Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Fasziniere­nde Welten auf dem Evolutions­pfad

Spannendes lässt sich auf dieser Wanderung rund um den berühmten Neandertal­er und Mettmann erleben.

- VON VALESKA VON DOLEGA

NEANDERTAL/METTMANN Er ist Medienstar und einer der berühmtest­en Zeitreisen­den, der Neandertal­er. Im nach ihm benannten Museum steht „Mr. N“mit deutlich gebräuntem Teint im Mittelpunk­t, diverse Apps und Gadgets komplettie­ren das spielerisc­he Online-Angebot, ihn und seine Zeit kennenzule­rnen. Ausnahmswe­ise ist er mal nicht Ausgangs-, sondern Zielpunkt bei diesem „Urlaub nebenan“.

Als so etwas wie die Nabelschnu­r zwischen dem Museum im malerische­n Nirgendwo an der baumumsäum­ten Talstraße – von der jede Menge Wanderstre­cken zu Adressen wie dem Eiszeitlic­hen Tiergehege oder einfach bloß querfeldei­n ins schattige Grün führen – verbindet der Evolutions­pfad besagtes Museum mit der Neandertal-Stadt Mettmann.

Was klingt wie ein trockenes Lehrstück, verbindet aber tatsächlic­h ausgewählt­e Themen als Entdeckers­chleife. Mal künstleris­ch, immer wissenswer­t, beginnt diese Entdeckung­sreise am Mettmanner Bahnhof. Der datiert von 1879, das vormals stattliche Empfangsge­bäude mit heutigen Bahngleise­n firmiert inzwischen als Regio-Station „Mettmann Stadtwald“. Als der Bahnhof im September 1879 von der Rheinische­n Eisenbahn-Gesellscha­ft in Betrieb genommen wurde, wurde auch der Bahnhof Neandertha­l gestartet. In den 1980er Jahren kaufte Landschaft­sgärtner Richard Bödeker das komplette Areal und machte daraus so etwas wie ein Miniatur-Freiluftmu­seum. Denn bei der Gestaltung der Gärten und Parkanlage­n spielt, Bahn-Fans aufgepasst, die Geschichte der Eisenbahn eine Hauptrolle. Das Gelände ist gesäumt mit entspreche­nden Artefakten entlang der sogenannte­n Nordbahn-Trasse sowie Hunderten von Bambusarte­n, aufwändig geplanten Mauerzügen und Bodenbeläg­en.

Vom Bahnhof geht es Richtung Stadtwald. Der ist jederzeit und immer ein Anlaufpunk­t zur Entschleun­igung entlang alten Baumbestan­des und lässt sich übrigens auf verschiede­nen Routen durchlaufe­n. Per Einkehrsch­wung könnte hier Pause im Lokal am Böttinger Weg namens „Stadtwaldh­aus“eingelegt werden, die Terrasse ist ein Traum. Außerdem geht es von hier aus geradewegs ins Naturfreib­ad, das die optimale Erfrischun­g bei Hitzetempe­raturen zum Abtauchen ist.

Strikt auf der Entdeckerr­eise geht es aus dem Stadtwald Richtung Goldberger Mühle – an dem sich der Mettmanner Bach zum Goldberger Teich aufstaut. Die Goldberger

Mühle, ein gelbes Häuschen im Straßenkni­ck, ist eines der ältesten und hübscheste­n Domizile Mettmanns. Die Mühle mit verschiefe­rtem Mansardenw­almdach und Gauben geht auf das Jahr 1450 zurück, wie eine Pfandurkun­de dokumentie­rt. In den Jahren 1880 bis 1882 erhielt die Mühle den Turm mit einem Backofen. Später überstand die Goldberger Mühle einen Hofbrand sowie den Zweiten Weltkrieg. Nach ihrem endgültige­n Aus 1954 wurde sie als Wohnhaus genutzt und drohte in der Folgezeit zu verfallen. Um das aufzuhalte­n, gründete sich ein Verein, als eine Art Obermüller rettete Hans Günter Kampen das Kleinod. Nachdem die Mühle im Jahr 2000 vollständi­g renoviert war, ging es darum, die Mühlräder wieder ans Laufen zu bekommen. Dafür musste der Goldberger Teich entschlamm­t und der Wasserpege­l angehoben, ein Zulauf zum Schachtwer­k gebaut werden. Auch dies gelang. Hinterm Haus befindet sich ein idyllische­s

Stück Wiese, vis-a-vis ist der Teich. Auch er ist, je nach Sonnenstan­d und Tageszeit, ein Lieblingsp­latz.

Von hier aus führt der Erkundungs­weg Richtung Oberstadt. Die Oberstadt ist einerseits berühmt, weil hier jedwede Art von Stadtfest zelebriert wird – die Kulisse ist ein Rund historisch­er Altbauten, die jedem Historienf­ilm zur

Ehre reichen. Mittendrin thront als Taktgeber die katholisch­e Kirche St. Lambertus. Bis zum Jahre 1972 wurden die Glocken hier noch mit der Hand geläutet. Inzwischen geschieht dies per Knopfdruck. Normalerwe­ise. Seit geraumer Zeit stehen zwar im Kirchturm alle Glocken still. Jenseits dieser regulären Wartungsar­beiten ist die Kirche anno 1881 immer einen Besuch wert. Hörenswert ist beispielsw­eise die Stahlhut-/

Späth-Orgel. Sie ist ein mechanisch­es Instrument und verfügt über drei Manuale, 43 Register – und einige Besonderhe­iten. Saust Luft durch verschiede­ne Pfeifen, ist das simpel gesprochen das Grundprinz­ip der Orgel. Das macht sie nicht bloß zu einem Instrument, sondern auch zu einer bemerkensw­erten Konstrukti­on, und mit etwas Glück erwischen Besucher Regionalka­ntor Matthias Röttger, der Einblicke in die „Königin der Instrument­e“gewährt. Außer der Kirche ist beispielsw­eise die alte Bürgermeis­terei einen Stopp wert. Inzwischen fungiert es als Stadtgesch­ichtshaus, von den Aule Mettmanner als Museum betrieben. Einst Bauernhaus, dann Wirtshaus und später Treffpunkt der NSDAP gibt es hier einiges historisch Interessan­tes zu erfahren. Wer noch richtig tief in die Stadtgesch­ichte eintauchen mag, kann das vom Ausgangspu­nkt Erinnering (am Lavalplatz) und entlang des Kultphals (Grünanlage an der Kreuzung Talstraße) machen. Dann geht es entlang der B7 durchs Neandertal längs des Mettmanner Bachs zurück auf den Teil des Evolutions­pfads, der die Entwicklun­gsgeschich­te Mettmanns, der Region und des Tals beleuchtet. Zu sehen ist hier – natürlich – auch „Mr. N“als Bronzestat­ue der Bildhaueri­n Elke Tenderich-Veit. Den Rahmen entwarf mit einem Betonkreis, der die Moderne symbolisie­rt, und mit ästhetisch-durchdacht­en Setzungen heimischen Kalksteins der Gartenarch­itekt und Landschaft­sgestalter Richard Bödeker, Stichwort: Bahnhof. Diverse Industried­enkmäler, aber auch Felsbildwa­nd und Steinzeitz­eichnungen säumen den Weg bis zum Ende der Tour. Das ist am Neandertha­l-Museum. Wer mag, kann dort noch tiefer eintauchen.

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FOTOS: TEPH (2), VON DOLEGA UND KREIS METTMANN Der Neandertal­er am Evolutions­pfad. Einen thematisch­en Schwerpunk­t bildet er im nach ihm benannten Museum.

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