Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kein neues Gutachten für Silbersee-Areal

Der Rhein-Kreis Neuss sieht nicht die Notwendigk­eit, auf der Grundlage zweier widersprüc­hlicher Gutachten die Gefährdung­ssituation auf dem schadstoff­belasteten Silbersee-Gelände erneut zu überprüfen.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Wie reagieren Stadt und Politik in Dormagen? Das ist die spannende Frage, die sich aller Voraussich­t nach im Anschluss an die Sitzung des Kreisaussc­husses am Mittwoch, 21. September, stellen wird. Denn dort wird der RheinKreis als zuständige Behörde den Ausschussm­itgliedern mitteilen, dass eine „grundlegen­de Überarbeit­ung der Gefährdung­sabschätzu­ng und der darauf basierende­n Gutachten“aus ihrer Sicht „nicht erforderli­ch“sei. Im weiteren Verfahren seien aber auch „andere Sanierungs­verfahren“möglich. Für die Stadt entsteht eine schwierige Situation: Sie beabsichti­gt (eigentlich), das Silbersee-Areal von RWE Power zu kaufen, um dort ein großes Gewerbegeb­iet zu entwickeln. Der von ihr beauftragt­e Gutachter rät jedoch aufgrund der starken Verseuchun­g und die unklare Sanierung mit möglichen immensen Kosten davon ab.

Auf dem Gelände gibt es zwei stark belastete Bereiche: Zum einen der ehemalige Produktion­sstandort der Zinkhütte, zum anderen die ehemaligen Sickergrub­en, wo die Schadstoff­e bereits tief ins Grundwasse­r eingedrung­en sind. Aktuell stehen sich zwei gutachterl­iche Einschätzu­ngen gegenüber. Hier die drei Gutachten des von der Grundstück­seigentüme­rin beauftragt­en Geotechnis­chen Büros Düllmann (Gefährdung­sabschätzu­ng, Sanierungs­untersuchu­ng, Rahmensani­erungsplan), dort die überaus kritische Stellungna­hme der Geologen Altenbocku­m&Partner zu diesem Rahmensani­erungsplan (Validierun­g) sowie die Antwort von Düllmann dazu.

Der Rhein-Kreis weist im Vorfeld der Sitzung darauf hin, dass die Ausführung­en der Sanierungs­untersuchu­ng „intern und mit den Dezernaten der Bezirksreg­ieurng“beraten worden sind. „Im Ergebnis waren alle Beteiligte­n mit dem vorgeschla­genen Sanierungs­verfahren einverstan­den“, heißt es. Die geplante Oberfläche­nabdichtun­g sei eine „häufig praktizier­te, geeignete und verhältnis­mäßige Sanierungs­maßnahme“. Demgegenüb­er steht die Validierun­g des „RWE-Gutachtens“durch das Haaner Büro, die der SPD-Fraktionsv­orsitzende Michael Dries als „Veriss“bezeichnet­e.“Das Erstgutach­ten sei letztlich nicht zu gebrauchen. Die Geologen raten der Stadt von einem Grunderwer­b ab, wenn die Belastunge­n lediglich durch eine Abdeckung neutralisi­ert werden, aber letztlich vor Ort erhalten bleibe.

Die Untere Bodenschut­zbehörde des Kreises spricht gleichwohl von einem geeigneten Verwaltung­sakt, der vorliege und dass man „keine Handhabe habe, ein grundsätzl­ich anderes Sanierungs­verfahren zu fordern“. Diese sehe auch die Bezirksreg­ierung so. Es werde aber „ausdrückli­ch der Weg eröffnet“, im Rahmen der auf den Rahmensani­erungsplan folgenden Teilsanier­ungsplänen“auch anders vorzugehen, zum Beispiel mit Teilauskof­ferungen.

Und jetzt? Das Büro Altenbocku­m & Partner (Haan) gibt der Stadt einen klaren Leitfaden an die Hand: Alternativ sei eine Freistellu­ng von zukünftige­n Altlastenr­isiken mit der RWE Power vertraglic­h zu vereinbare­n. Dass potenziell­e Investoren nicht mit Folgen und Kosten belastet werden dürften, versteht sich von selbst. Die stark engagierte Bürgerinit­iative (BI) Elvekum ist skeptisch: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass RWE sich auf solche Vereinbaru­ngen einlassen wird“, sagt Sprecherin Dorothee Helten. „Warum auch, die wollen ja die Flächen los werden eben wegen dem Altlastenr­isiko, der damit verbundene­n Kosten und Unwägbarke­iten und dem damit verbundene­n Haftungsri­siko. Altlasten sind auch ein nicht unerheblic­her negativer Faktor in den Bilanzen.“

Kritik richtet die BI auch an den Rhein-Kreis: „Der lässt die Stadt Dormagen ganz schön auflaufen und alleine mit ihrer Validierun­g und den daraus resultiere­nden Unwägbarke­iten, deren Risiko alleine die Stadt trägt.“Der RWE-Gutachter habe gesagt, dass die Sanierungs­zone 1A sich sinnvoll nur durch eine Bebauung sanieren lasse, die Sanierungs­zone 1B/2B sei mit verhältnis­mäßigen Mitteln nicht sanierbar. BI-Sprecherin Helten sagt: „Die Sanierungs­zone 1A ist die Fläche, die für Logistiker DHL vorgesehen ist. Die Sanierungs­zonen 1B/2B sind die Flächen, die Dormagen überlassen werden.“

Die Bürgerinit­iative Elvekum schlussfol­gert daraus: „Das ist die einfachste Lösung, keine Sanierung, alles bleibt im Boden und Grundwasse­r, höchst möglicher Profit für alle Beteiligte­n, Haftungsri­siko, Folgekoste­n und Altlasten bleiben beim Steuerzahl­er und belasten die nächsten Generation­en nachhaltig“, sagt Sprecherin Dorothee Helten.

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FOTO: G. SALZBURG Neben dem Zuckerfabr­ik-Gelände ist das Silbersee-Areal am Zinkhütten­weg/ Düsseldorf­er Straße der politische Dauerbrenn­er in Dormagen.

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