Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Gemeinsame Verantwortung
Wer wie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) einen „Pakt der nationalen Einheit“zur Bewältigung der Energiepreiskrise fordert, sollte selbst bereit sein, seinen angemessenen Teil beizusteuern. Ihren Willen, mit dem Bund an einem Strang zu ziehen, haben die Länderchefs zwar betont. Dabei half ihnen sicher der neue, kreditfinanzierte 200-Milliarden-Euro-Fonds, mit dem die Bundesregierung die Gas- und Strompreise deckeln will. Doch hinter dieser Fassade gab es wieder die jahrzehntelang eingeübten Reflexe der Länder: Sie verlangten mehr Geld vom Bund, etwa für Flüchtlinge, Krankenhäuser, ÖPNV, Stadtwerke. Die ihnen vom Bund zugedachten Finanzierungsanteile am dritten Entlastungspaket versuchten sie mit der geballten Kraft von 16 gegen einen auf dessen Kosten zu minimieren.
Angesichts der Fülle der Krisen, mit denen Deutschland nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs zu kämpfen hat, ist der von schönen Worten zugedeckte FinanzHick-Hack zwischen Bund und Ländern unangemessen. Es müsste einen „Pakt der nationalen Einheit“geben, wie ihn Wüst zu Recht fordert. Ein ehrliches Unterhaken von Bund und Ländern wäre angesagt gewesen. Scholz und Wüst hätten sich darum vor der wichtigen Landtagswahl in Niedersachsen verdient gemacht. Chance vertan. So bleibt beim Bürger der Eindruck der Uneinigkeit und des Stillstands – kein guter Eindruck ist das inmitten einer der größten Krisen.
Dass die Länder nicht erfreut sind, Rechnungen vor die Füße geknallt zu bekommen, ist verständlich. Auch das dritte, teuerste Entlastungspaket hatte der Bund nicht mit den Ländern abgestimmt. Das war töricht, denn dieses Mal war eines zu viel. An der Situation trägt also auch die Bundesregierung Schuld. Die Abstimmung des Kanzleramtes mit Ländern und Kommunen war vor der Ampel schon einmal besser.