Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Debatte um Tierschutz beim Schützenfest
Bem Schützenumzug ist am Samstagnachmittag ein Pferd tot zusammengebrochen. Die Königsallee wurde gesperrt. Die Schützen sagten die Teilnahme von Pferden für Umzug und Parade am Sonntag ab.
DÜSSELDORF Der Tod eines Pferdes hat den großen Umzug der Schützen am Samstag überschattet. Noch während des Festzugs brach das Pferd auf der Königsallee zusammen. Das Tier versuchte mehrfach, wieder aufzustehen, dabei verletzte es sich am Kopf. Es verstarb noch an der Unglücksstelle auf der Königsallee. Die Polizei sperrte die Kö von der Trinkausstraße bis zur Benrather Straße. Eine Tierärztin wurde von der Polizei gerufen. Das Ergebnis der Untersuchung zur Todesursache ist noch offen. Das Pferd wurde mit einem Ladekran angehoben und abtransportiert.
Das Pferd, das am Samstag verstorben war, zeigte laut Oberst Ernst-Toni Kreuels keine Anzeichen dafür, dass es den Umzug nicht gut überstehen würde. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte er, das Tier sei gesund und mit 15 Jahren in einem guten Alter für den Umzug gewesen. Auch bei der Begutachtung durch das Veterinäramt seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden. „Wir von der Reiterstelle sind ja auch vorsichtig und würden kein Risiko eingehen wollen. Wir haben eine gute Verbindung zu den Tieren“, sagte Kreuels.
Die Schützen zogen Konsequenzen und sagten die Teilnahme von Pferden an dem für Sonntag geplanten Umzug und der Parade im Hofgarten ab. „Wir sind zutiefst betroffen über den Vorfall, denn Pferde gehören zum Schützenleben dazu und unsere Reiter haben ein inniges Verhältnis zu ihren Tieren“, sagte Schützenchef Lothar Inden. Er sehe dennoch „die zwingende Notwendigkeit“zu klären, wie es zum Zusammenbruch des Pferdes kommen konnte. „Dies wird aufgeklärt werden“, versprach Inden. Das Tier war auf dem Weg zur Investitur – also Amtseinführung – des Schützenkönigs am Samstag kollabiert. Die Investitur fand daher mit deutlicher Verspätung statt.
Seit Jahren kritisieren Tierschützer, dass Pferde im Karneval und bei Schützenumzügen mitgeführt und geritten werden. Kritik gab es am Sonntag von der Tierschutz-Organisation Peta. „Pferde in einer lauten, engen und heißen Innenstadt einzusetzen, ist Missbrauch und hat nichts mit Brauchtum oder Tradition zu tun“, sagte Peter Höffken von Peta Deutschland. Pferde gehörten seiner Ansicht nach auf grüne Wiesen, wo sie spielen und mit Artgenossen interagieren können. Sollte die Obduktion ergeben, dass das Pferd krank war oder an Stress gestorben ist, werde Peta Anzeige gegen die Verantwortlichen erstatten.
Nach mehreren schweren Vorfällen mit durchgehenden und kollabierenden Tieren hat das Land 2018 neue Richtlinien in Bezug auf das Tierwohl bei solchen Veranstaltungen
erlassen. Es gilt bereits ein Alkohol-, Rauch- und Handyverbot für alle Personen, die mit der Führung der Pferde zu tun haben. Alle Reiter müssen Praxis nachweisen, den Deutschen Reitpass besitzen und in puncto Körpergewicht ein „geeignetes Verhältnis“zur Konstitution des Pferdes haben. Die Tiere müssen gesund und auf einen Umzug vorbereitet sein. Dazu gehören auch Reitstunden unter Einsatz von Musik und mit Hindernistraining. Hinzu kommt eine Gewichtsbegrenzung: Reiter sowie Sattel und Wurfmaterial sollen insgesamt nicht schwerer als 20 Prozent des Körpergewichts des Pferdes sein. Tierschützern gehen diese Leitlinien immer noch nicht weit genug. Die Düsseldorfer Karnevalisten wollten zuletzt auf den Einsatz von Pferden beim Zug nicht verzichten. Pferde gehörten einfach dazu, viele Vereine wurden als Reiterkorps gegründet – man wolle ihnen die Tradition nicht absprechen, hieß es aus den Reihen des CC. Allerdings werden im Düsseldorfer Karneval keine Kutschen von Pferden gezogen.
Anders als bei Karnevalsumzügen sei bei dem Schützenumzug das Publikum auch ruhiger. Das bedeute weniger Stress für die Tiere, die nur im Schritt durch die Menge gehen. „Ich hätte an dem Tag auch keine Bedenken um mein eigenes Pferd gehabt. Es war nicht zu heiß, die Bedingungen waren optimal. Wir sind sehr traurig über den Unfall“, sagte der Oberst.
Viele der Schützen waren Beobachtungen unserer Redaktion zufolge bestürzt über die Absage der Pferde – rund 80 Pferde wären beteiligt gewesen. So versammelten sich viele Schützen am Mittag zunächst am Burgplatz und waren offensichtlich fassungslos. Die Gesellschaft Reserve, die größte Gesellschaft der St. Sebastianer, bekundete ihren Protest während der Parade, indem ihre Mitglieder ohne Fliege und Uniformjacke marschierten, der dritte Zug nahm gar nicht teil. Dafür gab es Applaus von der Tribüne für die Gesellschaft Wilhelm Marx, die zu Fuß statt auf dem Pferd an der Parade teilnahm.