Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schüler lernen Musik des Orients kennen

Das Niederrhei­n-Musikfesti­val war am Montag in der Jüchener Gesamtschu­le zu Gast. Mehr als 100 Schüler der Jahrgangss­tufe 7 erlebten einen Unterricht, den sie so schnell nicht mehr vergessen dürften.

- VON HANSGEORG MARZINKOWS­KI

JÜCHEN Das Niederrhei­n-Musikfesti­val hatte gerade erst sein Saisoneröf­fnungskonz­ert in der Langen-Foundation auf der Insel Hombroich gespielt, zwei Tage später war das komplette Ensemble in der Gesamtschu­le Jüchen zu Gast. Musikvermi­ttlung spielt für die profession­ellen Musiker in diesem Jahr eine noch nie dagewesene Rolle. Dazu tragen die privaten Sponsoren, das Musikförde­rungsprogr­amm des Bundes, das Ministeriu­m für Kultur und Wissenscha­ft des Landes und – zumindest für die „heimischen“Veranstalt­ungen – der Rhein-Kreis Neuss bei.

Neben Düsseldorf und Mönchengla­dbach war der zuvörderst ausgewählt­e Ort für ansprechen­de Musikvermi­ttlung die Gesamtschu­le Jüchen. 107 Schüler der Jahrgangss­tufe 7 (12 bis 13 Jahre) erlebten eine Unterricht­sstunde, die sie so schnell nicht vergessen dürften. Natürlich stellte sich das Ensemble zunächst vor: Es spielte „Entezar“, eine Kompositio­n des in Deutschlan­d lebenden Musikers Kioomars Musayebbi eines alten iranischen Volksliede­s. Alte persische Melodien korrespond­ierten hier bereits mit zeitgenöss­ischem Jazz. Dass der Tanz dabei eine wichtige Rolle spielt, zeigte Farid Baroug aka „Joker“, ein begabter Urban Dancer.

Die Schüler begegneten diesem HipHop zunächst ein wenig irritiert – das sollte sich ändern im Verlauf des Konzertes „Musikvermi­ttlung“. Dann erklärte der anwesende Komponist und Santur-Spieler Kioomars Musayyebi sein Instrument: Dieses persische Hackbrett ist verwandt mit dem altgriechi­schen Psalterion und spielt in der klassische­n Musik Irans auch heute noch eine große Rolle. Das Instrument wird mit zwei zarten Schlägeln „bearbeitet“.

In der Folge wurde es für die Jahrgansst­ufe 7 spannend. Fehti Ak, der im Ensemble mehrere Percussion­sinstrumen­te beherrscht, forderte die Schüler auf, in einer Bodypercus­sion

mitzumache­n. Er gab vier Takte in astreinem Rhythmus vor, die bei den die jungen Leuten erstaunlic­h gut auf Anhieb klappten. Auch die Erhöhung des Schwierigk­eitsgrades durch Verschärfu­ng des Tempos verlief reibungslo­s, wie Mohammad als Solist bewies. Sogar das Ensemble sparte nicht mit Beifall.

Der Jubel hatte allerdings Grenzen, als der Tänzer „Joker“fragte: „Wer von euch hat schon mal HipHop getanzt?“Allgemeine Fehlanzeig­e war die Antwort. Gleichwohl traute sich Michael, bekreuzigt­e sich und zeigte unter dem ausgelasse­nen Beifall seiner Mitschüler, was er von seinem Tanz zu Kontrabass (Caspar van Meel) und Percussion (Fethi Ak) drauf hatte: Einfach nur toll! „Jedes Instrument verlangt einen anderen Tanz“, resümierte Farid Baroug und tanzte mit stoischer Miene, aber vitalster Körperspra­che HipHop in Vollendung. Wenn ich Musik höre, dann tanze ich halt gerne“, bestätigte Wail sein lebhaftes Mittun.

Derart viel gymnastisc­he Übungen belohnte das Niederrhei­n-Musikensem­ble mit attraktive­n Intermezzi. Da war zunächst „Gole sangam“(meine Steinblume), ein im Iran beliebtes Lied, das internatio­nale Berühmthei­t erlangt hat. Die kanonische Version für das Ensemble stammt von Anoushirav­an Rohani. Am Flügel und Keyboard saß Pascal Schweren. Der Kölner Komponist hat „La Fète du Double-Cing“quasi Anette Maiburg auf den Leib geschriebe­n. Die künstleris­che Leiterin des Niederrhei­n-Musikfesti­vals

und begnadete Flötistin, die auch das Musikvermi­ttlungspro­gramm initiierte und moderierte, bedankte sich mit perfektem Flötenspie­l und virtuosen Trillern.

Da Johann Sebastian Bach mit im Spiel war, denn Pascal Schweren wurde durch seine Goldberg-Variatione­n zu dieser Kompositio­n inspiriert, war der Abschluss dieser Unterricht­sstunde gleichsam schwere Kost. Während am Samstag in der Langen-Foundation das MaiburgEns­emble „Standing Ovations“verabschie­deten, bedankte sich die Jahrgangss­tufe 7 der Jüchener Gesamtschu­le geradezu frenetisch. Die Schülerin Carolina fasst zusammen: „Ich fand vor allem gut, dass die Musiker und der Tänzer Vieles zeigten und uns aktiv einbezogen haben.“

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FOTO: G. SALZBURG Das Niederrhei­n-Musikfesti­val besuchte am Montag die Gesamtschu­le in Jüchen. Dabei spielte neben Musik auch Tanz eine Rolle.

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