Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Liebestrank“verzaubert in Sinsteden
Donizettis „Der Liebestrank“wurde als Open-Air-Oper in Sinsteden aufgeführt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Kreiskulturzentrum Sinsteden und dem Kulturamt der Gemeinde Rommerskirchen. Das Ensemble begeisterte.
SINSTEDEN Zu Gast waren nicht die New Yorker Metropolitan Opera (Met) und die Mailänder Scala, auch nicht die Düsseldorfer Deutsche Oper am Rhein. Es war ein kleines, aber feines Ensemble, welches in Sinsteden für wahre Begeisterungsstürme sorgte. „Hören und genießen Sie diese Musik“, so stimmte Moderatorin Désiree Brodka die zahlreichen Besucher unter der Remise ein.
Gespielt wurde an diesem sonnigen Abend das Meisterwerk des italienischen Komponisten Gaetano Donizetti: „L´elisir dámore“läuft von jeher der Ruf voraus, eine der weltweit meistgespielten Opern der Musikliteratur zu sein. Geradezu exaltierte Lobeshymnen folgten der Mailänder Uraufführung. Und noch heute beeilen sich die Rezensenten, der wunderbar gelungenen Opera buffa Leichtfüßigkeit und unerschöpflichen Einfallsreichtum zu bescheinigen. Dafür mag die märchenhafte Handlung sorgen, doch viel eher sind es die in diesem Musiktheater die eindeutig im Vordergrund der Aufmerksamkeit stehenden prächtigen Klänge.
Eine große Besetzung hätte der enge Raum unter der Remise nicht hergegeben. Aber so waren die Besucher ganz nahe an der sparsam ausgestatteten Bühne und lauschten den mit Witz gewürzten Überleitungen der Moderatorin. Vor allem fühlten sie sich gut unterhalten.
Sopranistin Anna Moog, Georgierin, gab die nicht nur stimmlich sehr attraktive Adina, Jakob Kleinschmit, Tenor aus Würzburg, sang den Nemorino, die Niederländerin Zinzi Frohwein, Sopran, hatte den Part der Giannetta. George Gamal, Bariton, mimte den Belcore, und Agris Hartmanis, Riga, hatte mit seinem fülligen Bassbariton die Rolle des Dulcamara übernommen. Ihnen zur Seite stand ein vierköpfiges Streichquartett. Dirigiert wurde das Stück von Alexander Steinitz.
Gastgeberin Kathrin Wappenschmidt,
versäumte es nicht, die gute Organisation des Abends durch die Gemeinde Rommerskirchen und dem Sinstedener Kulturzentrum hervorzuheben. Und auch die vielen, den kostenlosen Konzertabend ermöglichenden Sponsoren wurden nicht vergessen. „Jetzt ist was los im Baskenland“, stimmte die Moderatorin auf die beiden Akte ein. Auch das Publikum wurde aufgefordert, interaktiv tätig zu werden und nachhaltig dem armen Nemorino (ein „Niemand“) unter die Arme zu greifen. Denn dieser Bauernjunge ist unsterblich in die schöne und betuchte Gutsbesitzertochter Adina verliebt. Ein Liebestrank soll es richten, damit die Schöne nicht zum auftrumpfenden Soldaten Belcore abdriftet und ihn auf der
Stelle heiratet. Wechsel der Gefühle von himmelhoch jauchzend bis zu zu Tode betrübt gehören in dieser Oper dazu. Und auch wenn der für gerade einmal für einen Scudo vom Wanderhändler Dulcamara erworbene Liebestrank in Wirklichkeit süffiger Bordeaux ist, erfüllt er letztlich seinen Zweck. Adina bekommt ihren Nemorino und umgekehrt. Das ist so unwahrscheinlich wie ergötzlich mitzuerleben und entwickelt sich mit zunehmender Dauer zu einem Mordsspaß. Es soll eben einfach so sein. Und die Kenner warten auf den Moment der Oper und bekommen ihn. Und das ist die in tiefer Betrübnis gesungene Arie des Nemorino „Una furtiva lacrima“. Bei diesem mit äußerster Brillanz von Jakob Kleinschrot gesungenen „Eine verstohlene Träne“gingen die Herzen auf und lauschten alle, aber auch wirklich jeder und jede auf die mitreißende Solopartie. Und es zeigte sich, dass der Komponist dramaturgisch äußerst geschickt, seine beste Notensetzung ans Ende platziert hatte.
Sänger, Sängerinnen und Streicher sangen sich mit zunehmender Dauer frei. Die Remise wurde kurzerhand in einen Konzertsaal verwandelt. Abschließend wurde aus dem anfangs verheißenen Espresso also mindestens ein genüsslich zu schlürfender Doppio. Wer jetzt meint, etwas verpasst zu haben: am 7. August kann der Liebestrank noch einmal eingenommen werden: 16 Uhr 30 auf dem Rathausplatz Kaarst-Büttgen.