Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kein neues Gutachten für Silbersee-Areal
Der Rhein-Kreis Neuss sieht nicht die Notwendigkeit, auf der Grundlage zweier widersprüchlicher Gutachten die Gefährdungssituation auf dem schadstoffbelasteten Silbersee-Gelände erneut zu überprüfen.
DORMAGEN Wie reagieren Stadt und Politik in Dormagen? Das ist die spannende Frage, die sich aller Voraussicht nach im Anschluss an die Sitzung des Kreisausschusses am Mittwoch, 21. September, stellen wird. Denn dort wird der RheinKreis als zuständige Behörde den Ausschussmitgliedern mitteilen, dass eine „grundlegende Überarbeitung der Gefährdungsabschätzung und der darauf basierenden Gutachten“aus ihrer Sicht „nicht erforderlich“sei. Im weiteren Verfahren seien aber auch „andere Sanierungsverfahren“möglich. Für die Stadt entsteht eine schwierige Situation: Sie beabsichtigt (eigentlich), das Silbersee-Areal von RWE Power zu kaufen, um dort ein großes Gewerbegebiet zu entwickeln. Der von ihr beauftragte Gutachter rät jedoch aufgrund der starken Verseuchung und die unklare Sanierung mit möglichen immensen Kosten davon ab.
Auf dem Gelände gibt es zwei stark belastete Bereiche: Zum einen der ehemalige Produktionsstandort der Zinkhütte, zum anderen die ehemaligen Sickergruben, wo die Schadstoffe bereits tief ins Grundwasser eingedrungen sind. Aktuell stehen sich zwei gutachterliche Einschätzungen gegenüber. Hier die drei Gutachten des von der Grundstückseigentümerin beauftragten Geotechnischen Büros Düllmann (Gefährdungsabschätzung, Sanierungsuntersuchung, Rahmensanierungsplan), dort die überaus kritische Stellungnahme der Geologen Altenbockum&Partner zu diesem Rahmensanierungsplan (Validierung) sowie die Antwort von Düllmann dazu.
Der Rhein-Kreis weist im Vorfeld der Sitzung darauf hin, dass die Ausführungen der Sanierungsuntersuchung „intern und mit den Dezernaten der Bezirksregieurng“beraten worden sind. „Im Ergebnis waren alle Beteiligten mit dem vorgeschlagenen Sanierungsverfahren einverstanden“, heißt es. Die geplante Oberflächenabdichtung sei eine „häufig praktizierte, geeignete und verhältnismäßige Sanierungsmaßnahme“. Demgegenüber steht die Validierung des „RWE-Gutachtens“durch das Haaner Büro, die der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Dries als „Veriss“bezeichnete.“Das Erstgutachten sei letztlich nicht zu gebrauchen. Die Geologen raten der Stadt von einem Grunderwerb ab, wenn die Belastungen lediglich durch eine Abdeckung neutralisiert werden, aber letztlich vor Ort erhalten bleibe.
Die Untere Bodenschutzbehörde des Kreises spricht gleichwohl von einem geeigneten Verwaltungsakt, der vorliege und dass man „keine Handhabe habe, ein grundsätzlich anderes Sanierungsverfahren zu fordern“. Diese sehe auch die Bezirksregierung so. Es werde aber „ausdrücklich der Weg eröffnet“, im Rahmen der auf den Rahmensanierungsplan folgenden Teilsanierungsplänen“auch anders vorzugehen, zum Beispiel mit Teilauskofferungen.
Und jetzt? Das Büro Altenbockum & Partner (Haan) gibt der Stadt einen klaren Leitfaden an die Hand: Alternativ sei eine Freistellung von zukünftigen Altlastenrisiken mit der RWE Power vertraglich zu vereinbaren. Dass potenzielle Investoren nicht mit Folgen und Kosten belastet werden dürften, versteht sich von selbst. Die stark engagierte Bürgerinitiative (BI) Elvekum ist skeptisch: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass RWE sich auf solche Vereinbarungen einlassen wird“, sagt Sprecherin Dorothee Helten. „Warum auch, die wollen ja die Flächen los werden eben wegen dem Altlastenrisiko, der damit verbundenen Kosten und Unwägbarkeiten und dem damit verbundenen Haftungsrisiko. Altlasten sind auch ein nicht unerheblicher negativer Faktor in den Bilanzen.“
Kritik richtet die BI auch an den Rhein-Kreis: „Der lässt die Stadt Dormagen ganz schön auflaufen und alleine mit ihrer Validierung und den daraus resultierenden Unwägbarkeiten, deren Risiko alleine die Stadt trägt.“Der RWE-Gutachter habe gesagt, dass die Sanierungszone 1A sich sinnvoll nur durch eine Bebauung sanieren lasse, die Sanierungszone 1B/2B sei mit verhältnismäßigen Mitteln nicht sanierbar. BI-Sprecherin Helten sagt: „Die Sanierungszone 1A ist die Fläche, die für Logistiker DHL vorgesehen ist. Die Sanierungszonen 1B/2B sind die Flächen, die Dormagen überlassen werden.“
Die Bürgerinitiative Elvekum schlussfolgert daraus: „Das ist die einfachste Lösung, keine Sanierung, alles bleibt im Boden und Grundwasser, höchst möglicher Profit für alle Beteiligten, Haftungsrisiko, Folgekosten und Altlasten bleiben beim Steuerzahler und belasten die nächsten Generationen nachhaltig“, sagt Sprecherin Dorothee Helten.