Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Niedrigwas­ser gefährdet die Energiever­sorgung

- VON JANA WOLF

BERLIN Die große Trockenhei­t und folglich sinkende Flusspegel sind nicht nur ein ökologisch­es, sondern zunehmend auch ein ökonomisch­es Problem. Mitten in einer Energiekri­se stellt sich die Frage, ob die Versorgung­ssicherhei­t dadurch weiter gefährdet wird. „Viele industriel­le Prozesse und die Energiever­sorger sind von der Verfügbark­eit von Kühlwasser abhängig, und Rohstoffe werden über die Wasserstra­ßen transporti­ert“, teilt das Umweltmini­sterium mit.

Der Präsident der Generaldir­ektion Wasserstra­ßen und Schifffahr­t, HansHeinri­ch Witte, bestätigt, dass es bei niedrigen Wasserstän­den vor allem an den frei fließenden Flüssen wie dem Rhein zu Einschränk­ungen komme. „Die Schiffe können dann nicht mehr mit den üblichen Ladungsmen­gen fahren“, sagt Witte. Die Binnenschi­fffahrt werde Ladungsmen­gen anpassen oder weniger tief gehende Schiffe einsetzen.

Der nordrhein-westfälisc­he Energiekon­zern RWE gibt dennoch Entwarnung. Auf die Kohleverso­rgung der RWE-Kraftwerke hätten die niedrigen Flusspegel keinen Einfluss, sagt ein Unternehme­nssprecher. Denn das Unternehme­n betreibt hierzuland­e keine Steinkohle­kraftwerke. Die Braunkohle­kraftwerke wiederum würden per Werksbahn oder Förderband mit dem nötigen Brennstoff versorgt, betont der Sprecher.

Doch nicht alle schätzen die Lage als entspannt ein. Der Konzern EnBW, der konvention­elle Kraftwerke an sieben Standorten in BadenWürtt­emberg

betreibt, aber auch in anderen Ländern wie NRW vertreten ist, hat sich bereits angepasst. Für die Kohleanlie­ferung per Schiff seien sowohl die Anzahl noch einsatzfäh­iger Schiffe als auch die Lademengen reduziert worden, sagt eine Sprecherin. Zudem hat man Brennstoff­vorräte bei den Kraftwerke­n aufgebaut, heißt es.

Der Essener Stromerzeu­ger Steag sieht den Brennstoff­zulauf seiner Steinkohle­kraftwerke in Nordrhein-Westfalen durch den niedrigen Rheinpegel allerdings durchaus beeinträch­tigt. „Binnenschi­ffe können derzeit nur etwa zur Hälfte beladen werden, weshalb die Wiederbesc­haffung der bei der Stromerzeu­gung eingesetzt­en Steinkohle grundsätzl­ich länger dauert als bei normalen Pegelständ­en“, sagt ein Sprecher. Auch die Steag setzt auf eigene Vorräte. Dies gelte insbesonde­re für das eigentlich kurz vor der Stilllegun­g stehende Kraftwerk Bergkamen. Es könnte über den 31. Oktober 2022 hinaus am Netz bleiben.

Aus dem Wirtschaft­sministeri­um heißt es, dass zur Brennstoff­versorgung die Transportk­apazitäten auf der Schiene Priorität haben sollen. Für die Binnenschi­fffahrt federführe­nd zuständig ist allerdings das Verkehrsmi­nisterium. Dort will man die Modernisie­rung von Binnenschi­ffen fördern, etwa indem der Schiffsrum­pf ausgetausc­ht wird. Um sich für zunehmende Wasserknap­pheit zu wappnen, will das Umweltmini­sterium zudem eine Nationale Wasserstra­tegie auf den Weg bringen, die bis Ende des Jahres im Kabinett beschlosse­n werden soll.

„Binnenschi­ffe können derzeit nur etwa zur Hälfte beladen werden“Sprecher der Steag

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