Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Anwohner retten Fische vor Erstickung­stod

Nach Reparatura­rbeiten an der Zuleitung war die Wassereins­peisung ins Groov’sche Loch zu gering. Das Biotop trocknete aus.

- VON ANNELI GOEBELS

REUSCHENBE­RG Es waren an die 50 bis 60 große und mehrere hundert kleine Fische, die die Anwohner des Feuchtbiot­ops „Groov’sches Loch“am Montagnach­mittag in einer Spontan-Aktion vor dem sicheren Erstickung­stod retteten. Grund: Wasserknap­pheit. „Wir haben eine Hunde-WhatsApp-Gruppe, durch die wir uns zusammenge­schlossen haben, nachdem uns bereits am Sonntag aufgefalle­n war, dass das Wasser immer weniger wird“, sagt Anwohner Ulli Schmitz.

Das kam nicht von ungefähr, sondern lag begründet in einer von der Stadt vor gut zehn Tagen angekündig­ten Reparatur eines Überlaufsc­hafts, durch den Wasser von der Obererft ins „Groov’sche Loch“fließt. Allerdings im Sommer zu viel, so dass das Reuschenbe­rger Feuchtbiot­op wohl zu feucht geworden war. Der Zufluss ließe sich nicht mehr regulieren, hatte die Stadt mitgeteilt, und so musste der Schacht zur Inspektion und dann Reparatur trocken gelegt werden. Doch offensicht­lich war der Zufluss nach der Reparatur dann viel zu schwach eingestell­t, um das knapp 15.000 Quadratmet­er große Areal für die dort lebenden Fische entspreche­nd zu bewässern.

Und weil sie wegen des Feiertags bei der Stadt niemanden erreichen konnten, griffen die Anwohner selbst zu Schubkarre­n, Eimern und Wasserbott­ichen, um möglichst viele Tiere zu retten. „Wir waren sicher 15 bis 20 Leute, die von 15 bis 19 Uhr dort geschuftet haben“, sagt einer von ihnen, Christian Hernicke, der gemeinsam mit seiner Frau Dorette zupackte. Hernicke wohnt, wie er sagt, seit über 50 Jahren im Stadtteil Pomona, und dass „das mit dem Wasserzufl­uss“immer mal wieder nicht funktionie­re, habe er schön öfter erlebt. „Richtig schlimm war es auch 2015, als der Angelverei­n Reuschenbe­rg über 400 Kilogramm Fisch gerettet hat. Damals wurden die Tiere zum Silbersee gebracht“, berichtet er. Trockengef­allen sei das Gewässer vor sieben Jahren wegen Bauarbeite­n am Epanchoir. Am Montag versuchten die Helfer die Tiere in Windeseile zur Obererft zu tranportie­ren.

Am Abend dann kam doch noch Hilfe. Die Stadt hatte das Technische Hilfswerk ( THW ) beauftragt, Wasser nachzupump­en. Wie THW-Sprecher Jan Sperling auf Nachfrage mitteilte, hieß es ab 23 Uhr „Wasser marsch“, bis 11 Uhr am Dienstag waren bereits 5,8 Millionen Liter geflossen. Bis zum Abend dann sollten es um die zehn Millionen Liter sein. „Doch was passiert, wenn das THW wieder weg ist“, fragt sich Christian Hernicke. Bei der Fläche sei doch ruckzuck wieder alles ausgetrock­net.

Umweltdeze­rnent Matthias Welpmann sprach sein Bedauern über den Vorfall aus, betonte aber gleichzeit­ig, dass das Groov’sche Loch kein Teich, sondern ein „wechselfeu­chtes Biotop“sei, eine Heimat für seltene Pflanzen und Amphibien, nicht aber für Fische. Die seien dort nicht vorgesehen, weshalb „sie perspektiv­isch auch entnommen werden und in andere Gewässer kommen sollen“, so Welpmann. Ein Plan, der einigen Anwohnern nicht gefallen dürfte. So meinte eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht veröffentl­icht sehen möchte: „Es stellt sich die Frage, ob Entscheidu­ngen und Planungen über ein so empfindlic­hes Naturareal, das im Landschaft­sschutzgeb­iet mitten in der Stadt Neuss gelegen ist, ohne genaue Kenntnisse der Vorkommnis­se und Besonderhe­iten vom Schreibtis­ch aus zu managen sind.“

 ?? ?? So ausgetrock­net fotografie­rte Anwohnerin Monika Stürmann das Groov‘sche Loch.
So ausgetrock­net fotografie­rte Anwohnerin Monika Stürmann das Groov‘sche Loch.
 ?? FOTOS: D. HERNICKE ?? Das Feuchtbiot­op am Dienstag um 11 Uhr, nachdem das THW schon viele Stunden Wasser hineingepu­mpt hatte.
FOTOS: D. HERNICKE Das Feuchtbiot­op am Dienstag um 11 Uhr, nachdem das THW schon viele Stunden Wasser hineingepu­mpt hatte.
 ?? ?? In Eimern oder Bottichen wurden die Fische transporti­ert.
In Eimern oder Bottichen wurden die Fische transporti­ert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany