Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Koalition streitet um Nachfolge des Neun-Euro-Tickets

Finanzmini­ster Lindner sagt Nein, Grüne und SPD sagen Ja. Nun mischen sich auch die Länder ein – das Saarland zielt auf den Verkehrsmi­nister.

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BERLIN (has) Noch wird es das bundesweit geltende Neun-Euro-Ticket einen weiteren Monat geben – auch für den August kann man es kaufen. In der Koalition ist aber schon jetzt ein handfester Streit ausgebroch­en, was danach kommen soll. Geht es nach Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP), wird das Neun-EuroTicket Ende August Geschichte sein. Eine weitere Finanzieru­ng lehnte er am Wochenende ab.

Zahlreiche Vorschläge liegen inzwischen für eine Verlängeru­ng auf dem Tisch. Der Verband Deutscher Verkehrsun­ternehmen etwa hatte kürzlich ein 69-Euro-Ticket ins Gespräch gebracht; ebenso wurde schon über eine Monatskart­e für 29 Euro oder ein 365-Euro-Jahrestick­et debattiert. Lindners Parteifreu­nd, Verkehrsmi­nister Volker Wissing, sprach zuletzt vom „fulminante­n Erfolg“der Aktion. Ein Nachfolgea­ngebot sei Ende des Jahres oder Anfang 2023 möglich, so Wissing weiter. Aber vor allem die Länder stünden in der Pflicht. Der Bund finanziert den Rabatt mit 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeau­sfällen. Wissing will nun die Evaluation im Herbst abwarten und dann mit den Verkehrsmi­nistern der Länder das weitere Vorgehen besprechen. Lindners Nein dürfte die Chancen auf erfolgreic­he Gespräche nicht erhöht haben.

Sowohl SPD als auch Grüne drangen am Wochenende auf eine Nachfolger­egelung. Grünen-Chefin Ricarda Lang twitterte stichelnd, bei der Suche nach Finanzieru­ngsmöglich­keiten „stehen wir natürlich jederzeit für Gespräche über die Streichung von umweltschä­dlichen Subvention­en bereit“. Druck kommt auch aus den Ländern. So sieht etwa die saarländis­che Ministerpr­äsidentin

Anke Rehlinger (SPD) den Bundesverk­ehrsminist­er in der Pflicht. Sie sagte unserer Redaktion, zur Ehrlichkei­t gehöre zwar, „dass neun Euro im Monat nicht der dauerhafte Preis bleiben kann, zumindest dann nicht, wenn dadurch die Mittel fehlen, das Angebot auszubauen“. Aber viele Menschen in Deutschlan­d würden eine vollkommen neue Mobilitäts­erfahrung machen. Daher sollte man ein bundesweit­es Ticket zu einem günstigen Preis „oder wenigstens bundesland­weite Tickets – wie wir im Saarland haben – zu einem günstigen Preis einführen. Dafür muss Wissing eintreten und nicht einfach auf die Länder zeigen“, kritisiert­e Rehlinger.

Die Erhöhung der Regionalis­ierungsmit­tel sei im Koalitions­vertrag vereinbart. „Aus mir unerfindli­chen Gründen hat Herr Wissing das Geld nicht mal beim Finanzmini­ster angemeldet“, so die Ministerpr­äsidentin: „Als ehemaliger Länderverk­ehrsminist­er weiß Herr Wissing, dass er damit den ÖPNV abwürgt. Während so viele Menschen wie nie den ÖPNV nutzen, muss manches Land bereits Linien abbestelle­n.“

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FOTO: DPA Heute kein Sitzplatz: Alltag zu Zeiten des Neun-Euro-Tickets.

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