Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Pkw ist notwendig
Die Frage, ob man weitgehend ohne eigenes Auto auskommen kann, hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, die diesen Verzicht entweder ganz leicht oder völlig unmöglich machen. Meine Frau und ich hatten Arbeitsplätze außerhalb der Stadt. Während ich rein streckenmäßig ohne Weiteres mit dem Fahrrad hätte fahren können, war es für sie jedoch nicht machbar – es sei denn, sie hätte in
Kauf genommen, eine Stunde früher aus dem Haus zu gehen. Warum ich es nicht gemacht habe? Als zugegeben unsportlicher Mensch wollte ich einfach nicht bei Wind und Wetter jeden Tag schweißüberströmt auf der Arbeit erscheinen, zumal ich auch jeden Tag mit schwerer Aktentasche unterwegs war. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wären unsere Fahrten zu Tagestrips ausgeartet, denn Direktverbindungen zwischen den Vororten und zu weiter entfernten Gemeinden gibt es nicht oder sie fahren nur sehr selten. Muss man gar in den Abendstunden noch einmal dorthin, wird das Ganze noch schwerer oder unmöglich.
Jetzt, als Großeltern, sind wir noch viel mehr auf das Auto angewiesen. Kinder und Enkel wohnen in Vororten, wohin man immer noch nicht direkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln gelangt, es sei denn, man nimmt weite und lange Umwege über die Stadtmitte in Kauf. Fahrradfahren ist aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht mehr angesagt. Einkaufsfahrten, Arztbesuche, Enkeltransporte und Co. wären ohne eigenes Auto wenn nicht unmöglich, so doch mindestens sehr zeitaufwändig und anstrengend.
Da viele unserer Freunde und Bekannten weit von Neuss entfernt leben, wir außerdem gerne Reiseziele in Nord- und Süddeutschland sowie im Ausland ansteuern, sind wir auch von einem E-Auto nicht sehr überzeugt. Im Nahbereich wäre das für uns durchaus eine Alternative. Was aber, wenn – anders als bei uns – die eigene Garage getrennt von Haus/Wohnung ohne eigenen Stromanschluss ist? Nein, ein Verzicht aufs eigene Auto wäre für uns nicht vorstellbar, und ich kann mir vorstellen, dass es vielen Menschen so geht.
Was würde nötig sein, um auf das eigene Auto zu verzichten? Ich nehme nur einen Aspekt heraus: den Bahnverkehr, der über die eigenen Stadtgrenzen hinaus geht. Das Beispiel: Eine Fahrt ins gar nicht so entfernte Düren dauert mit dem Auto von Haus zu Haus etwa eine Stunde. Mit mehreren Personen bequem hin und zurück. Die regionale Bahn: Hin zweieinhalb Stunden und zurück sogar drei Stunden. Und das nicht bequem in Zugpolstern und mit passenden Busanschlüssen, sondern chaotisch: Züge, die ausfallen; Züge, die am Bahnhof X einfach nicht weiterfahren; unkoordiniertes Umsteigen (man kommt im Bahnhof an und der Anschlusszug fährt gerade ab – eine Stunde Wartezeit). Die Steigerung: Ein Anschlusszug fährt nicht ab Bahnhof X, sondern am etwa zwei Kilometer entfernten ganz anderen Bahnhof Y. Wer das nicht kennt und auch nicht gut zu Fuß ist, hat schon verloren. Ein Lob zum Schluss: Das alles gilt natürlich nicht für die Reise innerhalb des Stadtgebietes – mit Bus und Bahn kommt man gut und schnell überall hin.