Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
TV Jahn muss sein Hallenbad schließen
Fast 25 Jahre nach der Übernahme zieht der Kapellener Turnverein die Reißleine: Wegen der hohen Energiekosten wird er das Hallenbad in Neukirchen zum Jahresende schließen. Ob noch Rettung in letzter Minute kommt, ist fraglich.
NEUKIRCHEN Nein, der Entschluss sei nicht leicht gefallen. Ganz im Gegenteil: „Wir haben die Entscheidung schweren Herzens getroffen“, sagt Klaus Calvis, Präsident des TV Jahn Kapellen. „Aber einen anderen Ausweg als die Schließung sehen wir nicht.“Ende des Jahres – das steht für das Präsidium des 1906 gegründeten Turnvereins nun fest – wird das Hallenbad an der Viehstraße aufgegeben. Es soll dann vertragsgemäß wieder in die Hände der Stadtverwaltung zurückkehren. Ob die allerdings an einem Weiterbetrieb des Bades unter eigener Regie interessiert sein dürfte, ist fraglich.
Grund für die Schließung sind die Energiekosten, die in absehbarer Zeit eklatant steigen werden. Aktuell bezieht der TV Jahn das Gas für sein Hallenbad noch zu einem relativ günstigen Preis. „Doch zum Ende des Jahres läuft der Vertrag
„Heute kostet uns das Gas rund 40.000 Euro. Künftig müssten wir das Vierfache aufbringen“Klaus Calvis Vereinspräsident
mit unserem Versorger aus“, schildert Klaus Calvis. „Heute zahlen wir 40.000 Euro für das Gas, künftig müssten wir das Vierfache des jetzigen Preises aufbringen – also rund 160.000 Euro.“Der Verein habe sich zwar rechtzeitig um alternative Angebote gekümmert – doch: „Leider ist da nichts zu machen“, bedauert der Vereinschef.
Der Vertrag mit dem Stromlieferanten läuft zwar noch bis Mitte des kommenden Jahres, doch auch in diesem Bereich sei mit enormen Preissteigerungen zu rechnen – „die kämen dann noch oben drauf“, sagt Calvis. Vor diesem Hintergrund sei der Verein nicht mehr in der Lage, das Bad weiter zu betreiben. „Ende Dezember wird es geschlossen“, so schwer das auch fällt“, meint der Präsident. Am Dienstag wurde dem Personal – vier Minijobber, die sich um Reinigung und Technik kümmern – fristgerecht gekündigt. Auch die im Bad tätigen Übungsleiter wurden informiert.
Schon seit Jahren unterstützt die Stadt den TV Jahn mit einem Energiekostenzuschuss, der nach der Eröffnung des Schlossbades in der Innenstadt gestrichen werden sollte. Dass es so weit nicht kam, wie es die Haushaltssanierung vorsah, lag an den erfolgreichen Bemühungen des Vereins um die Schwimmförderung von Kindern. 2018 genehmigte der Rat daher eine weitere Finanzspritze von jährlich 60.000 Euro – allerdings befristet auf fünf Jahre. 2023 wird dieses Programm auslaufen, auch das hat der Verein mit in seine Kalkulation einbezogen.
Nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hat der Betrieb an der Viehstraße in Neukirchen
wieder stark angezogen. „Was bei uns sehr gut läuft, sind die Schwimmkurse für Kinder, die sich einer sehr großen Beliebtheit erfreuen“, schildert Klaus Calvis. Mittlerweile gebe es lange Wartelisten, weil viele Eltern händeringend nach Anbietern suchen würden, die ihrem Nachwuchs das Schwimmen beibringen. Aber auch die übrigen Bad-Zeiten seien gut belegt – dank der Kurse externer Anbieter wie dem Kreissportbund oder der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft.
Ob das Bad sozusagen in letzter Minute noch gerettet werden kann, ist unklar. „Wir befinden uns in einer verzwickten Lage“, sagt Bürgermeister Klaus Krützen, der in Gesprächen mit den Verantwortlichen des TV Jahn Kapellen steht. Letztendlich müsse die Politik darüber entscheiden, ob sie bereit sei, das Bad künftig mit noch höheren Zuschüssen zu unterstützen. „Das ist eine RiesenHerausforderung für die im Herbst beginnenden Haushaltsberatungen“, meint der Verwaltungschef. Denn nicht nur das Hallenbad habe mit steigenden Energiepreisen zu kämpfen, sondern zum Beispiel auch Schulen und Kitas – was unterm Strich „drei bis vier Millionen Euro“zusätzlich pro Jahr ausmache.
Grevenbroich verfolge das Ziel, schon 2023 aus der Haushaltssicherung zu gelangen. Die Stadtverwaltung habe ihren Beitrag dazu geleistet und intern mehr als drei Millionen Euro eingespart. „In diesem Bereich ist nichts mehr zu holen“, sagt Krützen. Und er macht deutlich: Wer ein Bekenntnis zum Erhalt des Hallenbades abgebe, müsse gleichzeitig auch die Gegenfinanzierung sicherstellen.