Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Viele offene Fragen bei Entlastungen
Gaspreisbremse, Wohngeldreform, Flüchtlinge – bei allen Themen geht es bei der Bund-Länder-Runde mal wieder ums Geld.
BERLIN Fünf Tage nach der Ankündigung der Bundesregierung, 200 Milliarden Euro für die Senkung der Gas- und Strompreise einsetzen zu wollen, ist die von den Ministerpräsidenten erwartete Klarheit zur Verteilung der Lasten bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstagabend nicht erreicht worden. Nach den rund fünfstündigen Beratungen blieben viele offene Fragen, insbesondere zur Ausgestaltung der konkreten Gasund Strompreisbremsen, die Entlastungen für Bürger und Unternehmen bringen sollen.
Hintergrund ist, dass die für die Energiepreissenkung eingesetzte Expertenkommission in den kommenden Tagen erneut zusammenkommen wird, Vorschläge sollen am Wochenende erarbeitet werden. Bund und Ländern fehlten am Dienstag also wesentliche Informationen.
Scholz rechnete zumindest vor, dass die bisherigen drei Entlastungspakete und das nun geplante Sondervermögen zusammen ein Volumen von 295 Milliarden Euro haben werden. „Der Bund wird davon knapp 240, 250 Milliarden Euro auf seine Kappe nehmen und finanzieren“, sagte der Kanzler. Wie viel genau die Länder von den Lasten zu tragen haben, ist aber noch unklar. Die Beratungen dazu seien noch „nicht abgeschlossen, aber auf konstruktivem Pfad“, sagte Scholz.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der zuvor den MPK-Vorsitz innehatte, übte deutliche Kritik. Die Ergebnisse
des Treffens seien „zu wenig“, sagte Wüst am Abend in Berlin. Die Länder seien bereit, Lasten mitzutragen. Es müsse aber eine faire Lastenteilung geben, hier sei der Bund am Zug. Dies gelte nicht nur für die Energiekosten, sondern auch für die Aufnahme von Flüchtlingen, vor allem aus der Ukraine.
Hier ein Überblick der Beschlüsse und noch offene Punkte nach den Beratungen von Bund und Ländern:
Gaspreisbremse Die Expertenkommission soll in den kommenden Tagen Vorschläge für eine Gaspreisbremse
vorlegen, im Nachgang sollen auch die Strompreise gesenkt werden. Beratungen darüber werden für Anfang kommender Woche erwartet. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und andere Spitzenpolitiker hatten bereits vorgeschlagen, einen Basisverbrauch von 80 Prozent des individuellen Gasbedarfs des vergangenen Jahres auf ein bestimmtes Preisniveau herunter zu subventionieren. Für die restlichen 20 Prozent würden die Marktpreise gelten, sodass hier ein Anreiz zum Energiesparen gesetzt würde.
Härtefallregelungen In dem Beschlusspapier wird betont, dass es möglicherweise gesonderte Entlastungen für einzelne Zielgruppen geben müsse. Genannt werden dabei die Industrie, kleine und mittlere Unternehmen, das Handwerk und der Einzelhandel, die kommunalen Energieversorger, Krankenhäuser sowie Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen, die soziale Infrastruktur, Kulturveranstaltungen und auch der Sport. Der Bund und die Länder würden über dieses Thema gesondert beraten, heißt es in dem Papier.
Wohngeldreform Strittig war bisher, wie die von der Bundesregierung geplante, deutliche Ausweitung des Wohngelds finanziert und umgesetzt werden soll. Ab Januar soll der staatliche Mietzuschuss um durchschnittlich 190 Euro pro Monat steigen - außerdem soll er an 1,4 Millionen Bürger mehr gezahlt werden. Bisher wird das Wohngeld hälftig von Bund und Ländern finanziert, doch die Länder wollen nicht länger mitmachen. In einem Beschlussentwurf vor dem Treffen mit Scholz hieß es, der Bund werde die Kosten für das Wohngeld in
Zukunft vollständig übernehmen – im finalen Beschlusspapier fehlt dies nun komplett, es herrscht also noch Streit.
Neun-Euro-Ticket-Nachfolge Auch nach dem Ende des Neun-EuroTickets soll es ein bundesweites ÖPNV-Ticket geben, zu einem Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Die Länder wollen dafür mehr Geld vom Bund sehen, auch bei den sogenannten Regionalisierungsmitteln. Doch da will die Bundesregierung nicht mitgehen. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern sollen darüber beraten.
Flüchtlinge Wird der Bund mehr Geld für die sogenannte Flüchtlingsfinanzierung geben? Diese Frage bleibt nach den Beratungen ebenfalls offen. Bund und Länder würden die Gespräche zeitnah zum Abschluss bringen, heißt es im Beschluss lediglich.