Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Schüler lernen Musik des Orients kennen
Das Niederrhein-Musikfestival war am Montag in der Jüchener Gesamtschule zu Gast. Mehr als 100 Schüler der Jahrgangsstufe 7 erlebten einen Unterricht, den sie so schnell nicht mehr vergessen dürften.
JÜCHEN Das Niederrhein-Musikfestival hatte gerade erst sein Saisoneröffnungskonzert in der Langen-Foundation auf der Insel Hombroich gespielt, zwei Tage später war das komplette Ensemble in der Gesamtschule Jüchen zu Gast. Musikvermittlung spielt für die professionellen Musiker in diesem Jahr eine noch nie dagewesene Rolle. Dazu tragen die privaten Sponsoren, das Musikförderungsprogramm des Bundes, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes und – zumindest für die „heimischen“Veranstaltungen – der Rhein-Kreis Neuss bei.
Neben Düsseldorf und Mönchengladbach war der zuvörderst ausgewählte Ort für ansprechende Musikvermittlung die Gesamtschule Jüchen. 107 Schüler der Jahrgangsstufe 7 (12 bis 13 Jahre) erlebten eine Unterrichtsstunde, die sie so schnell nicht vergessen dürften. Natürlich stellte sich das Ensemble zunächst vor: Es spielte „Entezar“, eine Komposition des in Deutschland lebenden Musikers Kioomars Musayebbi eines alten iranischen Volksliedes. Alte persische Melodien korrespondierten hier bereits mit zeitgenössischem Jazz. Dass der Tanz dabei eine wichtige Rolle spielt, zeigte Farid Baroug aka „Joker“, ein begabter Urban Dancer.
Die Schüler begegneten diesem HipHop zunächst ein wenig irritiert – das sollte sich ändern im Verlauf des Konzertes „Musikvermittlung“. Dann erklärte der anwesende Komponist und Santur-Spieler Kioomars Musayyebi sein Instrument: Dieses persische Hackbrett ist verwandt mit dem altgriechischen Psalterion und spielt in der klassischen Musik Irans auch heute noch eine große Rolle. Das Instrument wird mit zwei zarten Schlägeln „bearbeitet“.
In der Folge wurde es für die Jahrgansstufe 7 spannend. Fehti Ak, der im Ensemble mehrere Percussionsinstrumente beherrscht, forderte die Schüler auf, in einer Bodypercussion
mitzumachen. Er gab vier Takte in astreinem Rhythmus vor, die bei den die jungen Leuten erstaunlich gut auf Anhieb klappten. Auch die Erhöhung des Schwierigkeitsgrades durch Verschärfung des Tempos verlief reibungslos, wie Mohammad als Solist bewies. Sogar das Ensemble sparte nicht mit Beifall.
Der Jubel hatte allerdings Grenzen, als der Tänzer „Joker“fragte: „Wer von euch hat schon mal HipHop getanzt?“Allgemeine Fehlanzeige war die Antwort. Gleichwohl traute sich Michael, bekreuzigte sich und zeigte unter dem ausgelassenen Beifall seiner Mitschüler, was er von seinem Tanz zu Kontrabass (Caspar van Meel) und Percussion (Fethi Ak) drauf hatte: Einfach nur toll! „Jedes Instrument verlangt einen anderen Tanz“, resümierte Farid Baroug und tanzte mit stoischer Miene, aber vitalster Körpersprache HipHop in Vollendung. Wenn ich Musik höre, dann tanze ich halt gerne“, bestätigte Wail sein lebhaftes Mittun.
Derart viel gymnastische Übungen belohnte das Niederrhein-Musikensemble mit attraktiven Intermezzi. Da war zunächst „Gole sangam“(meine Steinblume), ein im Iran beliebtes Lied, das internationale Berühmtheit erlangt hat. Die kanonische Version für das Ensemble stammt von Anoushiravan Rohani. Am Flügel und Keyboard saß Pascal Schweren. Der Kölner Komponist hat „La Fète du Double-Cing“quasi Anette Maiburg auf den Leib geschrieben. Die künstlerische Leiterin des Niederrhein-Musikfestivals
und begnadete Flötistin, die auch das Musikvermittlungsprogramm initiierte und moderierte, bedankte sich mit perfektem Flötenspiel und virtuosen Trillern.
Da Johann Sebastian Bach mit im Spiel war, denn Pascal Schweren wurde durch seine Goldberg-Variationen zu dieser Komposition inspiriert, war der Abschluss dieser Unterrichtsstunde gleichsam schwere Kost. Während am Samstag in der Langen-Foundation das MaiburgEnsemble „Standing Ovations“verabschiedeten, bedankte sich die Jahrgangsstufe 7 der Jüchener Gesamtschule geradezu frenetisch. Die Schülerin Carolina fasst zusammen: „Ich fand vor allem gut, dass die Musiker und der Tänzer Vieles zeigten und uns aktiv einbezogen haben.“