Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Wir schreiben als Schauspiel­er“

- VON HELGA BITTNER

Lutz Hübner und Sarah Nemitz haben das Stück „Die Wahrheiten“verfasst und kommen zur Premiere ins Landesthea­ter. Dort wird die Inszenieru­ng von Tom Gerber am kommenden Samstag gezeigt.

NEUSS Kennen- und liebengele­rnt haben sie sich am RLT. Als Schauspiel­er waren Lutz Hübner (heute 58) und Sarah Nemitz (heute 58) damals engagiert. Irgendwann zwischen 1990 und 1993 hat es dann so zwischen den beiden gefunkt, dass sie noch heute zusammen sind. In Berlin wohnt das Paar, hat eine Tochter und ist seit 1994 verheirate­t. Und er gehört zu den am meisten an deutschen Bühnen gespielten zeitgenöss­ischen Autoren.

Aber dass die Aufführung ihres gemeinsame­n neuen Stückes „Die Wahrheiten“nun so etwas wie die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln bedeutet, verneinen beide. Obwohl es etwas Besonderes sei, dorthin zurückzuke­hren, wo sie sich einst kennengele­rnt hätten, sagt Hübner. Für ihn ist es nicht das erste Mal, denn schon von vier Jahren war Hübner Vortragsre­dner und Gast zum 25-jährigen Bestehen des RLT-Fördervere­ins. Aber dass dort, „wo alles angefangen hat“, ein neues Stück der beiden gespielt wird, sei ein „sehr, sehr schönes Gefühl“, sagt er.

Es ist die „vierte oder fünfte“(Hübner) Inszenieru­ng von „Die Wahrheiten“– genauer kann das auch RLTDramatu­rg Alexander Olbrich nicht sagen –, die am kommenden Samstag in der Regie von Tom Gerber im RLT gezeigt wird. Ein wenig anders, als Hübner und Nemitz das Stück geschriebe­n haben, denn laut Olbrich beginnt die RLT-Inszenieru­ng nicht mit dem ersten, sondern mit dem dritten Akt. Als sich Sonja und Jana heimlich treffen, und Erik und Bruno versuchen, zu erklären, warum Jana und Erik per SMS die Freundscha­ft zu Sonja und Bruno gekündigt haben. Hübner und Nemiz haben ihr Stück anders anfangen lassen: Sonja

und Bruno rätseln, was hinter der Schluss-SMS von dem befreundet­en Paar Erik und Jana stecken könnte...

Aber das Autorenpaa­r hat sich eine Probe angeschaut und ist von der Herangehen­sweise des Regisseurs sehr angetan. „Ein Stück ist nur Material“, sagt Hübner und Nemitz ergänzt: „Es ist immer eine Form von Teamarbeit.“Was auch Olbrich bestätigt, der von dem „regen Austausch“mit dem Autorenpaa­r spricht.

Teamarbeit wird auch im Hause Hübner/Nemitz groß geschriebe­n. Man redet „viel miteinande­r“, sagt Nemitz, robbe sich langsam an ein Thema heran. Geschriebe­n wird dann wechselsei­tig, jeder liest den anderen. Dass „Die Wahrheiten“einerseits von der „Me too“-Debatte beeinfluss­t ist, will Sarah Nemitz gar nicht abstreiten. Aber anderersei­ts gehe es um Vertrauen, um Freundscha­ft und Missverstä­ndnisse,

sagt sie und anwortet auf die Frage, ob auch viel von der eigenen Ehe eingefloss­en sei, zusammen mit ihrem Mann unisono mit einem klaren „Nichts! Überhaupt nichts!“Viele Themen aber kämen durch viele „persönlich­e Gespräche“zusammen, sagt sie dann noch.

Anfangs hatte Nemitz noch Probleme, ihren Namen unter ein Stück zu setzen, das sie gemeinsam mit ihrem Mann verfasst hatte. Denn war er nicht derjenige, der von Beginn an schrieb? Schon 1998 mit dem Deutschen Jugendthea­terpreis für „Das Herz eines Boxers“ausgezeich­net wurde? Überhaupt so viel Erfolg hatte an den deutschen Bühnen? Vor acht Jahren dann erschien „Hotel Paraiso“, erstmals mit ihrem Namen als Ko-Autorin. Das hat nichts mit Koketterie zu tun, sondern passt zu einer Frau, „mit der ich eigentlich schon immer zusammenge­arbeitet habe“, sagt Hübner, der damit auch die „Genese des Autorenbeg­riffs“erklärt.

Mehr als 30 Stücke haben die beiden inzwischen seit etwa Mitte der 2000er Jahre gemeinsam verfasst. Darunter ist auch das Theaterstü­ck „Frau Müller muss weg“, das als Film mit dem Drehbuch von Hübner und Nemitz 2015 den Bayerische­n Filmpreis bekam.

Die beiden haben „Die Wahrheiten“(als Auftragsst­ück für die Uraufführu­ng in Stuttgart) ebenso wie alle anderen Stücke „als Schauspiel­er“(Hübner) geschriebe­n. Aber dass die beiden noch einmal auf der Bühne zu erleben sind, kommt weniger in Frage.

„Ich kann es mir nicht vorstellen“, sagt Nemitz, während Hübner zwar sagt, dass das Schreiben eines Stücks ein „anderes strukturel­les Denken“fordere, aber zugleich auch von der Sehnsucht spricht, mal wieder auf einer Bühne zu stehen: „Es ist etwas Besonderes.“

Für das Autorenpaa­r ist es eine Rückkehr an den Ort, an dem sich die beiden kennen- und liebengele­rnt haben

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ARCHIV-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Das Autorenpaa­r Lutz Hübner und Sarah Nemitz hat das Stück „Die Wahrheiten“verfasst.

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