Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
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Musik wie eine Daunenjacke
House Larry Heard aus Chicago ist so etwas wie der Godfather des Deep House, einer Variante der Tanzmusik, die ein bisschen langsamer ist und von warmen Melodien und zumeist schmeichelndem Gesang getragen wird. Der 62-Jährige hat mehrere Pseudonyme, Mr. Fingers etwa, Loosefingers, Fingers Inc., und auch unter seinem eigenen Namen veröffentlicht er. Larry Heard macht Musik, die Ecken runden und Spitzen dämpfen kann, und obwohl er seine Klanggebilde aus Synthesizer, Drums und Stimmengehauch manchmal nah an der Grenze zum Kitsch baut, überschreitet er sie selten.
So ist es wieder auf „Around the Sun“, dem sechsten Album, das er seit 1989 als Mr. Fingers veröffentlicht. Das ist Musik mit Weltverbesserungs-Groove, man wird milder beim Hören, und irgendwie bekommt ihr Produzent es hin, dass sich seine Kompositionen tief anfühlen, tief empfunden. „Like the Dawn“klingt, als habe Larry Heard es komponiert, nachdem er „Nightclubbing“von Grace Jones aufgelegt hat. „Around the Sun“und „Touch the Sky“sind Schaukelstuhl-Schunkler, zu denen man den Sonnenuntergang betrachten möchte. Und nur manchmal, in „Pressurize“etwa oder in „Marrakesh“, brandet ein Hauch von Nervosität heran, aber nur als Gewürz, um das Ganze ein wenig schärfer abzuschmecken.
Das ist eine wunderschöne Platte, sie glänzt und wärmt, und man kann sie im Repeat-Modus den ganzen Tag laufen lassen und fühlt sich nie belästigt, bloß geborgen.
Der Grund liegt in der Nähe dieser Musik zum Soul; in „Something’s Going On“gibt es denn auch einen Marvin-Gaye-Moment.
Zehn im besten Sinne altmodische und vom Jazz beeinflusste Stücke sind hier versammelt. Und wer davon gar nicht genug bekommen kann (und die Gefahr ist groß, denn derzeit sehnt man sich ja nach allem, was einen so kuschelig einpackt), sollte auch das Vorgängerwerk hören. „Cerebral Hemispheres“heißt es, es ist ebenso auf den Punkt produziert wie die aktuelle Platte. Philipp Holstein