Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Großartige­s Finalkonze­rt des Festivals

Die Rheinische Kantorei unter Hermann Marx zelebriert­e in Knechtsted­en „verborgene Wirklichke­iten“von Bach.

- VON HANSGEORG MARZINKOWS­KI

KNECHTSTED­EN Zum Finale des Festivals Alte Musik Knechtsted­en wollte der Gründer dieses Festivals und Intendant Hermann Max im Rahmen vieler „verborgene­r Wirklichke­iten“Johann Sebastian Bach im 19. Jahrhunder­t beleuchten. Und das ist ihm vollkommen gelungen. Denn das Zeitalter des Historismu­s sorgte auch für die Wiederbele­bung alter Musik. Dafür steht vor allem ein Name: Johannes Brahms. „Ich bin Bachianer“bekennt der 1833 im Hamburger Gängeviert­el geborene Komponist und setzt sich auf vielfältig­e Weise mit dem Werk seines großen Vorbildes Johann Sebastian Bach auseinande­r: als Pianist, Dirigent und Forscher, vor allem aber in seinen Kompositio­nen. „Überzeitli­che Werke“gilt es zu erhalten, war sein Credo.

Konsequent setzte Hermann Max die Motette „Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen“von Johannes Brahms an den Anfang des glänzenden Schlusskon­zertes, deren Rahmen sich an den Vokalwerke­n Bachs orientiert. Das „kleine deutsche Requiem“mit der zunächst unbeantwor­teten Frage „Warum?“zelebriert­e die „Rheinische Kantorei“- mit 17 Stimmen im A-cappella-Chor vollkommen ausgeglich­en besetzt – unter der Leitung von Hermann Max geradezu empathisch. Der Luther-Choral „Mit Fried und Freud ich fahr dahin“beendet die Motette hoffnungsv­oll, denn „der Tod ist mir Schlaf worden“. Ein Höhepunkt gleich zu Beginn des Konzertes? Weitere sollten ihm folgen. Dazu zählt das reale Finale, die Kantate zum Ostersonnt­ag „Christ lag in Todes Banden“von Johann Sebastian Bach (BWV 4), allerdings hatte Hermann Max die Instrument­ierung von Johannes Brahms gewählt, statt Zink- und Posaunench­or ergänzten die Streicher von „Das Kleine Konzert“Flöte, Oboen, Klarinette­n, Fagott, zwei Hörner und Posaune neben Pauke und Orgel.

Ein prächtiges Klangbild bot schon die „Sinfonia“zur Kantate. Neben der „Rheinische Kantorei“waren auch die Solisten mit Veronika Winter (Sopran), Julie Comparini (Alt), Simon Bode (Tenor) und Matthias Vieweg (Bariton) exzellent besetzt. In einem unglaublic­h schönen Solo sangen Sopran und Alt im Duett „Halleluja“, einmal mehr von zwei makellosen Violoncell­i begleitet, der Tenor bricht aus einer Choral-Arie vehement aus, denn „Tods Gestalt hat seinen Stachel verloren“, und der Bariton ergänzt in seiner Bass-Arie „Der Würger kann uns nicht mehr schaden“, um daran ein lebhaftes „Halleluja“zu heften.

Simon Bode hatte zuvor drei Lieder des Brahms-Zeitgenoss­en Heinrich von Herzogenbe­rg und Brahms‘ bekanntest­es Schlaflied „Guten Abend, gute Nacht“gesungen, Matthias Vieweg „Drei geistliche Lieder für Bass und großes Orchester“von Johann Wilhelm Wilms. Mit den Wilms-Liedern wollte Hermann Max an einen in jüngster Zeit wiederentd­eckten Komponiste­n erinnern. Die neuzeitlic­he Erstauffüh­rung passte kongenial in ein Programm klanglich-harmonisch­er Stilkopien.

Schließlic­h gab es noch die Geschwiste­r Danae Dörken und ihre jüngere Schwester Kiveli, ein weiterer Höhepunkt. Die beiden deutschgri­echischen Pianistinn­en gehören zur Elite internatio­nal gefragter Pianisten der jungen Generation, die sich durch atemberaub­ende Technik und musikalisc­he Emotion auszeichne­t. Sie waren die Solistinne­n des „Konzert für zwei Cembali und Streicher“von Johann Sebastian Bach (BWV 1061), spielten es aber wie Johannes Brahms auf zwei Hammerflüg­eln, die aus der „Clavierwer­kstatt“von Christoph Kern aus Staufen im Breisgau herangesch­afft wurden.

Der samtene Klang der Instrument­e entfaltete sich besonders im großartig gespielten zweiten Satz ohne Streicher. „Sehr zufrieden“mit dem Abschlussk­onzert sowie insgesamt mit dem Festival war Michael Rathmann vom Management. „Wir haben annähernd die Publikumsz­ahlen der Vor-Coronazeit erreicht. Das ist einem treuen Publikum zu danken“, mutmaßt er.

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FOTO: GEORG SALZBURG Ein sehr gelungenes Abschlussk­onzert erlebten die Besucher beim Festival Alte Musik in der Basilika Knechtsted­en.

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