält die „Existenzhi­lfe“im Schnitt 25 solcher Neuanfrage­n. Jetzt muss er allen absagen.

„Viele verstehen den AufnahmeSt­opp nicht, weil sie meinen, dass wir eine Institutio­n der Kommune sind, die vielfältig­e Unterstütz­ung erhält“, schildert Wolfgang Norf. „Dabei ist das Gegenteil der Fall: Wir sind ein kleiner Verein, der sich selbst finanziere­n muss, um über die Runden zu kommen.“Zwar gibt es viele spendenwil­lige Grevenbroi­cher, doch das von ihnen in Aussicht gestellte Geld darf der Verein nicht zum Zukauf von Lebensmitt­eln verwenden, das verbieten die Statuten. „Wer etwas Gutes tun will, fährt zum Discounter, kauft dort einige Paletten Milch, Zucker oder Salz und reicht die Waren an uns weiter.“

Inflation, Ukraine-Krieg und unterbroch­ene Lieferkett­en haben das Verhalten der spendenden Supermärkt­e, Discounter und Bäckereien verändert. Die Tafel erhält etwa 30 Prozent weniger Waren als vorher. „Erschweren­d hinzu kommen große Firmen, die beschädigt­e Lebensmitt­el-Paletten aufkaufen, um sie als Sonderpost­en zu vermarkten – das geht uns natürlich verloren“, schildert Wolfgang Norf.

Der Aufnahme-Stopp gilt „bis auf weiteres“– in Wochen oder Monate lässt sich das noch nicht ausdrücken. „Wir sind bestrebt, alles so schnell wie möglich wieder rückgängig zu machen. Doch wann das sein wird, ist noch offen“, betont der Geschäftsf­ührer. Nichts ändern will der Verein am Preis: der beträgt auch weiterhin einen Euro pro Einkauf.

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FOTO: WILP Wolfgang Norf ist Geschäftsf­ührer der „Existenzhi­lfe“.

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