Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neuss hat ein Toiletten-Problem
Weil es immer wieder zu Vandalismusschäden in öffentlichen Toiletten kommt, herrscht ein Unterangebot in der Innenstadt. Die Stadt will nun mit Gastronomen und Einzelhändlern ins Gespräch kommen, um Lösungen zu finden.
NEUSS Wer sein Auto in einem der vier City-Parkhäuser abstellt und sich vor dem Bummeln durch die Neusser Innenstadt dort noch schnell „erleichtern“möchte, guckt in die Röhre. Denn weder im Rathaus-, noch im Rheintor-, Tranktor- oder Niedertorparkhaus stehen die Toiletten zur Verfügung. Die Ursache ist nicht etwa in Sparmaßnahmen der zuständigen City-Parkhaus GmbH zu finden, sondern in Vorfällen aus der Kategorie „zum Kopfschütteln“. Wie Sprecher Heiko Mülleneisen auf Nachfrage bestätige, sah man sich wegen anhaltender Vandalismusschäden gezwungen, die Reißleine zu ziehen. Bereits vor der Pandemie sei der Betrieb der Toilettenanlagen von Vandalismusschäden, Diebstahl sowie missbräuchlicher Nutzung der Räumlichkeiten geprägt gewesen. Auch aktuell gebe es in den Parkhäusern und in deren Umfeld „massive Schwierigkeiten durch Drogenabhängige“. Besonders bitter: Eine versuchsweise Öffnung der Toilettenanlage im Parkhaus Tranktor wurde bereits nach einer Nacht wieder eingestellt, da es sofort wieder zu einem Vandalismusschaden –genauer gesagt zu einer Brandstiftung – gekommen war.
Ein Umbau der Toilettenanlagen – etwa mit mit zugangsgesteuerter Technik – sei wirtschaftlich nicht darstellbar. Laut Mülleneisen präferiere man somit derzeit einen weiteren Verzicht auf die Wiederöffnung der Anlagen. „Wir suchen aber natprlich weiter nach Lösungen“, so der Sprecher.
Die Stadt kann die Haltung der City-Parkhaus GmbH nach eigener Darstellung nachvollziehen. Gleichzeitig hält die Verwaltung allerdings eine Verbesserung bei der Versorgung mit von der Öffentlichkeit nutzbaren Toiletten, insbesondere in der hochfrequentierten Innenstadt, für wünschenswert. Die Stadt möchte Gespräche mit Gastronomie und Einzelhändlern führen, um auszuloten, wie eventuell ein unkomplizierterer Zugang zu Toiletten ermöglicht werden könnte, die dort bereits jetzt für ihre Kunden vorgehalten werden. Systeme dieser Art sind bereits in vielen Kommunen zum Beispiel unter dem Begriff „Nette Toilette“bekannt. „Gleichzeitig wäre hier eine soziale Kontrolle
gegeben, die in traditionellen öffentlichen Toilettenanlagen kaum gewährleistet werden kann“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.
Karsten Lorenz vom Café „Eigenart“an der Krämerstraße hält die Idee der Stadt nicht in Gänze für umsetzbar und nimmt seinen eigenen Betrieb als Beispiel. „Es ist ein kleines Café und ich sehe nicht die Möglichkeit, meine Toilette öffentlich zur Verfügung zu stellen“, sagt er. Anders sieht es im Café Extrablatt auf dem Markt aus, wo Chef Hajdar Rexhaj signalisiert: „Bei uns kommen viele, um die Toilette zu nutzen. Das war bislang auch kein Problem.“Christoph Napp-Saarbourg stellt als Geschäftsführer der Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss ebenfalls Handlungsbedarf in der Toilettenfrage fest. „Ich würde zusätzliche Angebote für die Besucher begrüßen. Inkontinenz ist ein unterschätztes Problem“, so der Apotheker.
Zu Lockdown-Zeiten entfachte in Neuss zwischenzeitlich eine hitzige WC-Diskussion. Wegen der CoronaPandemie waren fast alle öffentlichen Toiletten nicht zugänglich, lediglich im Rathaus gab es eine Erleichterungs-Möglichkeit. Auch die beliebte „Restaurant-Option“fiel lange Zeit flach, weil die Gastronomie
nicht öffnen durfte. Zahlreiche Neusser hatten sich damals an unsere Redaktion gewandt und sich beschwert. Einige mieden wegen der fehlenden Toiletten die Innenstadt, teilweise berichteten sie sogar „es nicht mehr rechtzeitig nach Hause“geschafft zu haben. Ein Toilettenwagen, der in der Nähe des
Kaufhofs aufgestellt wurde, schaffte letztlich Abhilfe.
Öffentliche Erlechterungsmöglichkeiten gibt es aktuell unter anderem in den bestehenden Toilettenanlagen an den Bushaltestellen Zolltor und Niedertor (gegen Einwurf eines Nutzungsentgeltes). In den Verwaltungsgebäuden und Einrichtungen der Stadt (einschließlich insbesondere der Stadtbibliothek und des Romaneums, aber zum Beispiel auch auf den Friedhöfen) stehen die jeweiligen Besuchertoiletten den Besuchern während der Öffnungszeiten des jeweiligen Gebäudes beziehungsweise der Einrichtung zur Verfügung. Innerhalb von Gebäuden ist ein Zugang zu den Toiletten über die eigentlichen Öffnungszeiten der Gebäude hinaus wegen der Lage der Toiletten laut Stadt nicht möglich, da diese regelmäßig nicht über eine eigene, gegenüber dem Restgebäude abgesicherte, Zuwegung verfüge.