Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Zu spät zurück aus dem Urlaub
Der Flug wird verschoben, und der Arbeitnehmer erscheint nicht rechtzeitig zurück im Job. Was können Beschäftigte in solchen Fällen tun, um Nachteile zu vermeiden? Ein Rechtsexperte gibt Antworten.
DÜSSELDORF Auch wenn ein Reisender diesen Sommer seinen Flug erwischt und es ins Zielland geschafft hat, ist noch nicht gesichert, dass er oder sie es rechtzeitig wieder aus dem Urlaub zurück schafft. Was tun, wenn der Flug oder der Zug ausfällt, das Auto nicht fahrbereit und absehbar ist, dass der Arbeitnehmer am Montag nicht wieder pünktlich seinen Dienst antreten wird? Daniel Hautumm, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Düsseldorf, erklärt, wie man sich verhalten sollte.
Muss der Arbeitnehmer sofort seinen Arbeitgeber über die Verspätung informieren, wenn sie bekannt wird? Anzurufen sei das Mindeste, was man tun sollte, sobald sich eine Verspätung abzeichne, rät der Rechtsexperte. Ist der Vorgesetzte nicht erreichbar, sollte man wenigstens eine E-Mail schicken. So weise man nach, dass man es wenigstens versucht habe, empfiehlt Rechtsexperte Hautumm.
Die Informationspflicht hänge auch stark davon ab, wie wichtig der Job sei: „Geht es um einen Arzt und ist eine Operation für den Montag geplant, ist das etwas anderes als bei einem normalen Büroangestellten“, sagt er. „Je wichtiger es ist, dass der Arbeitnehmer zur Arbeit erscheint, je größer also der mögliche Schaden beim Arbeitgeber sein könnte, desto größer ist die Pflicht, den Arbeitgeber informiert zu halten.“
Muss der Arbeitnehmer selbst aktiv werden, um die Verspätung möglichst gering zu halten? „Der Arbeitnehmer hat seine Sorgfaltspflichten und muss sich so verhalten, dass dem Arbeitgeber kein Schaden zugefügt wird. Wenn es zumutbar ist, sollte man also auch auf andere Mittel umsteigen“, sagt Hautumm. Wenn ein Flug von München nach Düsseldorf ausfalle, könne man auf einen Zug umsteigen. Das geht natürlich nicht auf einer längeren Überseereise. In Einzelfällen kann es aber erforderlich sein, auf den nächstbesten, wenn auch teureren Flug umzubuchen. Aber auch das hänge von der Wichtigkeit des Jobs ab. Von vornherein einen gewissen Zeitpuffer für die Rückkehr einzuplanen, sei empfehlenswert, auch um gut erholt zurückzukommen.
Muss der Arbeitnehmer für die Umbuchung auf einen teureren späteren Flug aufkommen? Man sollte immer mit dem Arbeitgeber besprechen, ob dieser bereit wäre, die Mehrkosten zu tragen: „Wenn dieser Nein sagt, kann man rückschließen, dass es ihm auch nicht so wichtig ist. Denn wenn er nicht bereit ist, 400 bis 500 Euro zu zahlen, kann der Schaden für ihn nicht so groß sein“, so Hautumm. Wenn man den Arbeitgeber nicht erreichen könne, müsse man die Lage selbst einschätzen. In den meisten Fällen sei es kein Problem, dass man mal einen Tag ausfalle, aber: „Bei bestimmten Jobs würde ich den Preis selber bezahlen und riskieren, dass man hinterher mit dem Chef diskutiert: ‚Ich hab es ja getan, um Schaden von der Firma abzuwenden‘“, sagt der Anwalt. Hier müsse man auf einen verständigen Arbeitgeber hoffen, denn dazu gebe es keine Präzedenzfälle.
Kann der Arbeitgeber das Gehalt kürzen? Wenn ein Mitarbeiter zu spät wieder zum Dienst erscheint und das im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen wird, können Beschäftigte weiter volles Gehalt bekommen, jedoch nur bei Umständen, die ihn oder sie selbst betreffen. Erkrankt beispielsweise das Kind, muss der Arbeitnehmer sich darum kümmern. „Im Fall der Flugverspätung ist es eine Sache, die ihn nicht selbst betrifft, sondern die Allgemeinheit. Aus meiner Sicht hat er dann keinen Anspruch auf das Gehalt für die Fehlzeiten“, so Hautumm.
Ist eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung möglich? Eine Kündigung schließt der Rechtsanwalt aus, auch eine Abmahnung sei unwahrscheinlich. „Sie setzt voraus, dass das Verhalten geändert werden soll und der Arbeitnehmer etwas verschuldet hat“, sagt Hautumm. Konnte er hingegen nichts für die Verspätung, kann er auch nicht abgemahnt werden. Anders sehe es aus, wenn eine Schuld erkennbar ist: „Wenn der Arbeitgeber spontan Urlaub gebucht hat und wusste, dass es Probleme gibt, dann kann man ihn tatsächlich abmahnen.“
Kann sich der Arbeitnehmer die Fehlzeit einfach als Urlaub anrechnen lassen? Darauf gibt es zwar keinen Anspruch, aber es sei eine Alternative zur Lohnkürzung, sagt Daniel Hautumm. „Das kann man mit seinem Arbeitgeber absprechen. Ich wüsste nicht, was aus seiner Sicht dagegen sprechen würde.“
Kann der Arbeitgeber verlangen, dass der Arbeitnehmer Arbeit aus der Ferne macht? „Ja, es sei denn, es ist absolut unzumutbar. Er muss es seinem Angestellten aber entsprechend vergüten“, sagt der Rechtsexperte. Das wiederum geht natürlich nur, wenn der Verspätungstag nicht als Urlaub deklariert wurde.