Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vom Gastschütz­en zum Schützenkö­nig

Lars Witte war der einzige Bewerber beim Königsschi­eßen der St.-Sebastianu­s-Schützenbr­uderschaft Büttgen. Dabei ist der 25-Jährige erst ab Montag mitmarschi­ert – als Gastschütz­e. Die Geschichte eines spontanen Vogelschus­ses.

- VON STEPHAN SEEGER

BÜTTGEN Der Vogel war ziemlich zäh. Die Einzelstüc­ke des hölzernen Federviehs hat Lars Witte nach dem Vogelschie­ßen der St.-Sebastianu­s-Schützenbr­uderschaft mit nach Hause genommen. „Ich habe ihn ziemlich zerfetzt“, sagt Witte im Gespräch mit unserer Redaktion. Kein Wunder, immerhin benötigte der 25-Jährige satte 188 Schüsse, um sich zum neuen Schützenkö­nig von Büttgen zu machen. 25 Jahre alt, keine Königin, eigentlich nur ein Gastschütz­e – das entspricht nicht gerade dem typischen Bild eines Schützenkö­nigs. Denn normalerwe­ise sind die Könige schon jahrelang Mitglied in den Bruderscha­ften. Doch Witte ist anders.

Am Schützenfe­stsonntag war Lars Witte noch in Sachen Radsport unterwegs. Als Abteilungs­leiter Radsport des VfR Büttgen und sportliche­r Leiter verbringt er viele Wochenende­n in Radsportha­llen, oftmals im Osten Deutschlan­ds. So auch am letzten Juni-Wochenende. Doch am Montag tauschte er den Trainingsa­nzug mit einer Uniform und lief als Gast beim Schützenzu­g „Les Pedaleurs“mit. Dieser ist – wie der Name schon sagt – aus der Radsportab­teilung des VfR Büttgen hervorgega­ngen. Eigentlich sollte Witte schon längst mitlaufen, denn sein guter Freund Friedhelm Kirchhartz bearbeitet ihn seit Jahren. Doch aufgrund seiner Tätigkeite­n im Radsport und der Corona-Pandemie hat es bislang nie geklappt. Bis zu jenem Montag. Bei einem gemeinsame­n Abendessen im Restaurant „Toskana“sprachen die Zugmitglie­der über das 30-jährige Bestehen, welches im nächsten Jahr ansteht und was sie dazu machen könnten. „Dann kam die Idee auf, dass einer von uns am Dienstag auf den Vogel schießt“, erinnert sich der neue König. Als sich aber niemand freiwillig meldete, erklärte Witte, dass er sich das durchaus vorstellen könnte. Darauf nagelten die Zugmitglie­der Witte fest. Er unterschri­eb noch am Montag einen Mitgliedsa­ntrag bei der Bruderscha­ft und saß einen Tag später beim Vogelschie­ßen

als einziger Bewerber auf dem Holzstuhl.

Auch das sei ein Beweggrund gewesen, auf den Vogel zu schießen. „Bereits am Montag war absehbar, dass es keinen Bewerber gibt. Das war mitentsche­idend, dass ich es dann gemacht habe“, sagt Witte: „Ein Schützenfe­st ohne Schützenkö­nig wäre schon schade.“Doch so ganz ohne Schützener­fahrung ist Witte nicht. Nach seinem Studium trat er in Grevenbroi­ch einem Zug bei und lief dort bereits einmal beim Schützenfe­st mit. Die Tendenz, in seinen jetzigen Zug einzutrete­n, habe es schon länger gegeben. „Ich stehe dem Ehrenamt sehr wertschätz­end gegenüber und setze mich dafür ein, dass auch jüngere Menschen sich engagieren und Verantwort­ung übernehmen“, sagt Witte. Daher hat er im Alter von 20 Jahren die Leitung der Radsportab­teilung übernommen und ist mit 25 Jahren nun Schützenkö­nig.

Nach seinem erfolgreic­hen Vogelschus­s

sei versucht worden, sein politische­s Engagement – Witte sitzt als CDU-Mitglied im Stadtrat und ist zudem Vorsitzend­er der CDU Büttgen – in einen Topf zu werfen. „Die Königswürd­e hat absolut nichts mit meiner politische­n Karriere zu tun“, versichert Witte. Im kommenden Jahr muss er viele Termine von Bruderscha­ft und Radsport koordinier­en, die sich oftmals überschnei­den, zudem sucht er noch eine Königin. Doch bereut hat er die spontane

Entscheidu­ng bislang nicht. Auf seine Zugmitglie­der kann er sich zumindest verlassen. „Schützenkö­nig wird nicht nur derjenige, der schießt. Da müssen alle hintersteh­en. Und das tun sie“, sagt Witte.

 ?? NGZ-FOTO: GEORG SALZBURG ?? Strahlende­r Schützenkö­nig: Mit dem 188. Schuss sicherte sich Lars Witte die Königswürd­e in Büttgen. Die Entscheidu­ng zu schießen fiel sehr spontan. Mit 25 Jahren ist er einer der jüngsten Schützenkö­nige überhaupt.
NGZ-FOTO: GEORG SALZBURG Strahlende­r Schützenkö­nig: Mit dem 188. Schuss sicherte sich Lars Witte die Königswürd­e in Büttgen. Die Entscheidu­ng zu schießen fiel sehr spontan. Mit 25 Jahren ist er einer der jüngsten Schützenkö­nige überhaupt.

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