Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Gottschalk entzündet das Lagerfeuer
Nach dem großen Erfolg im vergangenen Jahr versammelt der Moderator am Samstag wieder Prominente auf dem Sofa von „Wetten, dass..?“. Unter den Kandidaten ist auch ein Aktivist aus dem vom Tagebau bedrohten Lützerath.
DÜSSELDORF In Zeiten galoppierender Energiepreise kommt ein Lagerfeuer gerade recht, selbst wenn es sich nur um ein mediales handelt. Versucht doch Moderator Thomas Gottschalk erneut, am kommenden Samstagabend möglichst viele Menschen daheim vor dem Fernseher zu versammeln, um dort stundenlang mit „Wetten, dass..?“Herz und Seele zu erwärmen. Mehr als 14 Millionen Zuschauer und 45 Prozent Marktanteil waren es bei der Wiederbelebung des Showklassikers am 6. November 2021. Gottschalk hat vorsichtshalber vorab erklärt, er rechne nicht mit einem ähnlichen Erfolg wie im Vorjahr, will sich aber von dem hohen Erwartungsdruck nicht den Spaß verderben lassen. Stattdessen werde er reichlich Holz nachlegen, damit das Lagerfeuer zuverlässig knistert.
Dabei hatte kaum jemand damit gerechnet, den angeschlagenen Unterhaltungsdampfer jemals wieder in Fahrt bringen zu können. Nach dem schweren Unfall von Samuel Koch im Jahr 2010 hatte der Showmaster seinen Rücktritt erklärt; „Wetten, dass..?“selbst wurde nach der Übernahme durch Markus Lanz und insgesamt 215 Ausgaben am 13. Dezember 2014 eingestellt. Im vergangenen Jahr aber überraschte das ZDF mit der Idee einer einmaligen Reanimation seines verblichenen Schmuckstücks, moderiert vom Showtitanen höchstselbst. Der Abend geriet zum retroseligen Stelldichein prominenter Wettgäste und bediente die kollektive Sehnsucht nach vermeintlich besseren (Fernseh-)Zeiten. Ein Déjà-vu-Rausch mit absehbaren Folgen: Am Ende gab die herausragende Quote den Ausschlag für das ZDF, für die kommenden zwei Jahre jeweils eine
Show-Ausgabe zu genehmigen.
Gottschalk gab die triumphale Rückkehr auf die große Bühne der Samstagabendunterhaltung sowohl Bestätigung als auch Rückenwind für diverse TV-Projekte. Vom Rückzug aus dem Showgeschäft kann schon lange keine Rede mehr sein, zu umtriebig ist der 72-Jährige. Auch bei „Wetten, dass..?“könne er sich ein längeres Engagement durchaus vorstellen, erklärte er kürzlich in einem Interview. Er sei „open end“dabei, wenn sich das ZDF und der liebe Gott einig seien, sagte Gottschalk. Tatsächlich hängt die Zukunft des früheren Entertainmentflaggschiffs wohl eher an den Zuschauerzahlen. Sollten die wieder ein ähnliches Niveau wie im Vorjahr erreichen, könnte die Show auch über 2023 hinaus im Programm bleiben. Dementgegen steht allerdings die Konkurrenz am Samstagabend. So läuft in der ARD zeitgleich die von Florian Silbereisen moderierte Schlagersendung „Schlager oder Nixxx!“. Für Gottschalk ein Grund, öffentlich gegen diese „Kampfprogrammierung“zu wettern.
Zumindest im ZDF erwartet diese am Samstag wieder die übliche, überlange Wundertüte. Auf dem Wettsofa sitzen diesmal unter anderem der Schauspieler John Malkovich, zwei Spielerinnen der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft – Alexandra Popp und Giulia Gwinn – sowie Tennisprofi Alexander Zwerev. Dazu gesellen sich Regisseur Michael Bully Herbig sowie Schauspieler Christoph Maria Herbst, Schauspielerin Veronica Ferres und ihre Tochter Lilly Krug sowie Herbert Grönemeyer. Für internationales Flair ist Robbie Williams zuständig, der seinen Song „Lost“aus dem Album „XXV“mitbringt.
Was die Wetten angeht, bleibt das ZDF bislang vage, um Spannung zu schüren. Für Aufsehen sorgen könnte aber der Auftritt von Wettkandidat Marten Reiß, Aktivist und Einwohner des Dorfs Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler II. Sollte er Wettkönig werden, will er sein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro an Lützerath und verbündete Projekte spenden, teilte die Initiative „Lützerath lebt“mit. Das Dorf soll noch in diesem Winter dem Braunkohletagebau weichen. Dem ZDF ist der Umstand bekannt, Reiß will nach eigenen Angaben in der Live-Sendung zwar kein politisches Statement abgeben, aber auf die Situation in Lützerath aufmerksam machen.