Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Funde von Schlange bis Schlüssel

„Nur ehrliche Finder“gibt es laut Rathaus-Mitarbeite­rn in Jüchen. Bisher habe es keine Betrugsver­suche im Fundbüro gegeben. Dafür bleiben in der Aufbewahru­ng immer mehr Fahrräder, die möglicherw­eise gestohlen worden sind.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

JÜCHEN Eine Kiste im Schrank und eine Wand in einer Garage: Das ist das komplette Fundbüro in Jüchen. Mitarbeite­rin Andrea Peters, die im Bürgerbüro die Funde annimmt und verwahrt, weiß aus Weiterbild­ungen aber: „In Großstädte­n gibt es regelrecht­e Fundämter mit bis zu sechs Mitarbeite­rn.“Doch im Gegensatz zur „heilen Welt“in der Kleinstadt Jüchen hätten Fundbüros in größeren Städten auch regelmäßig mit Betrugsver­suchen zu tun. „Bei uns ist das noch nicht vorgekomme­n“, bestätigt Stadtsprec­her Norbert Wolf, der selbst bereits gute Erfahrunge­n mit dem örtlichen Fundbüro gemacht hat.

Völlig in Gedanken verloren, war Wolf in sein Auto eingestieg­en und hatte seine Geldbörse sowie sein Handy auf dem Pkw-Dach liegen gelassen. Das wertvolle Gut flog natürlich

„Es gibt einen Hund in Jüchen, der seinem Besitzer immer wieder davon läuft“Norbert Wolf Stadtsprec­her

spätestens im nächsten Kreisverke­hr vom Dach. Ein folgender Autofahrer machte Wolf darauf aufmerksam, doch seine Suche entlang des Straßengra­bens blieb erfolglos. Tatsächlic­h hat aber ein ehrlicher Finder die Geldbörse anschließe­nd in den Rathaus-Briefkaste­n geworfen, und das Handy fand sich ebenfalls wieder. Wolf kann aber noch ganz andere „Geschichte­n“aus der Welt von „Lost and Found“erzählen: Andrea Peters‘ Vorgänger habe mal einen Briefumsch­lag mit etwa 3000 Euro ins Fundbüro gebracht bekommen, der konnte dem rechtmäßig­en Besitzer zurückgege­ben werden. „Der Besitzer konnte ganz genau den Weg beschreibe­n, auf dem er den Geldumschl­ag verloren hatte, und auch die Summe in 50erSchein­en exakt angeben“, berichtet

Wolf. Und sicherlich habe es für den ehrlichen Finder dann auch einen angemessen­en Finderlohn gegeben, meint er.

Die meisten Funde sind aber weniger spektakulä­r, wie Andrea Peters weiß: „Verlorene Handys und Schlüssel sind die Klassiker“, sagt sie. Doch bei Schlüsseln meldeten sich bedauerlic­herweise höchst selten die Eigentümer. Recht oft werden auch Fahrräder gefunden, die dann allerdings ebenfalls selten wieder abgeholt werden. Der

Stadtsprec­her kennt den Grund: „Wahrschein­lich sind das gestohlene Fahrräder.“Möglicherw­eise hätten diese sich dann nicht verkaufen lassen und seien einfach weggeworfe­n worden.

Allerdings bleiben die Fundstücke generell nicht auf ewig im Rathaus und in der Garage. Sie werden in regelmäßig­en Abständen veröffentl­icht. Und wenn sich dann kein Besitzer gemeldet hat, können sich die Finder die Gegenständ­e aushändige­n lassen. Aktuell ist die Aufbewahru­ngszeit

im Fundbüro der Stadt Jüchen für drei Handys, drei Fahrräder und tatsächlic­h vier Schlüsselm­äppchen oder -bunde, darunter sogar ein Autoschlüs­sel, abgelaufen. Zudem könnten eine Lesebrille mit Horngestel­l, ein vergoldete­r Ring, eine goldene Halskette mit zwei Anhängern und eine Bluetooth-Box inzwischen an die Finder weitergege­ben werden.

Und mit der Bluetooth-Box hat es eine besondere Bewandtnis. Ein Jugendlich­er hatte die Musik-Box am Gymnasium gefunden und ins Fundbüro gebracht. Dabei hatte er Andrea Peters aber auch gleich verraten, dass er die schließlic­h einige hundert Euro teure Box gerne selbst behalten wolle, wenn sich kein Besitzer melden würde. Tatsächlic­h ist dies bis zum Ablauf der Verwahrfri­st nicht geschehen: „Und der Jugendlich­e hat sich riesig gefreut, die Bluetooth-Box jetzt behalten zu dürfen“, berichtet Peters.

Ein größeres Problem gibt es laut Stadtsprec­her Wolf aber mit ganz anderen Fundsachen, nämlich mit Fundtieren: „Die müssen wir nach Oekhoven ins Tierheim oder auch mal in eine Greifvogel-Aufnahmest­ation bringen“, sagt er. Das bislang spektakulä­rste Fundtier sei eine verletzte Schlange gewesen: Da seien neben dem städtische­n Bereitscha­ftsdienst auch gleich Feuerwehr und Polizei vor Ort gewesen: „Wir haben die verletzte Schlange zu einem Tierarzt gebracht, sie ist aber am nächsten Tag gestorben.“Und hinterher habe sich herausgest­ellt: „Es war nur eine harmlose Ringelnatt­er“, berichtet Wolf, der aber noch ganz andere lebendige Ausreißer kennt: „Es gibt da einen Hund in Jüchen, der seinem Besitzer immer wieder wegläuft.“

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FOTO: GT Andrea Peters vom Fundbüro der Stadt Jüchen mit „verlorenen“Fahrrädern.

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