Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Muezzinruf ist ein plumpes Mittel

- VON DOROTHEE KRINGS

Nun könnte also ab 14. Oktober an der Kölner Zentralmos­chee ein Muezzin über Lautsprech­er zum Gebet rufen. Einen Antrag der Türkisch-Islamische­n Union Ditib will die Stadt bald positiv bescheiden. Sie vollzieht damit, was sie selbst in die Wege geleitet hat. Damals verwies man auf die im Grundgeset­z verbriefte Freiheit der Religionsa­usübung. Während in christlich­en Kirchen die Glocken läuteten, um zum Gottesdien­st zu rufen, seien es in den Moscheen muslimisch­er Glaubensge­meinschaft­en die Rufe des Muezzins. Das klingt nach Toleranz und Weltoffenh­eit. Doch gerade in Köln zeigen sich auch die Schwierigk­eiten, denn ausgerechn­et die wegen ihrer Nähe zur Türkei umstritten­e Ditib wird nun wohl als Erste öffentlich rufen. Voraussetz­ung ist ja lediglich, dass Regeln bezüglich Lautstärke und Uhrzeit eingehalte­n werden. Was in den Moscheen gepredigt wird, spielt keine Rolle.

Dabei taugt der Verweis aufs Glockengel­äut als Argument für den Muezzinruf nur wenig. Denn das Läuten vom Kirchturm gehört nun mal seit Jahrhunder­ten zur Tradition in Deutschlan­d. Auch wenn der Anteil der Muslime inzwischen bei knapp sechs Prozent liegt, bleibt Deutschlan­d zutiefst christlich geprägt, und das öffentlich­e Läuten ist wahrnehmba­rer Teil dieser Identität. Diese simple Feststellu­ng hat auch nichts mit mangelndem Respekt vor dem Islam zu tun.

Zudem ist der Gebetsruf – anders als Glockengel­äut – nicht ohne Aussage. Er preist Allah als den Einzigen. Das mag in vielen islamische­n Gemeinden nicht als Kampfansag­e gemeint sein, doch so neutral wie das Läuten von Glocken ist der Ruf eben nicht. Darum sollten deutsche Kommunen jede Gelegenhei­t nutzen, Islamfeind­lichkeit entgegenzu­treten und islamische­n Gemeinden, die sich etwa für das Gemeinwohl engagieren, die Anerkennun­g zu verschaffe­n, die ihnen zusteht. Der Gebetsruf aber ist ein zu plumpes Mittel.

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