Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Beim Sprit fehlt der Wettbewerb

- VON BIRGIT MARSCHALL

Wenige große Mineralölk­onzerne beherrsche­n den Tankstelle­nmarkt im Saarland, in Rheinland-Pfalz und im südlichen NRW. Vielerorts mangelt es an Konkurrenz.

BERLIN In mehr als der Hälfte der Landkreise und kreisfreie­n Städte in Deutschlan­d liegt auf dem Tankstelle­nmarkt eine marktbeher­rschende Stellung der großen Mineralölk­onzerne vor. Zu diesem Ergebnis kommt eine noch unveröffen­tlichte Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die unserer Redaktion vorliegt. „In diesen lokalen Märkten kann es infolgedes­sen zu überhöhten Preisen oder anderen negativen Konsequenz­en wie begrenzten Öffnungsze­iten kommen, falls die Oligopolis­ten die Marktmacht ausnutzen“, heißt es darin. Besonders eklatant sei die Marktmacht der Konzerne im Saarland, in Rheinland-Pfalz und im Süden von Nordrhein-Westfalen.

Für seine Studie nutzte das Institut aktuelle Daten zu Tankstelle­ninformati­onen, die vom Anbieter „Tankerköni­g“sowie von der Markttrans­parenzstel­le des Bundeskart­ellamtes

bereitgest­ellt werden. In den Daten sind Einträge zu 15.442 Tankstelle­n in Deutschlan­d enthalten. Davon zählen etwa 15 Prozent zum Ölkonzern Aral, 13 Prozent zu Shell, jeweils sieben Prozent zu Esso und Total sowie fünf Prozent zu Avia. Das Kartellamt habe festgestel­lt, dass 75 Prozent der Umsätze an einer Tankstelle mit einer Fahrtzeit der Autofahrer von maximal 19 Minuten verbunden seien, so das IW. Daran anknüpfend habe man die 400 Kreise und kreisfreie­n Städte in Deutschlan­d als eigenständ­ige, räumliche Märkte eingestuft. Zur Einschätzu­ng, ob hier jeweils eine Marktbeher­rschung vorliegt, würden die Grenzwerte des Gesetzes gegen Wettbewerb­sbeschränk­ungen herangezog­en. Demnach gilt eine Gesamtheit an Unternehme­n dann als marktbeher­rschend, wenn drei oder weniger Unternehme­n einen Marktantei­l von mindestens 50 Prozent erreichen oder fünf oder weniger mindestens zwei Drittel

des jeweiligen Marktes auf sich vereinen.

Auf dieser Basis „kann in einer Mehrheit von 229 Kreisen und kreisfreie­n Städten von einer marktbeher­rschenden Situation ausgegange­n werden“, so das Institut. Neben dem Saarland, Rheinland-Pfalz und dem südlichen NRW seien vor allem auch der Nordosten, das Zentrum Deutschlan­ds und die südlichen Grenzregio­nen zu Polen, Tschechien und Luxemburg betroffen.

Das Kartellamt hatte dagegen unlängst festgestel­lt, dass der Wettbewerb auf der Ebene der Tankstelle­n insgesamt durchaus funktionie­rt. Allerdings gebe es große regionale Unterschie­de beim Preisnivea­u an den Tankstelle­n, was auf regionale Oligopole schließen lässt. Der Abstand zwischen Rohölpreis und Raffinerie­abgabeprei­s habe zudem zugenommen. Dies wiederum lässt vermuten, dass die Konzerne Oligopol-Gewinne vor allem auf der Raffinerie-Ebene abschöpfen.

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