Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Corona setzt Kulturangeboten noch zu
Alles ist wieder erlaubt, Einschränkungen gibt es nicht mehr. Dennoch sind viele Kabarett-, Comedy- und JazzcaféVeranstaltungen schlecht besucht. Die Leiterin des Kulturamts hofft, dass sich die Menschen wieder einen Ruck geben.
KORSCHENBROICH Keine 50 Besucher beim Comedy-Abend mit Ingo Oschmann vor einigen Tagen, nur knapp 30 Besucher bei „Kunst gegen Bares“kurz darauf. Viele der Kulturveranstaltungen in der Stadt laufen nur schleppend an. Es ist ein ernüchterndes Bild, wenn nur wenige Zuschauer Tickets gekauft haben. Denn immerhin 300 Plätze hat beispielsweise das Forum der städtischen Realschule in Kleinenbroich, wo die Comedy-Veranstaltungen stattfinden. Etliche Events, die die Stadt regelmäßig anbietet, sind aktuell extrem schlecht besucht. Das bestätigt auch Michaele Messmann, Leiterin des Kulturamts der Stadt.
Sie sei geradezu geschockt gewesen über den geringen Zulauf bei den jüngsten Terminen. Aber sie bleibt optimistisch: „Wir sind überzeugt, es muss trotzdem etwas stattfinden, damit die Menschen wissen: Es gibt wieder Kultur.“Sie gehe davon aus, dass sich viele Leute aus Angst vor Corona immer noch scheuen, zu Veranstaltungen zu gehen. „Es muss aber etwas angeboten werden. Nur so kann sich die Nachfrage auch wieder steigern“, sagt Messmann. „Die Leute sollen merken, dass wieder etwas los ist.“
Das sieht auch Lennard Rosar so. Der gebürtige Korschenbroicher hatte den Abend „Kunst gegen Bares“moderiert und war auch enttäuscht, dass es im Vergleich zu VorCorona-Zeiten einen Rückgang der Besucherzahlen von mehr als 90 Prozent gab. Ihn motiviere das aber: „Ich bin den wenigen Besuchern dankbar, dass sie da sind, und engagiere mich besonders, ihnen die bestmögliche Show zu bieten.“
Erklären können sich weder Rosar noch Messmann, warum Großkonzerte
wie mit den Toten Hosen oder anderen bekannten Stars ausverkauft, Festivals sowie Festzelte bei Schützenfesten brechend voll sind, dagegen lokale Kulturangebote nur verhalten angenommen werden. „Vielleicht liegt es daran, dass wir ein Publikum haben, das etwas älter ist. Möglich, dass sich die Menschen erst wieder daran gewöhnen müssen, in Zuschauermengen zu sitzen“, so Messmann. Sie hofft darauf, dass einige Menschen sich erst wieder einen Ruck geben müssen, Tickets für Kulturangebote zu reservieren.
Für die Künstler sei es geradezu traurig, wenn nur wenige Besucher im Publikum sind. „Aber die spielen dennoch ganz begeistert und freuen sich auch mit den wenigen Besuchern. Die wollen auftreten, das ist spürbar“, sagt sie.
Und einige Veranstaltungen seien ja auch recht gut besucht, sagt Messmann. Wie beispielsweise erst jüngst das Kabarett mit Simone Solga mit etwa 200 Besuchern, aber auch der Kultursalon mit einer eher anspruchsvollen Thematik wie der besonderen Freundschaft von Hannah Arendt und Karl Jaspers.
„Dass wir die 500 bei Veranstaltungen schnell wieder erreichen, glaube ich aber nicht.“Noch plane das Kulturamt keine Streichung von Kulturveranstaltungen wegen des zurückgehenden Ticketverkaufs, so die Leiterin des Kulturamts. „Diese Frage stellen wir uns im Moment noch nicht“, sagt Messmann. „Bis Ende des Jahres werden wir das beobachten und hoffen, dass im Winter nicht wieder die Corona-Zahlen steigen werden.“
Sollten die Kulturveranstaltungen allerdings zu einem starken Zuschussgeschäft werden, werde jedoch sicherlich die Frage aufkommen, Termine zu streichen, räumt Messmann ein. Anfang des Jahres, als die Corona-Bestimmungen noch deutlich strenger waren, hatten etliche Veranstaltungen wegen zu geringer Ticketverkäufe verschoben werden müssen. „Gemeinsam mit den Agenturen haben wir überlegt, wie wir verfahren“, so Messmann. Viele Auftritte wurden einfach verschoben. Wenn aktuell nur wenige Karten verkauft werden, „sagen wir aber nicht ab“, sagt Messmann.
Abonnements wurden so gut wie gar nicht verkauft in diesem Jahr, sagt Messmann. Das war vor Corona ganz anders. „Da haben wir teilweise so viele Abos verkauft, dass wir deren Verkauf sogar stoppen mussten, um noch Einzeltickets anbieten zu können.“Diese Zeiten wünscht sich Lennard Rosar wieder zurück: „Ich hoffe, dass sich die Menschen wieder mitreißen lassen, kulturelle Angebote in der Stadt zu nutzen.“Schon als Jugendlicher sei er begeistert gewesen, welche kulturelle Vielfalt angeboten wird. Das dürfe nicht einschlafen, mahnt Rosar und fragt: „Was wäre diese Stadt ohne Kultur?“