Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Melles träumerische Welten
Melles Werke wimmeln von verfremdeten Szenen, und er hat sich als Künstler nie in eine Schublade stecken lassen. Doch wer nur schwer greifbar ist, läuft Gefahr, missverstanden zu werden. Melles unglaubliche Fähigkeiten als Feinmaler, die surrealistischen Elemente, die vielen Phalli, die anarchistischen Einflüsse und das geheimnisvolle Gefühl, das einen beim Betrachten seiner Werke überkommt: Das Museum van Bommel van Dam ist der Meinung, dass es 2022 an der Zeit ist, dem außergewöhnlichen Werk Melles eine neue Ausstellung zu widmen, in der alle Facetten seines Schaffens gezeigt werden. Anlass dafür ist eine große Schenkung von Kunstwerken durch die Stiftung Melle zwei Jahre zuvor.
In der Vergangenheit sind viele Versuche unternommen worden, Melles Gemälde zu interpretieren. Keine leichte Aufgabe, nicht zuletzt, weil der Maler sich nie einer künstlerischen Bewegung oder Gruppe angeschlossen hatte. Außerdem sprach Melle selten über seine Motive und seine Inspirationsquellen. Dennoch haben viele Kunsthistoriker und Psychologen eine Interpretation gewagt – von Melle als exzentrischem Amsterdamer und Maler, den jeder kennt, bis hin zu Analysen, die auf Freudschen Theorien basieren. Auch der Vergleich mit dem Maler Hieronymus Bosch aus dem fünfzehnten Jahrhundert wurde oft gezogen und brachte ihm den Spitznamen „Amsterdamer Hieronymus Bosch“ein. Das Museum van Bommel van Dam hat sich für eine Herangehensweise entschieden, die Raum zum Staunen und Nachdenken lässt. Anstatt Melles Werk zu erklären, lädt das Museum den Besucher zu einem Streifzug durch wichtige Themenfelder seines Schaffens ein. Melle wuchs in einer Arbeiterfamilie in Amsterdam auf. Nach einer Ausbildung zum Schriftsetzer an der Graphischen Schule Amsterdam beginnt er 1938 mit der Malerei. Während der Kriegsjahre ist sein Werk eher düster und grau und von mysteriösen Szenen und manchmal beklemmenden Innenräumen und Landschaften geprägt. Ab Ende der vierziger Jahre werden Melles Bilder heller und lassen auf optimistischere Ausblicke schließen. Im Laufe der sechziger und siebziger Jahre werden seine Leinwände immer größer und seine Bilder immer voller. Seine halluzinatorischen Landschaften werden von Fischen, Kröten, achtlos umherschwimmenden Genitalien, Gesindel und anderen rätselhaften Kreaturen bevölkert.
Melle verstirbt 1976. Seitdem hat seine Bekanntheit in der niederländischen Öffentlichkeit stark nachgelassen. Zu Recht? Melles virtuos gemalte „Welten“sind zweifelsohne einzigartig. „MELLE – Maler einer anderen Wirklichkeit“ist bis zum 26. Februar 2023 im Museum van Bommel van Dam in Venlo zu sehen. Zeitgleich mit der Ausstellung erscheint bei Van Spijk Art Books eine gleichnamige Publikation über Melle: „Melle – Maler einer anderen Wirklichkeit“. In dieser von DeVrijerVanDongen gestalteten Publikation reflektieren sieben Autoren aus verschiedenen Disziplinen über Melles Leben und Werk.
Museum Van Bommel Van Dam Keulsepoort 1, 5911 BX Venlo, www.vanbommelvandam.nl/de