Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kein „Plan B“fürs Neusser Schützenfest
Die steigenden Inzidenzen werden auch in den Komitees der Schützenvereine mit Sorge beobachtet. Kreis und Stadt sehen aber keine Handhabe für neuerliche Auflagen. Auch deshalb empfiehlt der Neusser Präsident „Zog-Zog“.
NEUSS „Nach den Sommerferien kommt das große Erwachen“: Davon ist Heinz Meuter überzeugt, seit 21 Jahren Brudermeister der Schützenbruderschaft St. Peter und Paul. Als Oberhaupt der Schützen in Rosellerheide-Neuenbaum hat er in den vergangenen Tagen und Wochen die wieder ansteigenden Inzidenzzahlen bei den Corona-Neuinfektionen und die Debatte über die „Sommerwelle“nicht ohne Sorge verfolgt, im Vorstand aber immer Optimismus betont: „Wir feiern das letzte Schützenfest vor den Sommerferien“, betont er. Bis dahin werde die Lage stabil bleiben – „aber danach...“
Danach, also nach den Ferien, steht unter anderem das Fest der Neusser Bürgerschützen an. Deren Komitee hatte am 11. Mai öffentlich verbreitet, dass genauso gefeiert werden soll wie vor der Pandemie. Und dabei bleibt es auch. „Wir werden den Bürgern und Bürgersöhnen empfehlen, zu feiern“, berichtet Schützenpräsident Martin Flecken mit Blick auf die „Zog-Zog“Versammlung am Samstag, 15. Juli, in der Stadthalle, wo Christoph Ulrich die so genannte Kardinalfrage stellen wird. Er ist seit drei Jahren im Komitee, war aber noch nie in dieser Funktion auf dem Markt – und will das jetzt endlich mal. Und dieses Wollen höre er auch auf allen anderen Veranstaltungen, die er als Präsident besucht, sagt Flecken.
Trotzdem beschäftigte sich das Komitee am Dienstag mit der Frage eines „Was wäre, wenn...“. Am Ende stand kein „Plan B“wohl aber nach eingehender Erörterung die Zuversicht, spontan und angemessen reagieren zu können. „Wir sind gewappnet“, sagt Flecken.
Seine Lage ist einerseits eindeutig, andererseits unbefriedigend. Wie für andere Präsidenten auch. Denn die Coronazahlen steigen zwar wieder und erreichten am Mittwoch im Rhein-Kreis den Wert 702,9, andererseits gilt nach wie vor eine Coronaschutzverordnung, die keine Einschränkungen für Großveranstaltungen mehr vorsieht. So betont denn auch Thomas Mathen vom städtischen Ordnungsamt: „Es gibt aktuell keinerlei Vorkehrungen seitens der Stadt im Hinblick auf die Durchführung von Schützenfestveranstaltungen bei steigenden Inzidenzen.“Denn derzeit gebe es keine rechtliche Grundlage, die ein Einschreiten der Ordnungsbehörden möglich machen würde.
Das erlebte auch Brudermeister Meuter, dessen Planungen durch die sich wieder zuspitzende Lage in keiner Weise beeinträchtigt wurden. Man stehe in einem guten Kontakt zum Ordnungsamt und habe mehrmals betont zu tun, was verlangt wird, sagt er. „Aber von da kam keinerlei Vorgabe.“
Präventive Vorgaben schließt man auch in der Kreisverwaltung derzeit aus, weiß aber natürlich auch, dass das Infektionsrisiko überall dort steigt, wo viele Menschen vor allem in geschlossenen Räumen zusammen kommen. Dass aber die Schützenfeste der vergangenen Wochen Pandemietreiber waren und der Fröhlichkeit stets eine steigende Infektionsrate folgte, ist nur eine weit verbreitete Annahme. „Es gibt keine Zahlen, die das belegen“, stellt Kreissprecher Benjamin Josephs klar.
Ohne eine klare Ansage der Behörden aber greifen die Ausstiegsklauseln nicht, die die meisten Vereine in ihren Verträge mit Musikkapellen oder Festwirten aufgenommen haben. Sagen sie von sich aus ab, zahlen sie allein dafür.
Trotzdem sind die Vereine natürlich gefordert, sich Gedanken über die Sicherheit der Teilnehmer und Besucher auf ihren Festen zu machen. Das wird durchaus ernsthaft betrieben. So berichtet Flecken etwa von Gesprächen mit dem Festwirt über Maßnahmen, das Infektionsrisiko zu senken. Die Idee, in den Pavillons auf der Festwiese deshalb nur Flaschenbier zu verkaufen, sei aber schnell verworfen worden.
Wenn es einen Indikator für Unsicherheit im Schützenvolk gibt, dann vielleicht diesen: Zehn Wochen vor dem Schützenfest Ende August liegt dem Komitee keine einzige Bewerbung für die Königswürde vor.