Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Kultur hat in Neuss ein Zuhause
Auf den Straßen und Plätzen waren in der Kulturnacht viele Wissbegierige unterwegs. Sie erfuhren auch von den Kümmernissen der Kulturschaffenden.
NEUSS Wenn in der Stadt 26 Kulturbrennpunkte mit mehr als 100 Veranstaltungen ihre Pforten öffnen, dann ist das ein Ausrufezeichen mit unüberhörbaren Botschaften. Sehr her, so könnte eine Aussage lauten, das alles habt Ihr vor Eurer Haustür. Ihr seid nicht allein, wir sind bei Euch, so lautet ein anderer Trost. Die künstlerische Szene in der Stadt bietet doch ein Riesenangebot, so war überall zu hören. Und der Zusatz durfte selten fehlen: „Wir zeigen uns heute öffentlich, doch wir sind immer da. Nutzt unsere Vielfalt auch im Alltag!“
Das Angebot reichte am Samstag alphabetisch vom „AlpiNEum Neuss“bis zur Volkshochschule Neuss im „RomaNEum“und umfasste den Botanischen Garten ebenso wie das Clemens-Sels-Museum, griff sogar bis zum Kulturraum Hombroich und bedachte Theater, Musikschule, das Quirinus-Münster, Stadtarchiv und Stadtbibliothek. „Genießen Sie diesen Kulturgenuss mit seinem Flair“: Das gab Bürgermeister Breuer mit auf den Weg. Und so sah man in den Straßen und auf den Plätzen eine große Menge Wissbegieriger, die der reichhaltigen Kulturstadt auf der Spur waren.
Sie wurden nicht nur mit Exponaten belohnt, sondern erfuhren auch eine Menge Kümmernisse der Kulturschaffenden. Bei allem Glanz und sämtlichen wohlgeordneten Kunstbeständen: So richtig im Lot sind die Verhältnisse für die Kreativen in der Stadt derzeit nämlich nicht. Corona lässt immer noch grüßen... Und wie soll geheizt werden? Und gleich nebenan ist Krieg. Zwei Beispiele stehen als pars pro toto: der Botanische Garten und das Clemens-Sels-Museum.
Fröhlich empfängt uns Antje Loh im Botanischen Garten: „Gärtnern verbindet.“Unter dem entrollten
„Urban Gardening“als beschriebenem Plakat ergänzt Ralf Resch – der sich ebenso dem großen Garten verschrieben hat –, was angestoßen werden soll: „Gemeinsam gärtnern, gesundes Gemüse anbauen, voneinander lernen und Inspirationen erleben.“ Das ist eine ganze Menge, wenn zusätzlich angemerkt wird, wie „diese Gärtner aus Liebe“ihr Tun auch als ein gutes Beispiel für die Landesgartenschau 2026 ansehen.
Für träumerische Klangreisen sorgte die Band „Kamengold“, und zu später Stunde anlässlich von „nachtgrün“ließen Schauspieler des Rheinischen Landestheaters auf dem Schlauchboot literarisch den großen Teich erstrahlen. „nachtgrün“, so erfreute sich Marcus Gerresheim, künstlerischer Leiter des herausgeputzten Botanischen Gartens, „erhellt das dunkle Einheitsgrau.“Der Bürger sehe, so betonte Christine Vogel, „wieviel Grün und Kultur er als sozialen Klebstoff vor der Haustür findet“. Sie ist selbst voll engagiert mit Rat und Tat. Im ClemensSels-Museum dominierte Kultur pur.
Nach dem zerstörerischen Wassereinbruch im Mai ist man hier zum ersten Mal wieder am Start. Ein bunter Reigen war aufgeboten, wobei ein Großteil als gerettetes Inventar posierte. Die große Resonanz des Publikums spreche doch für sich, sagte Direktorin Uta Husmeier-Schirlitz – zu den Klängen von „Coffee Jazz“. Kunst wird hier auf die lockere, aber auch nachhaltige Art vermittelt.
Und genau diese Haltung war fast an allen Ecken und Enden zu erleben. Die Kultur hat in Neuss ein Zuhause, so waren die Botschaften zu verstehen. Stellenweise sind die Ausstellungsgebäude und Institutionen jedoch gefährdet – was auch nicht verschwiegen wurde. Und so lautete eine Frage der bezaubernden bunten und klingenden Nacht: Was ist die Kultur der Stadt wert?