Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Benary kann Geschichte schreiben
Weil der Bürgermeister derzeit erkrankt ist, leitet erstmals eine Frau die Ratssitzung.
NEUSS (-nau) Aus ihrem Sommerurlaub in Portugal brachte Susanne Benary Ende Mai eine Coronainfektion mit. Das ist insofern ein Glück, weil die erste stellvertretende Bürgermeisterin inzwischen wieder genesen, fit und in der Lage ist, den erkrankten Bürgermeister Reiner Breuer am Freitag in der Ratssitzung zu vertreten – und damit Geschichte zu schreiben. Denn sie wäre die erste Frau, die eine Sitzung der Stadtverordnetenversammlung leitet.
Man stelle sich vor, das wäre zum Schützenfest passiert, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Dann wäre es für sie spannend gewesen zu erleben, wie das Komitee reagiert, das zur Parade keine Frauen unter sich duldet – und vor Jahren selbst für die Bundestagspräsidentin Annemarie Renger keine Ausnahme machte, die seinerzeit ihren Wahlkreis in Neuss hatte. Benary immerhin könnte auch für eine solche Vertretung Reverenzen vorweisen, denn am Sonntag nahm sie erstmals in dieser Funktion als stellvertretende Bürgermeisterin in Erfttal eine Parade ab. Sehr herzlich und familiär sei man dort mit ihr umgegangen.
Weniger herzlich und familiär geht es allerdings im Rat zu, auch wenn Benary, wie Constanze Stroeks (SPD) betonte, über Fraktionsgrenzen
hinweg von vielen gemocht wird. Stroeks, Vorsitzende des Gleichstellungsbeirates, findet es toll, dass erstmals eine Frau den Rat leiten könnte („Ich persönlich würde durchdrehen“), fügt aber hinzu, dass es in puncto Gleichstellung dringlichere Themen gibt.
Die Vertretungssituation entsteht, weil Bürgermeister Breuer an Corona erkrankt ist und sich frühestens Freitag wieder frei testen kann. Sie wünsche dem Verwaltungschef, dass er schnell gesund wird und die Sitzung selber leiten kann, sagt Benary offen, bereitet sich aber parallel für den Fall der Fälle schon akribisch vor. In einer Videoschalte
ist sie mit Breuer schon einmal die Tagesordnung durchgegangen, am Donnerstag stimmt sie sich im Detail noch mit dem Ersten Beigeordneten Frank Gensler ab. „Man wächst an seinen Herausforderungen“, sagt sie und macht sich selbst damit Mut, dass eine Ratssitzung ja auch nur eine Nummer größer sei als etwa der Jugendhilfeausschuss, dem sie seit Jahren vorsitzt.
Doch diese Sitzung wird ohnehin ganz anders sein. Angesichts der steigenden Inzidenzen und einiger Coronafälle in den Fraktionen tagt der Rat ab 16 Uhr nur in verkleinerter aber beschlussfähiger Besetzung im Ratssaal.