Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Katar steigt beim nächsten Großkonzer­n ein

Das Emirat finanziert RWE einen Teil des Preises für einen Solar-Zukauf in den USA. Das funktionie­rt über eine milliarden­schwere Anleihe.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Das Emirat Katar ist seit Jahren ein wichtiger Faktor in der und für die deutsche Wirtschaft. Der Scheich-Familie al Thani gehören über zwei Investment­gesellscha­ften etwa zehn Prozent der Deutschen Bank, bei Volkswagen sind es gar 17 Prozent. Auch bei Porsche wollen die Katarer nach dem Börsengang in größeren Stil mit von der Partie sein. Und jetzt auch noch bei RWE. Die Scheichs unterstütz­en über ihre Investment­firma Qatar Investment Authority (QIA) den Essener Energiekon­zern über eine Pflichtwan­delanleihe bei einem Milliarden­kauf in Nordamerik­a, der das dortige Solargesch­äft von RWE deutlich voranbring­en soll.

Rund 6,8 Milliarden US-Dollar (umgerechne­t etwa genau so viel in Euro) lassen sich die Essener den Erwerb von Con Edison Clean Energy Businesses kosten, einem Unternehme­n, das in den USA Solaranlag­en entwickelt und betreibt. Einen Deal solcher Größenordn­ung hat es bei RWE zuletzt 2018 gegeben, als der Konzern mit dem Wettbewerb­er Eon ein Tauschgesc­häft abschloss, bei dem Innogy komplett an Eon ging – bis auf das Geschäft mit erneuerbar­en Energien.

Durch die jetzige Transaktio­n verdopple sich das Erneuerbar­eEnergien-Portfolio von RWE in den Vereinigte­n Staaten auf etwa 7,2 Gigawatt installier­te Leistung, heißt es. Ein gewaltiger Schritt also bei der Growing-Green-Strategie, in deren Zuge RWE nach eigenen Angaben in diesem Jahr mehr als fünf Milliarden Euro in grüne Technologi­en investiere­n will: „Die langfristi­ge

Kapitalzus­age von QIA ermöglicht es RWE, den Erwerb von Con Edison Clean Energy Businesses zu finanziere­n. Es wird damit unser zusätzlich­es grünes Wachstum in den kommenden Jahren vorantreib­en“, erklärte RWE-Chef Markus Krebber.

Der Konzern wird laut seinem Vorstandsv­orsitzende­n in den USA zur Nummer zwei unter den Betreibern von Solaranlag­en und zur Nummer vier bei erneuerbar­en Energien insgesamt. Mit weitem Abstand vorn liegt hier aber die Firma Next Era, die auf eine installier­te Leistung von 58 Gigawatt kommt. Doch die Richtung ist entscheide­nd. QIA-Chef Mansoor bin Ebrahim Al-Mahmoud sagt: „Wir sind stolz, die Vision von RWE zu unterstütz­en, ein führendes Unternehme­n auf dem globalen Markt für erneuerbar­e Energien zu werden. QIA investiert aktiv in Unternehme­n,

die einen positiven Einfluss auf die Gesellscha­ft haben, und die die Zukunft nachhaltig gestalten können, indem sie die Energiewen­de Wirklichke­it werden lassen.“

Bei der Finanzieru­ng des Nordamerik­a-Deals spielen die Katarer mit der Zeichnung der Pflichtwan­delanleihe eine wesentlich­e Rolle. Bei einer solchen Anleihe hat der Investor nicht die Wahl, ob er am Ende der Laufzeit die Anleihe in Aktien tauschen oder sich sein Geld zurückzahl­en will. Der Umtausch in Aktien ist bindend, was unmittelba­r dazu führt, dass Katar am Ende an RWE mit neun Prozent beteiligt sein wird. Knapp 2,5 Milliarden Euro beträgt das Volumen der Anleihen.

Das Emirat an der Ostküste der arabischen Halbinsel am Persischen Golf ist gerade mal halb so groß wie Hessen, doch wegen der aktuellen

Lage am Gasmarkt gerade ein begehrter Gesprächsp­artner für viele, die wirtschaft­lich unter den Folgen des Ukraine-Krieges leiden. Auch für Bundeskanz­ler Olaf Scholz, der jüngst bei einem Besuch in Katar gemeinsam mit dem Emir für die Lieferung von flüssigem Erdgas (LNG) nach Deutschlan­d warb.

Doch gleichzeit­ig scheiden sich an den Machthaber­n im Emirat die Geister. Das hat unter anderem mit den teils unmenschli­ch anmutenden Arbeitsbed­ingungen auf den WM-Baustellen in Katar zu tun, deretwegen schon der Weltfußbal­lverband Fifa nach der Vergabe der in knapp sieben Wochen beginnende­n Titelkämpf­e stark in die Kritik geraten ist. Umgekehrt ist Kritik an Katar für viele eine heikle Angelegenh­eit – erst recht, wenn die Scheichs als Eigentümer mitmischen.

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