Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Igel-Retterin von Kleinenbroich
Halb verhungert, durch Rasenmähroboter schwer verletzt – so geht es vielen der stacheligen Tiere, die Silke Laube und ihre Mitstreiter in ihre Obhut nehmen und aufpäppeln. Was sie antreibt und wie sie helfen.
KLEINENBROICH Auf einer städtischen Hochzeitswiese raschelt es nachts im hohen Gras: Dort befindet sich eine neue Auswilderungsstation für aufgepäppelte Igel. Die Tiere können ihren Schutzraum verlassen und sich in ihrem eigenen Tempo wieder auf den Weg in die Natur machen. Zuvor wurden sie von Silke Laube und ihrem Helferteam aufgepäppelt. Rund 300 Tiere werden jährlich versorgt. „Es sind Jungtiere oder schwache erwachsene Igel dabei, die schlichtweg kurz vor dem Verhungern stehen. Aber auch zahlreiche teils sehr schwer verletzte Igel, die offensichtlich unter einen Rasenmähroboter geraten sind“, beschreibt Silke Laube ihre Patienten. Diese werden ihr vorwiegend aus dem Raum Korschenbroich, Kaarst und Neuss gebracht.
Die Kleinenbroicherin erledigt die Erstversorgung bei sich zu Hause. Dort gibt es Quarantäneboxen für Neuzugänge. Igelkinder können sich in handgenähten Schlafsäcken erholen und werden notfalls im Stundenrhythmus mit Aufzuchtmilch aus der Mini-Spritze ernährt. Für die älteren stacheligen Gäste gibt es hochwertiges, proteinreiches Futter. „Dazu zählt gutes Katzenfutter ohne Gelee oder Soße und Rührei“, sagt Laube. Auch Tierarztbesuche stehen auf dem Programm.
„Schon meine Oma hatte ein Händchen für verletzte Wildtiere und hat beispielsweise Feldhasen oder Vögel aufgezogen“, erinnert sich Laube. Sie führt dieses Engagement gerne weiter. Ihre Liebe zu Igeln wuchs, als sie einen hilfsbedürftigen Wurf im eigenen Garten entdeckte. Seitdem hat sie sich immer weitergebildet, Seminare besucht, steht im Austausch mit anderen Helferinnen und Helfern. Woran man erkennt, dass ein Igel nicht in Ordnung ist? „Wenn er wackelt, zittert, kippt, dünn und tagaktiv ist, die Augen nach innen gefallen wirken
– dann ist er auf Hilfe angewiesen“, weiß die Expertin.
Damit es gar nicht so weit kommt, kann man Igeln auf vielfältige Weise helfen. „Wir müssen unsere Gärten
natürlicher gestalten, damit die Tiere überhaupt etwas zum Fressen finden. Entgegen dem weitverbreiteten Glauben sind Äpfel oder Schnecken kein hochwertiges Futter für sie, sie brauchen Larven, Raupen und Insekten als Proteinquelle; sie können auch das Chitin im Exoskelett der Insekten verwerten“, so die Expertin. „Man kann ihnen auch sehr gut helfen, indem man einen natürlichen Unterschlupf oder gar ein Schlafhaus und ein Futterhaus mit möglichst zwei Eingängen anbietet.“
Da ihre Platzkapazitäten im heimischen Haus und Garten längst erschöpft sind, suchte Silke Laube Hilfe bei der Stadt Korschenbroich.
Dort kümmert sich Theo Verjans um den Naturschutz und der hatte gleich eine gute Idee. „Für eine Auswilderungsstation gibt es kaum einen besseren Platz als unsere Pescher Hochzeitswiese. Hier haben die Igel Ruhe und können, wenn sie die schützenden Käfige verlassen haben, Nahrung und Unterschlupf auf den Wiesen, am Bachbett und im Wald finden. Insofern haben wir den Platz gerne zur Verfügung gestellt und den Aufbau der Station finanziell unterstützt.“
Silke Laube ist dankbar für diese „wunderbare Möglichkeit“. Gleichzeitig sucht sie weitere Helferinnen und Helfer, die ein Herz für Igel haben und sich um die Aufzucht, das Aufpäppeln und die Wiederauswilderung kümmern möchten. „Wir haben tolle Unterstützerinnen und Unterstützer, so erhalten wir Spenden für Tierarztbesuche oder bekommen Zeitungen für die Stallunterlagen oder Eier für die Zubereitung von Nahrung geschenkt“, erzählt die Igelretterin.