Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die eigene Parzelle ist begehrter denn je

Seit 75 Jahren gibt es den Kleingärtn­erverein Korschenbr­oich. Wer dort eine eigene Laube pachten möchte, muss erst einmal auf eine Warteliste. Wie sich das Image der Kleingärtn­er gewandelt hat und worauf heute viel Wert gelegt wird.

- VON FRIEDHELM RUF

KORSCHENBR­OICH „Der Garten ist ein Luxus unserer Tage“, sagte Birgit Ferch. Ein Garten fordere Zeit und Aufmerksam­keit, aber er biete auch Erholung und Feste. Zum Feiern hatte der Kleingärtn­erverein Korschenbr­oich nun Gelegenhei­t, denn es galt, das 75-jährige Bestehen zu begehen. Birgit Ferch ist seit 2016 Vorsitzend­e des Vereins, der sich den klassische­n Werten des Kleingarte­nwesens verpflicht­et fühlt. Dabei gehe vor allem um das soziale Erlebnis, gemeinsam mit anderen Gartenfreu­den.

Standen bei der Gründung im Jahr 1947 noch Versorgung­sfragen im Mittelpunk­t, geht es heute vor allem um Nachhaltig­keit und umweltgere­chte Gartenarbe­it. Birgit Ferch erinnerte an die ersten Jahre, als schon bei der Gründungsv­ersammlung 70 Kleingärtn­er mitmachen wollten. Damals folgte der neue Verein einem Erlass des Landes NRW, wonach keine Parzelle im Kleingarte­n mehr als 400 Quadratmet­er haben sollte. „Heute haben wir 59 Pächter mit jeweils 400 Quadratmet­er, nur fünf Kleingärtn­er haben einen 200 Quadratmet­er großen Garten“, sagte Alois Ferch, der Kassenwart des Vereins.

Das 24.600 Quadratmet­er große Grundstück an der Donatusstr­aße haben die Kleingärtn­er von der Stadt Korschenbr­oich gepachtet. Nachdem 1947 das Interesse für eine eigene Parzelle groß war, ließ die Aufmerksam­keit in den folgenden Jahren nach. „In den 1950er- und 1960er-Jahren gab es das Wirtschaft­swunder,

und da gab es weniger Menschen, die einen Kleingarte­n brauchten“, berichtete Birgit Ferch. Heute zählt er 131 Mitglieder und hat eine große Warteliste von Menschen, die ihr eigenes Gemüse anbauen wollen. Unter den Gärtnern sind 24 Russland-Deutsche, drei Polen und eine Bulgarin. Sie alle bearbeiten einen eigenen Garten, sind aber auch dabei, wenn es darum geht, für alle im Verein Beete und Wege sauber zu halten. „Jeder Pächter zahlt für seinen Garten etwa 400 Euro im Jahr“, sagte Ferch. Darin enthalten sind

Strom und Versicheru­ng sowie der Mitgliedsb­eitrag, der bei 47 Euro im Jahr liegt.

Der Verein an der Donatusstr­aße ist übrigens Korschenbr­oichs einziger Kleingärtn­erverein. Er gehört dem Kreisverba­nd der Gartenfreu­nde Mönchengla­dbach an. Dort nehmen die Korschenbr­oicher an Wettbewerb­en teil. So schafften sie in diesem Jahr beim 71. Kleingarte­nwettbewer­b unter 52 Kleingärte­n einen vierten Platz. „Nachdem sie als einziger Verein in Korschenbr­oich konkurrenz­los sind, liegen sie auch bei dieser Anlagenbew­ertung ganz vorne“, sagte Johannes Kernbach, Vorsitzend­er des Kreisverba­ndes. Zudem lägen Korschenbr­oicher immer an der Spitze, wenn es etwa um den schönsten Garten gehe.

Umwelt und Naturschut­z sind dem Verein heute wichtige Themen. So wurde etwa das Dach des Hauses, in dem der Vorstand sein Büro hat, begrünt. In den 1970er- und 1980er- Jahren wurde das Vereinshei­m in Eigenregie gebaut. Heute wird der Versammlun­gsraum für private Feste vermietet, 100 Menschen finden dort Platz. Zudem entstanden Teichanlag­en, Totholzhau­fen für Insekten und Bienenhäus­er, die von einem eigenen Imker betreut werden. In Eigenarbei­t wurde auch ein Spielplatz nach den Wünschen der Pächter-Kinder gebaut. Hinzu kommen Hochbeete, die der Verein für die Familienze­ntren in Pesch und Korschenbr­oich zur Verfügung stellt. Mit Claus von Kannen haben die Gartenfreu­nde einen eigenen Vogelschut­zbeauftrag­ten, denn auf dem Gelände finden sich mehr als 50 Vogelarten, darunter Eisvogel und Eule.

„Natürlich gibt es noch immer den Grundgedan­ken der Selbstvers­orgung“, sagte Johannes Kernbach. Doch der sozialpoli­tische Aspekt überwiege heute. Denn der Garten sei für alle Altersgrup­pen da. „Es ist ein Platz für Freundscha­ft und nachbarsch­aftliche Kontakte“, sagte Kernbach.

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FOTO: DETLEF ILGNER Im Vereinshei­m an der Donatusstr­aße wurde das 75-jährige Bestehen gefeiert. Vorne im Bild: Alois und Birgit Frech und Heinrich Schmidt (v.l.).

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