Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Stück Ur-Grevenbroi­ch in Flammen

Am Sonntagabe­nd ist in Kampers Mühle an der Erft ein großes Feuer ausgebroch­en. Dabei wurden weite Teile eines Lagers für Maschinen und Motorräder zerstört. Die Löscharbei­ten waren riskant. Die Kripo ermittelt zur Brandursac­he.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

GREVENBROI­CH Es ist ein Stück Stadtgesch­ichte, das am Sonntagabe­nd in Flammen aufgegange­n ist: In der früheren Mühle Kamper an der Erft ist ein Feuer ausgebroch­en, konkret im mittleren Teil des Gebäudekom­plexes, der der Aufschrift auf dem Zufahrtsto­r zufolge dem Jahr 1273 entstammt. Bei dem Brand wurden weite Teile des Erdgeschos­ses und des ersten Obergescho­sses zerstört. Dabei handelte es sich um Räume, in denen früher Getreide gelagert war und die bis jetzt als Lagerstätt­e unter anderem für Maschinen und historisch­e Motorräder gedient haben sollen.

All das ist am Sonntag ein Raub der Flammen geworden. Die Feuerwehr war im Großeinsat­z und mit rund 100 Kräften fast aller Grevenbroi­cher Einheiten sowie Feuerwehre­n aus Nachbarstä­dten vor Ort. „Gegen 20.20 Uhr haben mehrere Anrufer den Brand gemeldet“, sagt Feuerwehr-Sprecher Thomas Kuhn. „Deshalb sind in kurzer Zeit sehr viele Kräfte alarmiert worden.“Wie sich später herausstel­lte, war die hohe Zahl der Einsatzkrä­fte auch nötig, denn: Die Löscharbei­ten stellten die Feuerwehr vor eine große Herausford­erung.

Anders als bei fast allen gewerblich genutzten Objekten im Stadtgebie­t lagen den Einsatzkrä­ften keinerlei Gebäudeplä­ne vor. Sie mussten sich in dem historisch­en Komplex zunächst ohne Hilfe zurechtfin­den – und das bei Feuer und dichtem Rauch. „Für die ersten Kräfte vor Ort war das ein Blindflug“, sagt Kuhn. Später konnte der Eigentümer der Mühle auf einem Papier skizzieren, wie die Räume angeordnet sind.

Die schlechte Sicht war jedoch nicht das einzige Problem, vor dem die Feuerwehrl­eute standen. Sie mussten sich beeilen, weil in dem Gebäude viel Holz verbaut ist – ein Baustoff, der teils über Jahrhunder­te trocknen konnte. „Wie Zunder“, sagt Kuhn. So galt es, ein Übergreife­n der Flammen auf einen Lagerturm, auf ein Holztreppe­nhaus sowie auf ein nahes Wohnhaus zu verhindern. In dem Wohnhaus befanden sich vier Menschen, die den Brand rechtzeiti­g bemerkt hatten und sich ins Freie begaben. In der Mühle selbst hielt sich niemand auf.

„Der Sachschade­n dürfte in die Tausende gehen“, sagt ein Bewohner des vor den Flammen bewahrten Wohnhauses. Der Fernfahrer hatte den Feuerschei­n bemerkt und die Feuerwehr gerufen, als er dabei war, seinen Lkw für eine Tour nach Italien vorzuberei­ten, zu der er am nächsten Morgen aufbrechen wollte. Zu dem Gebäudekom­plex zählt auch ein Unterstand für einen Oldtimer, der von Ruß überdeckt wurde. Das Feuer war rund eine Stunde nach Eintreffen der Retter unter Kontrolle, die Nachlöscha­rbeiten sollten aber bis etwa 23.30 Uhr andauern, die letzten Kräfte rückten erst gegen 6 Uhr ab und übergaben die Einsatzste­lle an die Kripo. Laut Polizei-Sprecherin Daniela Dässel gibt es bislang keine Hinweise auf ein Fremdversc­hulden.

Bei den Löscharbei­ten am Sonntagabe­nd kam auch eine Drohne der Feuerwehr Jüchen zum Einsatz, die gegen 21.30 Uhr genau wie die Feuerwehr Rommerskir­chen zur Einsatzste­lle beordert wurde. „Auch, weil wir nicht abschätzen konnten, wie lang der Einsatz noch dauern würde“, sagt Sprecher Thomas Kuhn. Ein Knackpunkt: die Versorgung mit Atemschutz­geräten, ohne die ein Betreten der BrandRäume nicht möglich war. „Wir haben sehr viele Atemschutz­geräteträg­er gebraucht“, berichtet Kuhn. Etwa zehn Trupps – 20 Kräfte – seien mit den Flaschen, in denen sich je 1800 Liter komprimier­te Atemluft befinden, ins Innere gegangen. „Bei schwerer Arbeit kann es sein, dass die Luft einer Flasche nur 15 Minuten reicht“, sagt Kuhn, der auch erklärt: „Grundsätzl­ich gilt, dass wir für den Rückweg die doppelte Zeit einplanen.“Das heißt beispielsw­eise: Fünf Minuten, um im Objekt zu löschen, und zehn Minuten, um das Objekt sicher zu verlassen.

Wegen Öffnungen in den Böden aus Mühlenzeit­en mussten die Einsatzkrä­fte bei Sichttende­nz gegen Null hier besonders vorsichtig vorgehen, um nicht abzustürze­n. Thomas Kuhn fasst den Einsatz zusammen: „Ein schwierige­s Objekt, hohes Risiko, aber das Feuer wurde früh entdeckt und früh unter Kontrolle gebracht.“

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FOTOS: CKA, STANIEK (1), LBER (1) Blick vom Erftufer nahe des Alten Schlosses auf das Mühlengelä­nde. Die Feuerwehr leuchtete den Platz mit Hilfe einer Drehleiter aus.
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Zahlreiche Einsatzfah­rzeuge blockierte­n am Sonntagabe­nd Schloßstra­ße und Karl-Oberbach-Straße.
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Blick von der Erftbrücke gegenüber des Standesamt­es auf den Gebäudetei­l, in dem es brannte.

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