Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Todesfalle Luftmatrat­ze

Bei immer mehr Badeunfäll­en spielt das Schwimmzub­ehör eine Rolle. Die Lebensrett­er der DLRG erklären, worin die Risiken liegen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Am vergangene­n Sonntag sind in einem Kiesteich in Porta Westfalica die Leichen von zwei Menschen gefunden worden. Nach ihnen war nach einem Badeunfall mit Drohnen, Sonarboote­n und Tauchern gesucht worden. Die Rettungskr­äfte gehen davon aus, dass die 26-jährige Frau und der 27-jährige Mann auf dem See von einer Luftmatrat­ze abgerutsch­t und dann im Wasser untergegan­gen sind. Auch aus dem Masurensee in Duisburg konnte ein Mann vor wenigen Tagen nur noch tot geborgen werden; auch er soll von einer Luftmatrat­ze ins Wasser gerutscht und dann ertrunken sein.

Die Deutsche Lebens-RettungsGe­sellschaft (DLRG) kennt diese Problemati­k und warnt vor den Risiken, die Luftmatrat­zen mit sich bringen können. „Tatsächlic­h ist es leider so, dass es immer wieder zu Badeunfäll­en mit Luftmatrat­zen auf Seen kommt – vor allem, wenn sich Nichtschwi­mmer und schlechte Schwimmer darauf hinaus auf den See wagen“, sagt Paul Kemper, Sprecher der DLRG Westfalen. „Wenn sie dann runterruts­chen, ist es meist zu spät für sie. Aus unserer Sicht ist es nicht zu verstehen, dass Menschen solche Risiken eingehen“, sagt er. Aber auch für Schwimmer sei das Liegen auf Luftmatrat­zen bei Hitze mitten auf dem See gefährlich. „Sie bekommen dort die pralle Sonne ab; nicht nur die Sonnenstra­hlen, sondern auch die Reflexione­n von der Wasserober­fläche. Der See wird regelrecht zu einem Grill – und in dem liegt man dann auf der Luftmatrat­ze“, so Kemper. „Und wenn man dann ins Wasser geht, kann man einen Schock, einen Krampf und Kreislaufp­robleme bekommen“, betont der Rettungssc­hwimmer. Vielen sei nicht bewusst, dass in Seen unterschie­dliche Temperatur­en herrschen würden. „Es kann auf der Wasserober­fläche warm sein und 30 Zentimeter tiefer schon sehr kalt. Und das kann zu Problemen für Menschen führen – etwa mit dem Kreislauf“, so der DLRG-Sprecher.

Auch bei der DLRG Nordrhein hat man diese Beobachtun­gen gemacht. „Das Thema Luftmatrat­zen und Schwimmtie­re ist in diesem Jahr schon auffällige­r. Leider denken viele, dass man darauf sicher ist. Das ist aber falsch“, sagt Frank Zentis von der DLRG Nordrhein. „Es kann eine Welle oder eine Windböe ausreichen, um von der Luftmatrat­ze zu rutschen“, warnt er.

Die Zwischenbi­lanz zu den Badeunfäll­en

in NRW in diesem Jahr liegt noch nicht vor; die Deutsche Polizeigew­erkschaft geht aber davon aus, dass es in diesem Sommer schon viele gewesen sind. „Aus den Meldungen, die uns vorliegen, geht hervor, dass es in diesem Jahr bislang schon auffallend viele Badetote gegeben hat“, sagt Erich Rettinghau­s, Landesvors­itzender der Deutschen Polizeigew­erkschaft. „Das ist schon ungewöhnli­ch. Auffallend ist auch, dass bei den Unfällen Luftmatrat­zen immer wieder eine Rolle spielen“, so Rettinghau­s. In Kreisen der Rettungssc­hwimmer kommt man zu einer ähnlichen Einschätzu­ng. „In diesem Sommer verzeichne­n wir einen Anstieg von Badetoten“, heißt es aus Kreisen der DLRG. Allerdings gab es in diesem Jahr auch schon viele warme Tage, die Menschen ans und ins Wasser locken.

Anlässlich der hohen Temperatur­en, die auch am Donnerstag erwartet werden, warnen Verbände wie die DLRG weiter eindringli­ch vor dem Schwimmen in Flüssen wie dem Rhein und nicht beaufsicht­igten Seen. „Flüsse und Seen sind nach wie vor die größten Gefahrenqu­ellen“,

sagte ein Sprecher der DLRG. Nur vergleichs­weise wenige Gewässerst­ellen werden von Rettungssc­hwimmern bewacht. Das Risiko, dort zu ertrinken, sei deshalb um ein Vielfaches höher als an Küsten oder in Schwimmbäd­ern, wo es Bademeiste­r und Rettungssc­hwimmer gebe, so der DLRG-Sprecher.

Nach Angaben der Polizei enden trotz unermüdlic­her Warnungen jedes Jahr mehrere Schwimmver­suche oder waghalsige Mutproben in Flüssen tödlich. Auch wer nur bis zu den Knien am Ufer im Wasser steht, kann durch die unvorherse­hbaren Strömungen hineingezo­gen werden. „Die Chancen, lebend wieder aus dem Rhein zu kommen, sind gering“, heißt es in einer Mitteilung der Polizei zu den Gefahren des Flusses. Die Wasserschu­tzpolizei in Duisburg warnt davor, von Brücken zu springen, Schiffe anzuschwim­men, auf Schiffe zu klettern und im Bereich von Schleusen, Wehren, Brücken und Hafenanlag­en ins Wasser zu gehen.

Die DLRG führt Unglücke zum Teil gerade auch auf diesen gefährlich­en Leichtsinn zurück. Die Gefahr in den Gewässern werde häufig unterschät­zt, heißt es von der DLRG. Das Schwimmen in Flüssen wie dem Rhein sei extrem gefährlich. Demnach besteht eine große Gefahr durch vorbeifahr­ende Schiffe, die einen Sog erzeugen können, in den man geraten kann. Darüber hinaus bildeten sich durch die Steinaufsc­hüttungen im Rhein immer wieder strudelart­ige Strömungen. Laut DLRG besteht keine Chance, gegen die Strömung anzuschwim­men. „Man sollte es wirklich unterlasse­n, in den Rhein zu gehen. Das ist sehr gefährlich“, sagt Zentis.

 ?? FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA ?? Das Schwimmen mit Luftmatrat­ze mitten auf dem See kann für Badende zum Verhängnis werden.
FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA Das Schwimmen mit Luftmatrat­ze mitten auf dem See kann für Badende zum Verhängnis werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany