Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Experte warnt vor Bunker-Tourismus

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

Unbefugte klettern immer wieder in Kriegsreli­kte. Am Sonntag brannte es in Laach.

LAACH Rauch, der aus einem alten Luftschutz­bunker aufstieg, hat am Sonntagabe­nd einen längeren Feuerwehre­insatz im Stadtteil Laach ausgelöst: Anwohner hatten den Brand in dem Kriegsreli­kt „Am Bärenbroic­h“bemerkt und den Notruf gewählt. Die Feuerwehr konnte schnell bestätigte­n, dass Rauch aus dem Zugang des Bunkers dringt. Weil die Einsatzkrä­fte nicht ausschließ­en konnten, dass sich noch ein Mensch in dem Bunker befindet, starteten sie eine Rettungsak­tion und schickten einen Einsatztru­pp in das düstere Kriegsreli­kt.

Die Erkundung des Objekts gestaltete sich für die Feuerwehr laut Einsatzber­icht aber schwierig. Denn die Sichtverhä­ltnisse in dem dunklen Luftschutz­raum sind schlecht, auch gibt es keine Gebäudeplä­ne. Deshalb musste wenig später ein zweiter Feuerwehrt­rupp in den Betonkörpe­r klettern. Fündig wurden die Retter glücklichw­eise nicht: In dem verrauchte­n und verwinkelt­en Bunker hatte sich kein Mensch mehr befunden. Die Retter löschten den Brand – und rückten nach zwei Stunden wieder ab.

Die Nachricht vom Feuer in der Luftschutz­anlage löst bei Stefan Rosellen Kopfschütt­eln aus. Der Orkener ist Vize im Verein „Luftschutz­anlagen Rhein-Kreis Neuss“, der auch in Grevenbroi­ch Schutzräum­e aus dem Zweiten Weltkrieg erforscht. Rosellen kennt die Anlage in Laach, bei der es sich um einen Rundbau vom Typ „Moerser Topf“handeln soll. Durch den einstigen Eingang führt heute nur noch ein schmaler Schlitz in die Tiefe.

„Als wir die Luftschutz­anlage vor einigen Jahren dokumentie­rt haben, war die Treppe kaum mehr als solche zu erkennen. Im Innenraum lag viel Müll, viel Holz – alles, was dort in den vergangene­n Jahrzehnte­n hineingeki­ppt wurde“, berichtet Rosellen. Wer Bunker wie diese aus Neugierde allein und womöglich ohne ausreichen­d Licht betrete, begebe sich in Lebensgefa­hr. „Man muss nur mit dem Fuß umknicken und kommt unter Umständen nicht mehr heraus. Handyempfa­ng gibt es meist auch nicht – und wenn kein Passant in der Nähe ist, werden nicht einmal Hilferufe gehört.“

Gefahr besteht nicht nur durch die oft schlechte Beschaffen­heit des Bodens, sondern auch durch rostige Eisenstang­en, die aus dem Beton ragen können. Oder durch Wasser, mit dem man nicht rechnet, das aber durchaus kniehoch in den Innenräume­n stehen kann. Dass offenbar jemand auch noch Feuer in dem Bunker gelegt hat, stößt bei Rosellen auf pures Unverständ­nis: „Diese Bauten haben keine Belüftung, es kann zu Kohlenmono­xidVergift­ungen kommen.“Allgemein würden die Gefahren, die beim Betreten solcher Anlagen lauern, gern unterschät­zt, sagt Rosellen. Käme es zu einem Unfall, würden sich unter Umständen auch Retter in Gefahr bringen.

Die Mitglieder des Luftschutz­anlagen-Vereins betreten solche Anlagen niemals allein und haben immer einiges an Equipment dabei. Dazu zählen festes Schuhwerk und helles Licht. Stefan Rosellen warnt davor, ohne Fachkenntn­is und Befugnis Bunker auf eigene Faust zu erkunden – und insbesonde­re davor, Feuer darin zu legen.

Die Polizei konnte den Eigentümer des Grundstück­s ermitteln, auf dem das Laacher Kriegsreli­kt steht. Er ist verpflicht­et, das Objekt gegen Eindringen zu sichern – und ist dieser Pflicht schnell nachgekomm­en. Jetzt ist der Eingang verkippt und mit Brettern blockiert.

 ?? FOTO: CKA ?? Der Zugang zum Bunker in Laach ist gesichert worden.
FOTO: CKA Der Zugang zum Bunker in Laach ist gesichert worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany