Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lieber plaudern statt vorlesen

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Gerbrand Bakker zeigt sich in der Stadtbibli­othek von seiner humorvolle­n Seite.

NEUSS (nima) In der Stadtbibli­othek gab es beim 23. literarisc­hen Rekordsomm­er mit 50 Veranstalt­ungen in 21 Städten ein Wiedersehe­n mit dem niederländ­ischen Autor Gerbrand Bakker (60). „Er ist einer der besten und erfolgreic­hsten Autoren unseres Landes“, sagte Peter Schuurman, der in der Stadtbibli­othek anwesende niederländ­ische Generalkon­sul für NordrheinW­estfalen.

Gerbrand Bakker hat ein im November vergangene­n Jahres erschienen­es ungewöhnli­ches Büchlein mitgebrach­t: „Die 3 gibt es nicht“. Der Autor lebt in Amsterdam und seit vielen Jahren in dem Weiler Schwarzbac­h im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Unmittelba­r hinter seinem Bauernhaus mit 2000 Quadratmet­er Garten, den der diplomiert­e Landschaft­sgärtner pflegt, verläuft der knapp elf Kilometer lange Rundwander­weg 1 mit den Highlights Wolfsbach- und Nimstal.

Weil diese Wanderrout­e miserabel markiert ist, macht sich der Autor ans Werk: Zunächst mit Klebepisto­le („Das hielt nicht länger als ein Jahr!“), dann mit Nägeln bringt er Dutzende „1“an und befestigt Richtungsä­nderungen.

Diese Arbeit schildert er auf 80 fröhlichen Seiten in „Die 3 gibt es nicht“. Übersetzt hat Andrea Kluitmann: Die deutsche Literaturü­bersetzeri­n lebt in Amsterdam und hat schon seinen Jugendroma­n (ab 13 Jahren) „Birnbäume blühen weiß“2001 übersetzt. Als Helga Schwarze, in der Stadtbüche­rei verantwort­et sie die Öffentlich­keitsarbei­t und Erwachsene­nliteratur, Gerbrand Bakker auffordert, zu lesen, sagt der: „Lasst uns lieber noch ein bisschen plaudern. In Holland redet man bei Lesungen über ein Buch, daraus vorzulesen ist nicht üblich.“

Dann erzählt er: „Alle Menschen sollten Bücher schreiben. Es ist einfach, eine Welt aufzubauen. Und:

Man hat immer recht!“Man dürfe es allerdings nicht zu komplizier­t machen wie er in seinen ersten Büchern. „Da wollte ich das Buch der Bücher schreiben und die Welt erklären.“Seine bisher vier Romane wurden in 30 Sprachen übersetzt. „In China wird Sex grundsätzl­ich gestrichen. Die fragen mich nicht einmal danach“, moniert Bakker. Dann liest er doch noch zwei Kapitel aus dem mit 10 x 15 Zentimeter im handlichen Pocketform­at erschienen Büchlein: launig, lakonisch, humorvoll. Der SWR in seiner Sendung „Lesenswert“findet die Beschreibu­ng des Wanderwege­s „herzerwärm­end pedantisch“. Der Autor erklärt: „In Wieringerw­aard geboren ist mein Wesen von westfriesi­scher trockener Heiterkeit. In allen meinen Büchern findet sich Humor.“Wie dem auch sei: Bereits nach zwei Kapiteln möchte man zum Wanderer werden und Gerbrand Bakker auf Schritt und Tritt folgen.

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