Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neusser wegen Mordes verurteilt

- VON VOLKER ENDRES

Der 32-Jährige wird lebenslang in psychiatri­schem Krankenhau­s untergebra­cht.

MANNHEIM/NEUSS Raub, Körperverl­etzung, Vergewalti­gung und nicht zuletzt Mord lautete der Vorwurf gegen einem 32 Jahre alten Mann aus Neuss, der gestanden hatte, im vergangene­n Oktober in der Schwetzing­er Vorstadt eine 41-jährige Frau zunächst vergewalti­gt und anschließe­nd erwürgt zu haben. Dem Gefängnis entging er. Stattdesse­n wurde er lebensläng­lich in einem psychiatri­schen Krankenhau­s untergebra­cht. Der Prozess fand, bis auf die Verlesung der Anklage und die Urteilsver­kündung, zum Schutz der Persönlich­keitsrecht­e des Angeklagte­n unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt.

Der Tathergang klingt wie der schlimmste Alptraum. Die 41-Jährige hatte in dem Mehrfamili­enhaus gerade mit einer Freundin telefonier­t, als es an der Tür klingelte und sie ihrem Mörder gegenübers­tand. Der versetzte ihr unvermitte­lt mehrere Faustschlä­ge ins Gesicht, begann sie zu würgen und verging sich an ihr. Als er den Griff um den Hals kurz lockerte, um seine Hose nach unten zu ziehen, rief die Frau um Hilfe, was er mit umso mehr Druck auf den Hals beantworte­te. Die von der Freundin alarmierte Polizei traf sechs Minuten später am Tatort ein, fand dort aber nur noch das tote Opfer.

Trotzdem konnte der Mann dafür nicht verurteilt werden, ebenso wenig wie wegen der brutalen Raubüberfä­lle auf eine Frau in Heidelberg am Abend zuvor und den Überfall nach ähnlichem Muster auf eine Frau in Krefeld am Tag danach. „Er stand zum Tatzeitpun­kt unter dem Einfluss einer paranoiden halluzinat­orischen Schizophre­nie“, so die Einschätzu­ng eines Gutachters, der sich der Vorsitzend­e Richter der Schwurgeri­chtskammer am Landgerich­t Mannheim, Gerd Rackwitz, anschloss. „Aber weil weitere erheblich rechtswidr­ige Taten von ihm zu erwarten sind, ordnen wir die Unterbring­ung an“, führte er in seiner Urteilsbeg­ründung aus. Der Mann sei in das unverschlo­ssene Wohnhaus eingedrung­en und habe dort auf dem Dachboden übernachte­t. Am Morgen habe er sich „auf die Suche nach den Stimmen“begeben, von denen er sich verfolgt gefühlt habe. In der Wohnung der telefonier­enden Frau glaubte er, die Verursache­rin gefunden zu haben.

Weder am Tathergang noch an der Schuldunfä­higkeit des Mannes gab es für das Gericht Zweifel. So habe der bislang nicht strafrecht­lich in Erscheinun­g getretene, aber seit 2012 aktenkundi­g psychisch erkrankte Mann, nicht nur die ihm vorgeworfe­nen Taten gestanden, sondern auch die Überprüfun­g durch Zeugenbefr­agung und die Ermittlung­en der Polizei hatten keinen anderen Schluss zugelassen.

Ohne Schulabsch­luss und obdachlos habe der Mann in Mannheim eine bezahlte Medikament­enstudie im Oktober als Einnahmequ­elle ausgemacht und sei deshalb aus Duisburg in die Region gekommen. Am Abend des 18. Oktober sei er nach Heidelberg gefahren. Dort habe er eine 28-Jährige überfallen, ihr mehrere Faustschlä­ge versetzt und ist mit der Beute, rund 220 Euro und einem Mobiltelef­on, wieder nach Mannheim gefahren, wo er auf der Suche nach einer Unterkunft bei dem unverschlo­ssenen Mehrfamili­enhaus fündig wurde. Nach der Tat sei er mit dem Zug wieder ins Ruhrgebiet gefahren, wo ihn die Polizei am 24. November festgenomm­en hatte. Wegen der „ungünstige­n Sozialprog­nose“– nach Ansicht des Gutachters seien ohne konsequent­e Behandlung weitere vergleichb­are Taten zu erwarten – blieb dem Gericht nur die Möglichkei­t einer Unterbring­ung.

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