Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der deutsche Kader im Qualitäts-Check
Wir sagen Ihnen, wo die Stärken und Schwächen im Team von Hansi Flick liegen und auf welchen Positionen es noch offene Startelf-Plätze gibt.
DÜSSELDORF Am 15. BundesligaSpieltag haben sich Borussia Dortmunds DFB-Hoffnungen ein letztes Mal vor der Advents-WM in Katar dem heimischen Publikum vorgestellt. Der Auftritt nährt nur sehr bedingt große Hoffnungen. Die beiden Verteidiger Niklas Süle und Nico Schlotterbeck spielten ebenso schlecht wie der Alt-Internationale Mats Hummels, der nicht mit zur WM fährt. Der Sturm-Wunderknabe Youssoufa Moukoko blieb eine Halbzeit unsichtbar, sein Angriffskollege Karim Adeyemi bewegte als Einwechselspieler nichts, einzig Julian Brandt bot Ansätze seines Könnens. Und sie sollen Deutschland bei der WM zum Titel führen?
Wie sieht es vor dem Auftaktspiel gegen Japan (23. November) im deutschen Team aus, wer kann spielen, wen wird Bundestrainer Hansi Flick spielen lassen? Ein Formcheck.
Die Systemfrage Flick spielt gern mit einer Viererkette in der Abwehr. Das schwebt ihm auch für Katar vor. Die Außenverteidigung besetzt er gern asymmetrisch – der Spieler auf der rechten Außenbahn ist defensiver als der auf der linken. In der Mittelfeldzentrale gibt es zwei Plätze, im offensiven Mittelfeld drei hinter einem Mittelstürmer.
Tor Traditionell die am wenigsten von Sorgen begleitete Position. Platzhirsch Manuel Neuer hat die Folgen seiner Schulterprellung überstanden, er wird spielen. Sollte er tatsächlich mal ausfallen, stehen erstklassige Vertreter bereit. MarcAndré Ter Stegen und Kevin Trapp sind seit Langem in starker Form.
Abwehr/Innenverteidigung Die Probleme der Dortmunder Kandidaten wurden in Mönchengladbach sichtbar. Trotzdem ist Süle wohl Flicks Mann der Wahl neben dem beim DFB gesetzten Antonio Rüdiger. Das Kraftpaket hat allerdings bei Real Madrid Anlaufschwierigkeiten und stand nur in der Hälfte seiner Saison-Einsätze in der Startelf, im letzten Spiel vor der WM-Pause war Rüdiger gar nicht dabei. Geht es nach Form und Zuverlässigkeit, müsste Matthias Ginter vom SC Freiburg eine Chance bekommen.
Abwehr/Außenverteidigung Weder rechts noch links hat die DFBAuswahl überragende Athleten im Angebot. Lukas Klostermann und Thilo Kehrer sind die ersten Kandidaten, vieles spricht für Flicks Allzweckwaffe Kehrer. Vorgespielt hat hier auch der Mönchengladbacher Jonas Hofmann, dessen natürlicher Lebensraum aber eine Abteilung weiter vorn ist. In Dortmund trat Niklas Süle zuletzt als Aushilfe rechts hinten an. Bis auf die Partie in Mönchengladbach meist ganz ordentlich. Links konkurrieren David Raum und Christian Günter. Beide können ordentlich Wucht entwickeln, zur internationalen Klasse aber fehlt ihnen einiges.
Mittelfeld defensiv Die Münchner Joshua Kimmich und Leon Goretzka gehen als Favoriten für die Plätze im Maschinenraum des deutschen Spiels in die WM. Sehr zum Leidwesen von Ilkay Gündogan, der bei Manchester City einer der besten Mittelfeldspieler Europas ist, zu Länderspielen aber schon mal seinen weniger begabten Zwillingsbruder zu schicken scheint.
Mittelfeld offensiv Auch hier werden die aufeinander eingespielten Bayern vermutlich zunächst mal unter sich sein. Serge Gnabry hat sein Formtal durchschritten, er ist im Klub wie in der Nationalmannschaft unbestritten Stammspieler und Torjäger auf der rechten Seite. Jamal Musialas Verfassung bringt die Experten ins Schwärmen und die Fans ins Träumen. Leroy Sané hat die gelegentlichen Anfälle von Lustlosigkeit aus seinem Spiel ausgesperrt. Das ist eine offensive Mittelfeldreihe, die weltweit bewundert wird. Konkurrenz für die Münchner bilden der wieder auferstandene Mario Götze und Hofmann, die sich zuletzt in Bestform vorstellten, jedoch erst einmal zweite Wahl sein werden. Der ewige Thomas Müller muss sich ebenfalls hinten anstellen. Die Hüfte machte ihm Probleme, und er plagte sich mit Muskelbeschwerden, obwohl er selbst mal sagte: „Ich kann keine Muskelverletzungen haben, weil ich gar keine Muskeln habe.“
Angriff Trotz des überragenden Talents Youssoufa Moukoko und des wuchtigen Spätberufenen Niclas Füllkrug ist Kai Havertz vom FC Chelsea erster Anwärter auf den Platz in der Sturmmitte. Er kennt die Position aus dem Klub, und auch wenn sein Spiel nie verleugnen kann, dass er eigentlich ein offensiver Mittelfeldspieler ist, sprechen Erfahrung und die vielgerühmte individuelle Klasse für ihn. Für Moukoko, der zu Turnierbeginn gerade mal 18 ist, wird die WM eine weitere (Ausbildungs-)Stufe auf höchstem Niveau. Füllkrug dürfte der klassische Joker im Team sein.
Insgesamt Deutschland hat viel Klasse. Vor allem in der Offensive, obwohl es keine perfekte Lösung im Sturmzentrum gibt. Die Innenverteidiger
müssen sich an ihr großes Potenzial erinnern, Zeit zum Warmlaufen bleibt nicht. Die größten Probleme liegen auf den defensiven Außenbahnen. Vor allem gegen erstklassige Konkurrenz wird sich Flick etwas einfallen lassen müssen – vielleicht doch eine Dreierkette?
Falls Sie nicht alle Spieler erkannt haben, gibt es hier die Auflösung: 1. R. v. l. n. r.: Manuel Neuer, Marc-André ter Stegen, Kevin Trapp, Antonio Rüdiger, Matthias Ginter, Christian Günter, Nico Schlotterbeck, Niklas Süle, Armel Bella-Kotchap. 2. R.: David Raum, Lukas Klostermann, Thilo Kehrer, Leon Goretzka, Julian Brandt, Mario Götze, Ilkay Gündogan, Karim Adeyemi, Jonas Hofmann.
3. R.: Jamal Musiala, Joshua Kimmich, Thomas Müller, Serge Gnabry, Leroy Sané, Kai Havertz, Youssoufa Moukoko, Niclas Füllkrug, Hansi Flick.