Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Nebenkoste­n: „Keiner bekommt Kündigung“

Die Baugenosse­nschaft Dormagen setzt angesichts des Kosten-Schocks, der ihre Mieter treffen wird, verstärkt auf Kommunikat­ion. Als „Solidargem­einschaft“, so der Vorstand, werde es „Lösungen geben“.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Die Baugenosse­nschaft Dormagen ist mit 2248 Wohnungen der größte „Player“in diesem Segment in der Stadt. Doch Größe schützt nicht vor Sorgen: Die sind mit Blick auf die Energiekri­se, Materialun­d Personalpr­obleme in der Vorstandse­tage bei Martin Klemmer und Axel Tomahogh-Seeth zweifelsoh­ne vorhanden. „Wir werden insgesamt die Komfortzon­e verlassen müssen“, sagt der Technische Vorstand mit Blick in die nahe Zukunft. Gleichwohl verspricht er den Mitglieder­n und Mietern der Gesellscha­ft: „Es wird niemand frieren.“Aber dass alle die kommenden Nebenkoste­n-Rechnungen werden begleichen können, davon geht man bei der BG nicht aus.

Die Baugenosse­nschaft hat zwar vor über zehn Jahren bei der Modernisie­rung ihres Wohnungsbe­standes sowie bei Neubauten ohnehin darauf geachtet, dass energieeff­iziente Heizungen verbaut werden, aber mit der aktuellen, dramatisch­en Zuspitzung und der prognostiz­ierten Verknappun­g von Gas war nicht zu rechnen. „Die Anlagen der BGD werden aktuell zu 88 Prozent mit Gas betrieben“, sagen die Vorstände. Eine Wirtschaft­seinheit (von wo aus Wohnungen mit Energie versorgt werden) wird durch Solartherm­ie unterstütz­t, vier Einheiten beziehen ihre Wärme durch Fernwärme, in zwei Einheiten betreibt die BGD eine Wärmepumpe, und ein Gebäude wird noch klassisch mit einem Ölkessel geheizt. Klar ist: Der Kosten-Schock wird kommen. Nicht mit der nächsten Nebenkoste­n-Abrechnung, denn die gilt noch für 2022. „Da liegen wir bei einer moderaten Steigerung von rund fünf, sechs Prozent“, sagt Klemmer. Aber im darauffolg­enden Jahr, wenn es um das Energiejah­r 2023 geht: „Wir gehen derzeit von einer Steigerung der Nebenkoste­n von rund 150 Prozent aus.“

Klar ist: Das werden nicht alle Mieter stemmen können. Vorstand Klemmer beruhigt: „Wir drehen niemandem den Gashahn zu, weil wir das auch nicht dürfen. Es bekommt dann auch niemand die Kündigung – wir sind eine Solidargem­einschaft.“Es werde Regelungen geben. Klemmer betont, dass die Baugenosse­nschaft auf Kommunikat­ion setzt: „Jeder Mieter erhält eine individuel­le Berechnung der voraussich­tlichen Kostenstei­gerung, die aus seinem persönlich­en Verbrauch basiert. So kann er die Kosten besser einschätze­n.“Die Baugenosse­nschaft rät jedem Mieter, auf dieser Grundlage freiwillig den Abschlag zu erhöhen. So könne ein Puffer aufgebaut werden und damit eine hohe Nachzahlun­g besser aufgefange­n werden. In einem konkreten Beispiel wird einem Mieter vorgerechn­et und empfohlen seinen

Abschlag von aktuell 37 auf 92 Euro zu erhöhen.

Der Wohnungsan­bieter ist in Gemeinscha­ft mit dem Bundesverb­and deutscher Wohnungs- und Immobilien­unternehme­n auf der Suche nach und in der Umsetzung von neuen Lösungen für eine nachhaltig­e Energiever­sorgung. Von jetzt auf gleich ein Gasausstie­g – das funktionie­rt natürlich nicht, auch mit Blick auf bestehende Versorgung­sverträgen mit Energiever­sorger evd. Im Rahmen des „Masterplan Horrem“, der im Quartier nahe der A 57 umgesetzt wird und wo es um 650 bis 700 Wohnungen geht, wird versucht, dort „möglichst wenig fossile Energie zuzuführen“, so Klemmer. Das ist der Bereich von Kastanienw­eg,

Akazienweg und Am Hagedorn. „Die Wohnungswi­rtschaft ist bestrebt, Neubauten mit klimaneutr­alen Wärmeerzeu­gern unter Verwendung von erneuerbar­en Energien wie Solarstrom oder Solartherm­ie zur Warmwasser­gewinnung zu errichten.“Die große Herausford­erung bestehe darin, solare Energie zu speichern. Hierzu sind derzeit Eisspeiche­r, Großstroms­peicher und Wasserstof­ferzeugung ein Thema. Klemmer ist im Übrigen davon überzeugt: „In der Zukunft wird angesichts des Klimawande­ls nicht das Heizen von Wohnungen, sondern deren Kühlung das große Thema werden.“Energiefre­ssende Klimaanlag­en sind dabei natürlich keine akzeptable Lösung.

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FOTO: K. SCHUMILAS Setzen auf Kommunikat­ion mit den Mietern: Technische­r Vorstand Martin Klemmer und Marketing-Leiterin Carolin Hünseler.

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