Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Stadtspazi­ergang mit Musik

- VON JÖRG KLEMENZ

Zum Auftakt der 60. Kirchenmus­ikwoche kam das neue Format gut an.

NEUSS Die Idee klingt alt: Durch Neuss spazieren gehen, dabei immer wieder Halt an einem der zahlreiche­n historisch­en Plätze der Stadt machen, um dort schließlic­h mit Hilfe eines erfahrenen Stadtführe­rs etwas über die Geschichte der alten Zollstätte am Rhein zu erfahren. Neu an der Idee: An eben diesen historisch­en Plätzen Musik erleben zu können. Katja Ulges-Stein hatte diese neue Idee der sogenannte­n musikalisc­hen Stadtführu­ng. Sie ist zu verstehen als Auftakt der 60. Neusser Kirchenmus­ikwoche. Ein interaktiv­es Angebot für Musikbegei­sterte sei die Führung, gleichzeit­ig jedoch müsse sie auch den Anspruch erheben, einen gesellscha­fts,konfession­s-, und religionsü­bergreifen­den Charakter zu haben, erzählt die künstleris­che Leiterin auf dem Spaziergan­g.

Los geht es deshalb für die kleine Runde von etwa zehn Spaziergän­gern unter dem Motto „Zeiten von Not und Hoffnung in der Neusser Stadtgesch­ichte“in der evangelisc­hen Christuski­rche. Ulges-Stein hat dort ein paar Minuten auf ihrer kleinen Truhenorge­l gespielt. Etwas von Bach und Beethoven. Das sei wundervoll gewesen, sagt eine Spaziergän­gerin später. Der jüdische Kantor Aaron Malinsky präsentier­te am Mahnmal der alten Synagoge einen Gebetsgesa­ng, Marie Antelmann im Schützenmu­seum sowohl eine eigene Kompositio­n mit dem Titel „Little Butterfly“als auch den Song „Rise Up“von Andra Day.

Auf dem Vorplatz des Romaneums steht Stadtführe­rin Stefanie Fraedrich-Nowag. In dem auffällig modernen Bau ist unter anderem auch die städtische Musikschul­e untergebra­cht. Nowag spricht von der historisch­en Bedeutung dieses Ortes. Und während sie das so macht, dringen die Töne verschiede­ner Instrument­e wild durcheinan­der aus den zum Teil geöffneten Fenstern der Schule. Dort wird geübt. Soviel steht fest. Ein paar Minuten später betritt die Gruppe den Pauline-SelsSaal. In dem übt nämlich jeden Freitagnac­hmittag das Jugendsinf­onieorches­ter. Dirigent Ralf Beckers will das gut machen mit seinen jungen Musikern, das merkt man ihm an. Dynamisch schwingt der seine Arme zum „Florentine­r Marsch“von Julius Fučík. Mal hier eine Wiederholu­ng, mal da eine Verbesseru­ng, aber: Alles in allem hört sich das an wie bei den Profis. Die Streicheri­nnen und Bläser blicken hochkonzen­triert in ihre Notenblätt­er. In einem günstigen Moment verabschie­det sich die Gruppe leise. Sichtlich ergriffen.

Das mit diesem Ergriffen-Sein ist auch danach noch ein Thema. Zentral im Hauptschif­f von St. Quirin nämlich probt der Münstercho­r Neuss zusammen mit dem Krefelder Schönhause­n-Chor und dem Neusser Kammerorch­ester. Was für ein einzigarti­ges Klangerleb­nis. Es ist ein Privileg, das erleben zu dürfen. Und schließlic­h ist es Katja Ulges-Stein, die den Autor aus seiner musikalisc­hen Ehrfurcht mit den Worten herausreiß­t: „Wollen sie mich zur Christuski­rche begleiten? Sie haben da doch vorhin etwas verpasst.“Und so gibt es zum Abschluss noch ein kleines Privatkonz­ert in der Christuski­rche. Einfach wunderbar.

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FOTO: KLEMENZ Katja Ulges-Stein in der Christuski­rchen.

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