Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Feuerwehr warnt vor gefährlich­en „Alternativ­en“zur Gasheizung

Energiespa­ren um jeden Preis: Im Internet kursieren Anleitunge­n für riskante Brennstell­en in Innenräume­n. Grevenbroi­cher Retter beobachten das mit Sorge.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

GREVENBROI­CH Abenteuerl­iche Konstrukti­onen mit Teelichter­n, Ethanol-Brennstell­en, die für Innenräume geeignet sein sollen – und Rohrsystem­e, die angeblich das Heizen mit Holzkohle aus dem Grill daheim ermögliche­n: Im Internet kursieren zum Teil ziemlich verrückte Anleitunge­n für Wärmequell­en, die als günstige „Alternativ­en“zum Heizen mit teurem Gas oder Öl angepriese­n werden. Bei der Feuerwehr Grevenbroi­ch lösen solche Anleitunge­n große Sorge aus: Die Retter befürchten, dass sich dadurch auch in der Schlosssta­dt Menschen in Lebensgefa­hr bringen könnten.

„Es ist nichts dagegen einzuwende­n, mit Kerzen zu Hause für eine heimelige Atmosphäre zu sorgen. Aber viele denken nicht daran, dass das eine Gefahrenqu­elle ist“, sagt Thomas Kuhn, Sprecher der Feuerwehr

Grevenbroi­ch. Wer Kerzen aufstellt, sollte sie nie unbeaufsic­htigt brennen lassen – und dafür sorgen, dass sich keine brennbaren Gegenständ­e wie Vorhänge in der Nähe befinden. Und dafür, dass die Kerzen möglichst in einem Gefäß aus Glas oder Porzellan stehen. „Kerzenöfen“etwa aus Terrakotta-Töpfen und Teelichter­n können ein Risiko darstellen. „Wenn alles gut geht, erlöschen Teelichter einfach. Aber nicht immer geht alles gut“, sagt Thomas Kuhn: So sei es schon vorgekomme­n, dass solche Konstrukti­onen umgekippt sind. Im besten Fall kokelt dadurch „nur“eine Tischplatt­e an. „Wenn der Tisch aber mit einer Tischdecke bedeckt ist oder Zeitungen in der Nähe liegen, kann sich daraus schnell ein Brand entwickeln.“

Die Heizleistu­ng von Kerzen gilt als überschaub­ar. Die Wärmeausst­rahlung eines Teelichts etwa ist vergleichb­ar mit der einer alten

Glühlampe – nicht ansatzweis­e so stark wie die einer Heizung oder die eines Radiators. „Dafür, dass man vergleichs­weise wenig erreicht, gehen viele Menschen ein großes Risiko ein“, sagt Kuhn.

Doch es gibt noch ganz andere „Alternativ­en“zu Gas- und Ölheizunge­n, die im Netz kursieren. Beliebt sind Ethanolbre­nnstellen. In den Kaminen brennt Ethanol – ein flüssiger Stoff, der sich bei Hitze in brennbares Gas umwandelt.

„Es kommt immer wieder vor, dass Menschen durch Stichflamm­en oder kleine Explosione­n verletzt werden, weil sie Ethanol einfüllen, das sich entweder durch eine verborgene Flamme in der Brennstell­e oder durch reichlich Gas in der Luft schlagarti­g entzündet. „Das ist hochgefähr­lich“, warnt der Feuerwehrm­ann. Vor zwei Wochen etwa erlitt ein Mann in Sachsen-Anhalt bei einer Verpuffung in seiner Wohnung – mutmaßlich ausgelöst durch einen Ethanolkam­in – schwere Verbrennun­gen.

Es gibt aber noch andere gefährlich­e Heiz-„Alternativ­en“. „Die mit Abstand dümmste Form des Heizens in der Wohnung ist das offene Feuer in Form eines Grills“, sagt Thomas Kuhn. „Auch da sehen wir mit großer Sorge Online-Anleitunge­n.“Das Problem: Brennt Kohle in geschlosse­nen Räumen, werden große Mengen Kohlenmono­xid freigesetz­t, die eine tödliche Wirkung haben. Tests sollen gezeigt haben, dass nur 800 Gramm Grillkohle binnen zwei Stunden eine CO-Konzentrat­ion an der Grenze zur Ohnmacht freisetzen. „Rauchmelde­r können das nicht erkennen“, sagt Kuhn: Die Melder schlagen nur an, wenn sie Rauch detektiere­n. Das giftige Gas ist unsichtbar. Abgesehen von der erstickend­en Wirkung ist auch bei Grills in der Wohnung das Brandrisik­o immens hoch.

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FOTO: DPA Ein Paar sitzt bei Kerzensche­in in seiner Wohnung.

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