Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Adler-Übernahme ist für Vonovia vom Tisch
Konzernchef Rolf Buch verliert das Interesse. Der Rivale ist wegen eines Projekts in Düsseldorf im Visier der Bafin.
BOCHUM (dpa/rtr) Für Deutschlands größten Immobilienkonzern Vonovia kommt eine Übernahme des angeschlagenen Konkurrenten Adler Group nicht mehr in Betracht: „Die Märkte haben sich verändert, und deswegen ist für uns die ursprüngliche Überlegung, die Adler Group zu übernehmen, definitiv vom Tisch“, sagte Unternehmenschef Rolf Buch am Mittwoch.
Vonovia wurde vor einigen Monaten größter Aktionär beim Branchenrivalen Adler Group, der in schweres Fahrwasser geraten war. Vonovia sicherte sich im Zuge der Pfandverwertung einen Anteil von 20,5 Prozent an dem Konkurrenten.
Adler ist ins Visier der Bundesfinanzaufsicht
Bafin geraten, nachdem die Immobiliengesellschaft im Oktober erstmals unter
Druck des Leerverkäufers Fraser Perring geraten war. Sein Researchdienst Viceroy hatte schwere Vorwürfe gegen Adler erhoben, darin ging es unter anderem um die Bewertung von Immobilienprojekten. Adler hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Am Montag hatte die Bafin mitgeteilt, dass die Jahresbilanz 2019 der Adler Real Estate fehlerhaft sei. Der Wert eines Projekts zur Entwicklung des sogenannten Glasmacherviertels, einer ehemaligen Glashütte in Düsseldorf, sei mit 375 Millionen Euro rund doppelt so hoch angesetzt worden wie der Marktwert. Adler hält hingegen an der vollumfänglichen Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit des testierten Konzernabschlusses für 2019 fest und will Rechtsmittel gegen den Bescheid der Bafin einlegen. Adler hatte Ende April
trotz der Verweigerung des Testats durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG Zahlen für 2021 vorgelegt – dabei war wegen hoher Abschreibungen ein Milliardenverlust angefallen. Für den Jahres- und Konzernabschluss 2022 steht KPMG nun nicht mehr als Wirtschaftsprüfer zur Verfügung.
Ansonsten bereitet sich Vonovia nach einem deutlichen Gewinnplus im Halbjahr auf die Folgen gestiegener Kapitalkosten durch die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) vor. Dazu wollen sich die Bochumer über die Jahre von Wohnungen und Einfamilienhäusern im Volumen von rund 13 Milliarden Euro trennen. Konzernchef Buch bekräftigte seine Prognosen für 2022. Auch solle VonoviaMietern, die ihre stark gestiegenen Nebenkosten nicht zahlen können, nicht gekündigt werden.
„In Zeiten höherer Zinsen ist es sinnvoll, Schulden zu reduzieren“, sagte Buch. Dies sei im Halbjahr bereits geschehen. Zudem sollen in den kommenden Jahren weitere rund 66.000 Wohnungen im Gesamtwert von rund 13 Milliarden Euro verkauft werden. In den ersten sechs Monaten verdiente Vonovia auch deutlich mehr. Der Gewinn aus dem operativen Geschäft (Group FFO) – die bei Immobilienfirmen zentrale Kennziffer – erhöhte sich in den ersten sechs Monaten durch die Übernahme des kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen, steigende Mieten und einen niedrigen Leerstand um 36,3 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro. Vonovia hatte die Deutsche Wohnen vergangenes Jahr geschluckt, der Konzern verfügt aktuell über rund 550.000 Wohnungen. Für den Zukauf hatte Vonovia rund 17 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Anleger zeigten sich erfreut darüber, dass die Immobiliengruppe in den kommenden Jahren milliardenschwere Verkäufe tätigen dürfte. Der Wert der Aktien von Vonovia stieg zunächst um 1,9 Prozent.