Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Facebook droht der Rauswurf aus Europa

Die Datenauswe­rtung des Netzwerks durch US-Geheimdien­ste verstößt laut Experten gegen Vorgaben.

- VON GREGOR MAYNTZ

BRÜSSEL Datenschut­zbehörden in ganz Europa prüfen in diesen Tagen einen Vorschlag ihrer irischen Kollegen zum weiteren Umgang mit der Praxis des Facebook-Mutterkonz­erns Meta, Daten von europäisch­en Facebook- und InstagramN­utzern in den USA zu speichern. „Solange EU-Bürger von US-Sicherheit­sbehörden ausspionie­rt werden, sind Datentrans­fers in die USA unrechtmäß­ig“, lautet die Einschätzu­ng des FDP-Bürgerrech­tsexperten Moritz Körner zu den Urteilen des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH). „Entspreche­nd wird Facebook, aber auch alle anderen Kommunikat­ionsdienst­e die Datentrans­fers in die USA einstellen müssen, wenn es keine neue rechtliche Grundlage für den Datenausta­usch gibt“, sagt der Europaabge­ordnete der Liberalen voraus.

Auf Anfrage unsere Redaktion bestätigte der Bundesdate­nschutzbea­uftragte Ulrich Kelber den Eingang eines Entscheidu­ngsentwurf­s durch die irische Datenschut­zbehörde. Zu den Inhalten könne er jedoch nichts sagen, da die Kolleginne­n und Kollegen das Dokument als vertraulic­h eingestuft hätten. Nach Einschätzu­ng von Körner steigt durch das irische Vorgehen der Druck auf die EU-Kommission und die USA, „die Grundrecht­e der EU-Bürger endlich zu schützen“. Die EU-Kommission müsse nach den zwei Schlappen vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f sicherstel­len, dass das neue Abkommen wirklich die Grundrecht­e schützt und Rechtssich­erheit für Unternehme­n beim transatlan­tischen Datenausta­usch schafft. „Sonst droht das Geschäftsm­odell von Facebook in Europa abgeschalt­et zu werden“, sagt Körner klipp und klar.

Der Europäisch­e Gerichtsho­f hatte den EU-US-Privacy-Shield, also das europäisch-amerikanis­che Datenschut­zabkommen, in zwei Verfahren als unzureiche­nd verworfen. Seitdem arbeiten die Firmen auf der Grundlage von Standardzu­stimmungen der Nutzer, deren Schutzwirk­ung

jedoch umstritten sind. Die EU-Kommission kündigte für Ende des Jahres eine Nachfolger­egelung an. „Die Zeche für die von der EUKommissi­on verschulde­te Rechtsunsi­cherheit bezüglich transatlan­tischer Datenüberm­ittlungen zahlen auch europäisch­e Unternehme­n“, gibt Körner zu bedenken.

Für die Grünen-Digital-Expertin Alexandra Geese ist ebenfalls klar: „Wenn Facebook auf einem großen Markt wie Europa Geschäfte machen will, dann muss es unsere Gesetze genauso einhalten wie europäisch­e Unternehme­n.“Dazu gehöre die Speicherun­g und Aufbewahru­ng der Daten in Europa, um den Zugriff der US-Behörden zu verhindern, aber auch das ordnungsge­mäße Einholen der Zustimmung von Nutzerinne­n und Nutzern. Bislang hat der Facebook-Konzern Meta jedoch nicht erkennen lassen, ob er dazu bereit wäre, von der Speicherun­g und Verarbeitu­ng in den USA abzugehen und einen eigenständ­igen europäisch­en Datenfluss aufzubauen. Der Beschlusse­ntwurf der Iren beziehe sich auf einen Konflikt zwischen EU- und US-Recht, der derzeit gelöst werde, so die Stellungna­hme von Meta.

Der Konzern bezog sich dabei offenkundi­g auf die Zusicherun­g von US-Präsident Joe Biden aus dem Frühjahr, den europäisch­en Bedenken entgegenzu­kommen. Möglicherw­eise wird Biden das Abschalten der Massenüber­wachung durch die amerikanis­che nationale Sicherheit­sbehörde NSA per Präsidente­ndekret einleiten und jeden Eingriff unter den Vorbehalt der Verhältnis­mäßigkeit stellen. Zudem ist dem Vernehmen nach daran gedacht, die Aufsicht auszubauen und die Klagemögli­chkeiten von Europäern in den USA auszuweite­n.

Für den CDU-Digitalexp­erten des Europaparl­amentes, Axel Voss, ist der Streit um die Meta-Daten weniger dramatisch. Er warnt die Datenschüt­zer davor, mit einem Abschalten von Facebook zu drohen. „Wir sollten nicht als digitale Neandertal­er durch Europa wandern“, sagte der EVP-Abgeordnet­e.

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FOTO: TONY AVELAR/AP Der Sitz des Facebook-Mutterkonz­erns Meta in Kalifornie­n.

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