Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Von Grimlinghausen ins Nationalteam
Drei Jahre kickte Armel Bella-Kotchap für die Jugend des SC Grimlinghausen. Sein Weg zu den Profis verlief nicht schnörkellos, doch zuletzt startete er richtig durch. Jetzt ist er sogar im deutschen Nations-League-Kader dabei.
NEUSS Als Bundestrainer Hansi Flick Ende vorige Woche seinen Kader für die beiden Nations-League-Spiele am Freitag gegen Ungarn und Montag gegen England veröffentlicht hat, dürften sich viele Fans der deutschen Nationalmannschaft verwundert die Augen gerieben haben. Dort tauchte nämlich zum ersten Mal im Kreise des Aushängeschildes des Deutschen Fußball-Bundes der noch relativ unbekannte Name Armel Bella-Kotchap auf. In Neuss ist der Name des 20-Jährigen dagegen immer noch ein Begriff, schließlich kickte er in der Jugend drei Jahre für den SC Grimlinghausen und seine Familie lebt immer noch im Süden der Quirinusstadt.
„Es ist schon etwas Besonderes, wenn man sieht, dass es jemand in die Nationalmannschaft geschafft hat, mit dem man im Alltag zu tun hatte“, meint etwa Furkan Baspinar, der zusammen mit Armel Bella-Kotchap die Christian-Wierstraet-Realschule (heute Gesamtschule Nordstadt) besuchte. „Mit ihm Fußball gespielt habe ich nicht. Aber Freunde meinen, dass er ein richtig guter Spieler ist.“Das können sie beim SC Grimlinghausen nur bestätigen. Dort tauchte Armel Bella-Kotchap mit seinem ebenfalls talentierten Halbbruder Killian erstmals im Jahr 2009 auf, nachdem die Familie von Ahlen nach Neuss gezogen war. Das Talent haben die beiden von ihrem Vater Cyrille Florent Bella in die Wiege gelegt bekommen, der als kamerunischer Nationalspieler auch viele Jahre in Deutschland als Profi unterwegs war. Trainer von Armel Bella-Kotchap in Grimlinghausen war damals Michael Wolf, er betreute ihn zusammen mit Detlef Reintges eine Saison in der FJugend und zwei Spielzeiten in den E-Jugend. „Es war schon zu erkennen, dass er athletisch und spielerisch
Albert Brülls Die Anfänge des gebürtigen Anrathers, Jahrgang 1937, liegen zwar nicht im Rhein-Kreis Neuss, doch nach vielen Profijahren bei Borussia Mönchengladbach, in Italien und der Schweiz heuerte er 1970 als Spielertrainer beim VfR Neuss an und arbeitete in der Stadtverwaltung der Quirinusstadt an. 2004 starb er in Korschenbroich. Er absolvierte 25 A-Länderspiele und wurde 1966 in England mit Deutschland Vize-Weltmeister.
Berti Vogts Der gebürtige Büttgener, Jahrgang 1946, fing beim VfR Büttgen an und reifte bei Borussia Mönchengladbach zum A-Nationalspieler. Er bestritt 96 Länderspiele und wurde unter anderem 1974 mit Deutschland Weltmeister.
Wolfgang Funkel Der gebürtige Neusser, Jahrgang 1958, erlernte das Fußballspielen beim VfR Neuss, spielte später Bundesliga in Uerdingen und Kaiserslautern. 1986 bestritt er zwei A-Länderspiele, zudem gewann 1988 in Seoul mit der deutschen Olympia-Mannschaft Bronze. ein großes Talent ist“, erinnert sich Wolf, „er hat viel von seinem Vater mitbekommen.“Dennoch konnten sie ihm in Grimlinghausen auch noch einiges mit auf den Weg geben. So stellten Wolf und Reintges damals koordinative Defizite fest, die sie gezielt angingen. „Das hat gut geklappt, nachher konnte er besser rückwärts laufen“, sagt Michael Wolf, der die Karriere seines ehemaligen Schützlings seither intensiv verfolgt. Im Sommer hat er Armel Bella-Kotchap sogar noch mal in Grimlinghausen gesehen, als der auf Heimatbesuch war. Wolf: „Man ist schon ein bisschen stolz, wenn man bei so einer tollen Karriere als Trainer dabei war.“
Eine Karriere, die nach dem Abschied aus Grimlinghausen in die DJugend zu Borussia Mönchengladbach nicht immer geradlinig, aber kontinuierlich nach oben verlief. Als Armel Bella-Kotchap im April 2019 im zarten Alter von 17 Jahren unter Trainer Robin Dutt beim VfL Bochum sein Zweitliga-Debüt feierte, zahlte es sich für den SC Grimlinghausen auch finanziell aus, in die Ausbildung des Deutsch-Kameruners investiert zu haben. Über die Ausbildungshonorierung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) flossen 12.600 Euro auf das Vereinskonto. Hinzu kamen noch 1700 Euro vom Deutschen Fußball-Bund (DFB), weil Bella-Kotchap auch für die U18und U19-Nationalmannschaften aufgelaufen ist. „Armel ist das beste Beispiel dafür, wie wichtig die Jugendarbeit an der Basis ist und dass man als Verein auch finanziell etwas davon haben kann“, sagt Dirk Alertz, damals Jugendleiter und heute Fußball-Abteilungsleiter beim SC Grimlinghausen.
So richtig durchstarten konnte Armel Bella-Kotchap im Sommer, als er nach seiner ersten Erstliga-Saison mit dem VfL Bochum das Interesse der Premier League auf sich zog. Letztlich verpflichtete ihn der FC Southampton für kolportierte elf Millionen Euro, wo er sich unter Trainer Ralph Hasenhüttl recht schnell zum Stammspieler in der Innenverteidigung mauserte. Ein Sprung, der auch Hansi Flick und seinem Trainerstab nicht verborgen blieb. Aktuell bereitet sich Bella-Kotchap, der zuvor auch schon für die deutsche U21 gespielt hatte, mit der Nationalmannschaft in Frankfurt auf die Partie am Freitag gegen Ungarn vor. „Ich habe mich sehr gewundert, aber auch sehr gefreut“, sagt der 20-Jährige über die unerwartete Einladung und gibt sich ganz bescheiden: „Ich möchte von jedem etwas lernen.“