Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Todesfalle Luftmatratze
Bei immer mehr Badeunfällen spielt das Schwimmzubehör eine Rolle. Die Lebensretter der DLRG erklären, worin die Risiken liegen.
DÜSSELDORF Am vergangenen Sonntag sind in einem Kiesteich in Porta Westfalica die Leichen von zwei Menschen gefunden worden. Nach ihnen war nach einem Badeunfall mit Drohnen, Sonarbooten und Tauchern gesucht worden. Die Rettungskräfte gehen davon aus, dass die 26-jährige Frau und der 27-jährige Mann auf dem See von einer Luftmatratze abgerutscht und dann im Wasser untergegangen sind. Auch aus dem Masurensee in Duisburg konnte ein Mann vor wenigen Tagen nur noch tot geborgen werden; auch er soll von einer Luftmatratze ins Wasser gerutscht und dann ertrunken sein.
Die Deutsche Lebens-RettungsGesellschaft (DLRG) kennt diese Problematik und warnt vor den Risiken, die Luftmatratzen mit sich bringen können. „Tatsächlich ist es leider so, dass es immer wieder zu Badeunfällen mit Luftmatratzen auf Seen kommt – vor allem, wenn sich Nichtschwimmer und schlechte Schwimmer darauf hinaus auf den See wagen“, sagt Paul Kemper, Sprecher der DLRG Westfalen. „Wenn sie dann runterrutschen, ist es meist zu spät für sie. Aus unserer Sicht ist es nicht zu verstehen, dass Menschen solche Risiken eingehen“, sagt er. Aber auch für Schwimmer sei das Liegen auf Luftmatratzen bei Hitze mitten auf dem See gefährlich. „Sie bekommen dort die pralle Sonne ab; nicht nur die Sonnenstrahlen, sondern auch die Reflexionen von der Wasseroberfläche. Der See wird regelrecht zu einem Grill – und in dem liegt man dann auf der Luftmatratze“, so Kemper. „Und wenn man dann ins Wasser geht, kann man einen Schock, einen Krampf und Kreislaufprobleme bekommen“, betont der Rettungsschwimmer. Vielen sei nicht bewusst, dass in Seen unterschiedliche Temperaturen herrschen würden. „Es kann auf der Wasseroberfläche warm sein und 30 Zentimeter tiefer schon sehr kalt. Und das kann zu Problemen für Menschen führen – etwa mit dem Kreislauf“, so der DLRG-Sprecher.
Auch bei der DLRG Nordrhein hat man diese Beobachtungen gemacht. „Das Thema Luftmatratzen und Schwimmtiere ist in diesem Jahr schon auffälliger. Leider denken viele, dass man darauf sicher ist. Das ist aber falsch“, sagt Frank Zentis von der DLRG Nordrhein. „Es kann eine Welle oder eine Windböe ausreichen, um von der Luftmatratze zu rutschen“, warnt er.
Die Zwischenbilanz zu den Badeunfällen
in NRW in diesem Jahr liegt noch nicht vor; die Deutsche Polizeigewerkschaft geht aber davon aus, dass es in diesem Sommer schon viele gewesen sind. „Aus den Meldungen, die uns vorliegen, geht hervor, dass es in diesem Jahr bislang schon auffallend viele Badetote gegeben hat“, sagt Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Das ist schon ungewöhnlich. Auffallend ist auch, dass bei den Unfällen Luftmatratzen immer wieder eine Rolle spielen“, so Rettinghaus. In Kreisen der Rettungsschwimmer kommt man zu einer ähnlichen Einschätzung. „In diesem Sommer verzeichnen wir einen Anstieg von Badetoten“, heißt es aus Kreisen der DLRG. Allerdings gab es in diesem Jahr auch schon viele warme Tage, die Menschen ans und ins Wasser locken.
Anlässlich der hohen Temperaturen, die auch am Donnerstag erwartet werden, warnen Verbände wie die DLRG weiter eindringlich vor dem Schwimmen in Flüssen wie dem Rhein und nicht beaufsichtigten Seen. „Flüsse und Seen sind nach wie vor die größten Gefahrenquellen“,
sagte ein Sprecher der DLRG. Nur vergleichsweise wenige Gewässerstellen werden von Rettungsschwimmern bewacht. Das Risiko, dort zu ertrinken, sei deshalb um ein Vielfaches höher als an Küsten oder in Schwimmbädern, wo es Bademeister und Rettungsschwimmer gebe, so der DLRG-Sprecher.
Nach Angaben der Polizei enden trotz unermüdlicher Warnungen jedes Jahr mehrere Schwimmversuche oder waghalsige Mutproben in Flüssen tödlich. Auch wer nur bis zu den Knien am Ufer im Wasser steht, kann durch die unvorhersehbaren Strömungen hineingezogen werden. „Die Chancen, lebend wieder aus dem Rhein zu kommen, sind gering“, heißt es in einer Mitteilung der Polizei zu den Gefahren des Flusses. Die Wasserschutzpolizei in Duisburg warnt davor, von Brücken zu springen, Schiffe anzuschwimmen, auf Schiffe zu klettern und im Bereich von Schleusen, Wehren, Brücken und Hafenanlagen ins Wasser zu gehen.
Die DLRG führt Unglücke zum Teil gerade auch auf diesen gefährlichen Leichtsinn zurück. Die Gefahr in den Gewässern werde häufig unterschätzt, heißt es von der DLRG. Das Schwimmen in Flüssen wie dem Rhein sei extrem gefährlich. Demnach besteht eine große Gefahr durch vorbeifahrende Schiffe, die einen Sog erzeugen können, in den man geraten kann. Darüber hinaus bildeten sich durch die Steinaufschüttungen im Rhein immer wieder strudelartige Strömungen. Laut DLRG besteht keine Chance, gegen die Strömung anzuschwimmen. „Man sollte es wirklich unterlassen, in den Rhein zu gehen. Das ist sehr gefährlich“, sagt Zentis.