Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ein Pfandsystem für die Neusser Gastro?
Durch das neue Verpackungsgesetz werden Betriebe ab 2023 verpflichtet, Mehrwegverpackungen für Essen und Getränke anzubieten. In Neuss soll ein einheitliches System geschaffen werden – Gastronomen senden positive Signale.
NEUSS Überfüllte Mülleimer mit Kaffeebechern oder geleerten MenüBoxen, oft aus Styropor, sind auch in Neuss Bilder ohne Seltenheitswert – doch nun steigen offenbar die Chancen, dass Ärgernisse dieser Art künftig minimiert werden. Grund ist das neue Verpackungsgesetz. Darin werden Betriebe ab Januar 2023 verpflichtet, Mehrwegverpackungen für Essen und Getränke anzubieten. Für die Neusser Gastronomie regt die Kooperation aus SPD, Grünen und UWG/Aktiv jetzt ein einheitliches Mehrweg-Pfandsystem an. Einen entsprechenden Antrag hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Marc Vanderfuhr, umweltpolitische Sprecher der SPD, ist sich sicher: „Für Kunden und Gastronomen ist es deutlich einfacher, wenn alle Geschäfte in Neuss auf das gleiche Pfandsystem setzen.“Das Rathaus wird nun im Gespräch mit Neusser Gastronomen feststellen, ob diese sich ein einheitliches
„Ich finde es großartig, dass Stadt und Politik uns nach unserer Meinung fragen“Alexander Bliersbach Gastronom
System wünschen.
Ob Kaffee im Pappbecher oder Essen in der Wegwerfbox – auch in Neuss nimmt das MitnahmeGeschäft zu. Gerade in der Corona-Pandemie war das auch für viele Gastronomen enorm wichtig. Es gebe jedoch eine Schattenseite. „So entsteht leider sehr viel zusätzlicher Müll“, beklagt Annette Kehl, die umweltpolitische Sprecherin der Grünen. Darauf reagieren EUParlament und Bundestag mit dem neuen Verpackungsgesetz. „Damit nicht jede Bäckerei und jedes Restaurant eigenes Mehrweggeschirr entwickeln muss, bieten Unternehmen wie Recup, Fair-Cup oder Vytal ein einheitliches MehrwegPfandsystem an“, erklärt Annette Kehl. Das schwebt SPD, Grünen und UWG/Aktiv auch für Neuss vor.
Städte wie Stuttgart, Augsburg, Wolfsburg und Greifswald haben solche Pfandsysteme für ihre lokale Gastronomie bereits eingeführt. „Dort zeigen sich Vorteile eines einheitlichen Systems“, sagt Carsten Thiel, Fraktionsvorsitzender von UWG/Aktiv. Die Gastronomie spare durch ein einheitliches System Kosten und die Bürger könnten Mehrweg-Geschirr oder -Becher in jedem Laden zurückgeben.
Möglicherweise, so die Kooperation, kann in eine solche Konzeption auch der bereits vorhandene
„Neusser Mehrwegbecher” einbezogen werden. Den hat Neuss Marketing zusammen mit Schülern des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums entwickelt. Der Becher mit einem Neusser Motiv und dem Schriftzug „Neuss – Dein Becher“ist bereits in teilnehmenden Geschäften für fünf Euro erhältlich. Bei seiner Einführung im Jahr 2018 hatte eine Umfrage der Stadt bei Bäckereien und Cafés ergeben, dass es für die Einführung eines Mehrwegsystems „noch zu früh“sei. „Angesichts der neuen Gesetzeslage wollen wir einen neuen Versuch starten“, erklären Annette Kehl und Marc Vanderfuhr abschließend.
Die Gespräche mit Gastronomen stehen zwar noch aus, auf Nachfrage
unserer Redaktion gibt es jedoch bereits positive Signale. „Zunächst einmal finde ich es großartig, dass Stadt und Politik nach unserer Meinung fragen“, lobt Alexander Bliersbach vom Drusushof, der dem vorgeschlagenen Konzept offen gegegenüber steht. Um Plastikmüll zu vermeiden, habe er bereits eine Änderung beim To-go-Geschäft vorgenommen und verwende nur noch sogenannte Bagasse. Dabei handelt es sich um nachhaltiges Verpackungsmaterial aus Zuckerrohr.
Auch Kerstin Rapp-Schwan vom „Schwan“betont den Vorteil einer einheitlichen Lösung. „Das würde uns allen die Arbeit erleichtern“, sagt sie. Allerdings seien noch einige Fragen zu klären: „Welches Unternehmen erhält den Zuschlag? Wie läuft die Finanzierung? Wie funktioniert das Rückgabe-System?“, so die Gastronomin – die ebenfalls lobende Worte für das Vorgehen der Stadt findet.