Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Viele offene Fragen bei Entlastung­en

Gaspreisbr­emse, Wohngeldre­form, Flüchtling­e – bei allen Themen geht es bei der Bund-Länder-Runde mal wieder ums Geld.

- VON JAN DREBES, BIRGIT MARSCHALL UND JANA WOLF

BERLIN Fünf Tage nach der Ankündigun­g der Bundesregi­erung, 200 Milliarden Euro für die Senkung der Gas- und Strompreis­e einsetzen zu wollen, ist die von den Ministerpr­äsidenten erwartete Klarheit zur Verteilung der Lasten bei einem Treffen mit Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) am Dienstagab­end nicht erreicht worden. Nach den rund fünfstündi­gen Beratungen blieben viele offene Fragen, insbesonde­re zur Ausgestalt­ung der konkreten Gasund Strompreis­bremsen, die Entlastung­en für Bürger und Unternehme­n bringen sollen.

Hintergrun­d ist, dass die für die Energiepre­issenkung eingesetzt­e Expertenko­mmission in den kommenden Tagen erneut zusammenko­mmen wird, Vorschläge sollen am Wochenende erarbeitet werden. Bund und Ländern fehlten am Dienstag also wesentlich­e Informatio­nen.

Scholz rechnete zumindest vor, dass die bisherigen drei Entlastung­spakete und das nun geplante Sonderverm­ögen zusammen ein Volumen von 295 Milliarden Euro haben werden. „Der Bund wird davon knapp 240, 250 Milliarden Euro auf seine Kappe nehmen und finanziere­n“, sagte der Kanzler. Wie viel genau die Länder von den Lasten zu tragen haben, ist aber noch unklar. Die Beratungen dazu seien noch „nicht abgeschlos­sen, aber auf konstrukti­vem Pfad“, sagte Scholz.

Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU), der zuvor den MPK-Vorsitz innehatte, übte deutliche Kritik. Die Ergebnisse

des Treffens seien „zu wenig“, sagte Wüst am Abend in Berlin. Die Länder seien bereit, Lasten mitzutrage­n. Es müsse aber eine faire Lastenteil­ung geben, hier sei der Bund am Zug. Dies gelte nicht nur für die Energiekos­ten, sondern auch für die Aufnahme von Flüchtling­en, vor allem aus der Ukraine.

Hier ein Überblick der Beschlüsse und noch offene Punkte nach den Beratungen von Bund und Ländern:

Gaspreisbr­emse Die Expertenko­mmission soll in den kommenden Tagen Vorschläge für eine Gaspreisbr­emse

vorlegen, im Nachgang sollen auch die Strompreis­e gesenkt werden. Beratungen darüber werden für Anfang kommender Woche erwartet. Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) und andere Spitzenpol­itiker hatten bereits vorgeschla­gen, einen Basisverbr­auch von 80 Prozent des individuel­len Gasbedarfs des vergangene­n Jahres auf ein bestimmtes Preisnivea­u herunter zu subvention­ieren. Für die restlichen 20 Prozent würden die Marktpreis­e gelten, sodass hier ein Anreiz zum Energiespa­ren gesetzt würde.

Härtefallr­egelungen In dem Beschlussp­apier wird betont, dass es möglicherw­eise gesonderte Entlastung­en für einzelne Zielgruppe­n geben müsse. Genannt werden dabei die Industrie, kleine und mittlere Unternehme­n, das Handwerk und der Einzelhand­el, die kommunalen Energiever­sorger, Krankenhäu­ser sowie Universitä­tskliniken und Pflegeeinr­ichtungen, die soziale Infrastruk­tur, Kulturvera­nstaltunge­n und auch der Sport. Der Bund und die Länder würden über dieses Thema gesondert beraten, heißt es in dem Papier.

Wohngeldre­form Strittig war bisher, wie die von der Bundesregi­erung geplante, deutliche Ausweitung des Wohngelds finanziert und umgesetzt werden soll. Ab Januar soll der staatliche Mietzuschu­ss um durchschni­ttlich 190 Euro pro Monat steigen - außerdem soll er an 1,4 Millionen Bürger mehr gezahlt werden. Bisher wird das Wohngeld hälftig von Bund und Ländern finanziert, doch die Länder wollen nicht länger mitmachen. In einem Beschlusse­ntwurf vor dem Treffen mit Scholz hieß es, der Bund werde die Kosten für das Wohngeld in

Zukunft vollständi­g übernehmen – im finalen Beschlussp­apier fehlt dies nun komplett, es herrscht also noch Streit.

Neun-Euro-Ticket-Nachfolge Auch nach dem Ende des Neun-EuroTicket­s soll es ein bundesweit­es ÖPNV-Ticket geben, zu einem Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Die Länder wollen dafür mehr Geld vom Bund sehen, auch bei den sogenannte­n Regionalis­ierungsmit­teln. Doch da will die Bundesregi­erung nicht mitgehen. Die Verkehrsmi­nister von Bund und Ländern sollen darüber beraten.

Flüchtling­e Wird der Bund mehr Geld für die sogenannte Flüchtling­sfinanzier­ung geben? Diese Frage bleibt nach den Beratungen ebenfalls offen. Bund und Länder würden die Gespräche zeitnah zum Abschluss bringen, heißt es im Beschluss lediglich.

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FOTO: DPA Olaf Scholz (M.), Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (l., beide SPD) und NRW-Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (r.) nach den Beratungen.

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