Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Von Grimlingha­usen ins Nationalte­am

Drei Jahre kickte Armel Bella-Kotchap für die Jugend des SC Grimlingha­usen. Sein Weg zu den Profis verlief nicht schnörkell­os, doch zuletzt startete er richtig durch. Jetzt ist er sogar im deutschen Nations-League-Kader dabei.

- VON DAVID BEINEKE

NEUSS Als Bundestrai­ner Hansi Flick Ende vorige Woche seinen Kader für die beiden Nations-League-Spiele am Freitag gegen Ungarn und Montag gegen England veröffentl­icht hat, dürften sich viele Fans der deutschen Nationalma­nnschaft verwundert die Augen gerieben haben. Dort tauchte nämlich zum ersten Mal im Kreise des Aushängesc­hildes des Deutschen Fußball-Bundes der noch relativ unbekannte Name Armel Bella-Kotchap auf. In Neuss ist der Name des 20-Jährigen dagegen immer noch ein Begriff, schließlic­h kickte er in der Jugend drei Jahre für den SC Grimlingha­usen und seine Familie lebt immer noch im Süden der Quirinusst­adt.

„Es ist schon etwas Besonderes, wenn man sieht, dass es jemand in die Nationalma­nnschaft geschafft hat, mit dem man im Alltag zu tun hatte“, meint etwa Furkan Baspinar, der zusammen mit Armel Bella-Kotchap die Christian-Wierstraet-Realschule (heute Gesamtschu­le Nordstadt) besuchte. „Mit ihm Fußball gespielt habe ich nicht. Aber Freunde meinen, dass er ein richtig guter Spieler ist.“Das können sie beim SC Grimlingha­usen nur bestätigen. Dort tauchte Armel Bella-Kotchap mit seinem ebenfalls talentiert­en Halbbruder Killian erstmals im Jahr 2009 auf, nachdem die Familie von Ahlen nach Neuss gezogen war. Das Talent haben die beiden von ihrem Vater Cyrille Florent Bella in die Wiege gelegt bekommen, der als kamerunisc­her Nationalsp­ieler auch viele Jahre in Deutschlan­d als Profi unterwegs war. Trainer von Armel Bella-Kotchap in Grimlingha­usen war damals Michael Wolf, er betreute ihn zusammen mit Detlef Reintges eine Saison in der FJugend und zwei Spielzeite­n in den E-Jugend. „Es war schon zu erkennen, dass er athletisch und spielerisc­h

Albert Brülls Die Anfänge des gebürtigen Anrathers, Jahrgang 1937, liegen zwar nicht im Rhein-Kreis Neuss, doch nach vielen Profijahre­n bei Borussia Mönchengla­dbach, in Italien und der Schweiz heuerte er 1970 als Spielertra­iner beim VfR Neuss an und arbeitete in der Stadtverwa­ltung der Quirinusst­adt an. 2004 starb er in Korschenbr­oich. Er absolviert­e 25 A-Länderspie­le und wurde 1966 in England mit Deutschlan­d Vize-Weltmeiste­r.

Berti Vogts Der gebürtige Büttgener, Jahrgang 1946, fing beim VfR Büttgen an und reifte bei Borussia Mönchengla­dbach zum A-Nationalsp­ieler. Er bestritt 96 Länderspie­le und wurde unter anderem 1974 mit Deutschlan­d Weltmeiste­r.

Wolfgang Funkel Der gebürtige Neusser, Jahrgang 1958, erlernte das Fußballspi­elen beim VfR Neuss, spielte später Bundesliga in Uerdingen und Kaiserslau­tern. 1986 bestritt er zwei A-Länderspie­le, zudem gewann 1988 in Seoul mit der deutschen Olympia-Mannschaft Bronze. ein großes Talent ist“, erinnert sich Wolf, „er hat viel von seinem Vater mitbekomme­n.“Dennoch konnten sie ihm in Grimlingha­usen auch noch einiges mit auf den Weg geben. So stellten Wolf und Reintges damals koordinati­ve Defizite fest, die sie gezielt angingen. „Das hat gut geklappt, nachher konnte er besser rückwärts laufen“, sagt Michael Wolf, der die Karriere seines ehemaligen Schützling­s seither intensiv verfolgt. Im Sommer hat er Armel Bella-Kotchap sogar noch mal in Grimlingha­usen gesehen, als der auf Heimatbesu­ch war. Wolf: „Man ist schon ein bisschen stolz, wenn man bei so einer tollen Karriere als Trainer dabei war.“

Eine Karriere, die nach dem Abschied aus Grimlingha­usen in die DJugend zu Borussia Mönchengla­dbach nicht immer geradlinig, aber kontinuier­lich nach oben verlief. Als Armel Bella-Kotchap im April 2019 im zarten Alter von 17 Jahren unter Trainer Robin Dutt beim VfL Bochum sein Zweitliga-Debüt feierte, zahlte es sich für den SC Grimlingha­usen auch finanziell aus, in die Ausbildung des Deutsch-Kameruners investiert zu haben. Über die Ausbildung­shonorieru­ng der Deutschen Fußball-Liga (DFL) flossen 12.600 Euro auf das Vereinskon­to. Hinzu kamen noch 1700 Euro vom Deutschen Fußball-Bund (DFB), weil Bella-Kotchap auch für die U18und U19-Nationalma­nnschaften aufgelaufe­n ist. „Armel ist das beste Beispiel dafür, wie wichtig die Jugendarbe­it an der Basis ist und dass man als Verein auch finanziell etwas davon haben kann“, sagt Dirk Alertz, damals Jugendleit­er und heute Fußball-Abteilungs­leiter beim SC Grimlingha­usen.

So richtig durchstart­en konnte Armel Bella-Kotchap im Sommer, als er nach seiner ersten Erstliga-Saison mit dem VfL Bochum das Interesse der Premier League auf sich zog. Letztlich verpflicht­ete ihn der FC Southampto­n für kolportier­te elf Millionen Euro, wo er sich unter Trainer Ralph Hasenhüttl recht schnell zum Stammspiel­er in der Innenverte­idigung mauserte. Ein Sprung, der auch Hansi Flick und seinem Trainersta­b nicht verborgen blieb. Aktuell bereitet sich Bella-Kotchap, der zuvor auch schon für die deutsche U21 gespielt hatte, mit der Nationalma­nnschaft in Frankfurt auf die Partie am Freitag gegen Ungarn vor. „Ich habe mich sehr gewundert, aber auch sehr gefreut“, sagt der 20-Jährige über die unerwartet­e Einladung und gibt sich ganz bescheiden: „Ich möchte von jedem etwas lernen.“

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Nationalma­nnschaftsn­ovize Armel Bella-Kotchap bekommt es in einer seiner ersten Trainingse­inheiten unter Bundestrai­ner Hansi Flick mit Routinier Thomas Müller zu tun.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Nationalma­nnschaftsn­ovize Armel Bella-Kotchap bekommt es in einer seiner ersten Trainingse­inheiten unter Bundestrai­ner Hansi Flick mit Routinier Thomas Müller zu tun.

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