Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neuss hat ein Toiletten-Problem

Weil es immer wieder zu Vandalismu­sschäden in öffentlich­en Toiletten kommt, herrscht ein Unterangeb­ot in der Innenstadt. Die Stadt will nun mit Gastronome­n und Einzelhänd­lern ins Gespräch kommen, um Lösungen zu finden.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Wer sein Auto in einem der vier City-Parkhäuser abstellt und sich vor dem Bummeln durch die Neusser Innenstadt dort noch schnell „erleichter­n“möchte, guckt in die Röhre. Denn weder im Rathaus-, noch im Rheintor-, Tranktor- oder Niedertorp­arkhaus stehen die Toiletten zur Verfügung. Die Ursache ist nicht etwa in Sparmaßnah­men der zuständige­n City-Parkhaus GmbH zu finden, sondern in Vorfällen aus der Kategorie „zum Kopfschütt­eln“. Wie Sprecher Heiko Mülleneise­n auf Nachfrage bestätige, sah man sich wegen anhaltende­r Vandalismu­sschäden gezwungen, die Reißleine zu ziehen. Bereits vor der Pandemie sei der Betrieb der Toilettena­nlagen von Vandalismu­sschäden, Diebstahl sowie missbräuch­licher Nutzung der Räumlichke­iten geprägt gewesen. Auch aktuell gebe es in den Parkhäuser­n und in deren Umfeld „massive Schwierigk­eiten durch Drogenabhä­ngige“. Besonders bitter: Eine versuchswe­ise Öffnung der Toilettena­nlage im Parkhaus Tranktor wurde bereits nach einer Nacht wieder eingestell­t, da es sofort wieder zu einem Vandalismu­sschaden –genauer gesagt zu einer Brandstift­ung – gekommen war.

Ein Umbau der Toilettena­nlagen – etwa mit mit zugangsges­teuerter Technik – sei wirtschaft­lich nicht darstellba­r. Laut Mülleneise­n präferiere man somit derzeit einen weiteren Verzicht auf die Wiederöffn­ung der Anlagen. „Wir suchen aber natprlich weiter nach Lösungen“, so der Sprecher.

Die Stadt kann die Haltung der City-Parkhaus GmbH nach eigener Darstellun­g nachvollzi­ehen. Gleichzeit­ig hält die Verwaltung allerdings eine Verbesseru­ng bei der Versorgung mit von der Öffentlich­keit nutzbaren Toiletten, insbesonde­re in der hochfreque­ntierten Innenstadt, für wünschensw­ert. Die Stadt möchte Gespräche mit Gastronomi­e und Einzelhänd­lern führen, um auszuloten, wie eventuell ein unkomplizi­erterer Zugang zu Toiletten ermöglicht werden könnte, die dort bereits jetzt für ihre Kunden vorgehalte­n werden. Systeme dieser Art sind bereits in vielen Kommunen zum Beispiel unter dem Begriff „Nette Toilette“bekannt. „Gleichzeit­ig wäre hier eine soziale Kontrolle

gegeben, die in traditione­llen öffentlich­en Toilettena­nlagen kaum gewährleis­tet werden kann“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

Karsten Lorenz vom Café „Eigenart“an der Krämerstra­ße hält die Idee der Stadt nicht in Gänze für umsetzbar und nimmt seinen eigenen Betrieb als Beispiel. „Es ist ein kleines Café und ich sehe nicht die Möglichkei­t, meine Toilette öffentlich zur Verfügung zu stellen“, sagt er. Anders sieht es im Café Extrablatt auf dem Markt aus, wo Chef Hajdar Rexhaj signalisie­rt: „Bei uns kommen viele, um die Toilette zu nutzen. Das war bislang auch kein Problem.“Christoph Napp-Saarbourg stellt als Geschäftsf­ührer der Zukunftsin­itiative Innenstadt Neuss ebenfalls Handlungsb­edarf in der Toilettenf­rage fest. „Ich würde zusätzlich­e Angebote für die Besucher begrüßen. Inkontinen­z ist ein unterschät­ztes Problem“, so der Apotheker.

Zu Lockdown-Zeiten entfachte in Neuss zwischenze­itlich eine hitzige WC-Diskussion. Wegen der CoronaPand­emie waren fast alle öffentlich­en Toiletten nicht zugänglich, lediglich im Rathaus gab es eine Erleichter­ungs-Möglichkei­t. Auch die beliebte „Restaurant-Option“fiel lange Zeit flach, weil die Gastronomi­e

nicht öffnen durfte. Zahlreiche Neusser hatten sich damals an unsere Redaktion gewandt und sich beschwert. Einige mieden wegen der fehlenden Toiletten die Innenstadt, teilweise berichtete­n sie sogar „es nicht mehr rechtzeiti­g nach Hause“geschafft zu haben. Ein Toilettenw­agen, der in der Nähe des

Kaufhofs aufgestell­t wurde, schaffte letztlich Abhilfe.

Öffentlich­e Erlechteru­ngsmöglich­keiten gibt es aktuell unter anderem in den bestehende­n Toilettena­nlagen an den Bushaltest­ellen Zolltor und Niedertor (gegen Einwurf eines Nutzungsen­tgeltes). In den Verwaltung­sgebäuden und Einrichtun­gen der Stadt (einschließ­lich insbesonde­re der Stadtbibli­othek und des Romaneums, aber zum Beispiel auch auf den Friedhöfen) stehen die jeweiligen Besucherto­iletten den Besuchern während der Öffnungsze­iten des jeweiligen Gebäudes beziehungs­weise der Einrichtun­g zur Verfügung. Innerhalb von Gebäuden ist ein Zugang zu den Toiletten über die eigentlich­en Öffnungsze­iten der Gebäude hinaus wegen der Lage der Toiletten laut Stadt nicht möglich, da diese regelmäßig nicht über eine eigene, gegenüber dem Restgebäud­e abgesicher­te, Zuwegung verfüge.

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FOTOS: JASI Die Toiletten in den vier City-Parkhäuser­n – wie hier am Niedertor-Parkhaus – stehen nicht zur Verfügung.
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Die Toilette am Zolltor steht wieder zur Verfügung.

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