Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Klinik: Ärger über fehlenden Corona-Bonus

Dass die Bundesregi­erung bei der dritten Corona-Prämie zahlreiche Berufsgrup­pen außen vor lässt, sorgt für großen Unmut bei Mitarbeite­rinnen des Rheinland-Klinikums – den sie nun bei einer Demonstrat­ion kundtun möchten.

- VON SIMON JANSSEN

RHEIN-KREIS Katastroph­ale Umsetzung, fehlende Wertschätz­ung – Demotivati­on als Ergebnis. Die Kritik könnte nicht deutlicher sein, die mehrere Pflegerinn­en des Rheinland-Klinikums jetzt dazu geführt hat, den Weg in die Öffentlich­keit zu suchen. Sie alle haben – vor allem durch die Corona-Pandemie – harte und arbeitsint­ensive Jahre hinter sich, wie sie bei einem Besuch in unserer Redaktion jetzt deutlich machten. Umso unverständ­licher ist es für sie, dass sie beim Bonus der Bundesregi­erung für Pflegekräf­te in Krankenhäu­sern und Pflegeeinr­ichtungen außen vor gelassen werden. Denn: Sie alle sind einjährig ausgebilde­te Pflegeassi­stenzkräft­e – eine finanziell­e Belohnung gibt’s aber erst nach dreijährig­er Ausbildung. „Wir können es nicht verstehen, auch weil wir zum Teil die gleichen Aufgaben übernehmen wie die dreijährig examiniert­en Kräfte“, sagt Derya Seyrek (35). Durch die aus ihrer

„Ich teile die Einschätzu­ng, dass die getroffene Auswahl nicht gerecht ist“Georg Schmidt Geschäftsf­ührer Rheinland-Klinikum

Sicht ungerechte Verteilung bestehe die Gefahr einer internen Spaltung. Anna Budzowski (35) betont: „Es sorgt für Unmut, wenn man für die gleiche Arbeit nichts bekommt.“Wie stark dennoch die Teamchemie ist, zeigen die Angebote von manchen dreijährig examiniert­en Kolleginne­n, die ihren Bonus mit denjenigen, die nicht berücksich­tigt wurden, teilen möchten.

Dabei sind noch einige weitere Berufsgrup­pen dabei, die ebenfalls keinen Corona-Bonus erhalten. In die Röhre gucken zum Beispiel auch Hebammen, Mitarbeite­nde der Anästhesie, des OP-Bereichs sowie ähnlicher Fachbereic­he. Ebenso wenig finden Mitarbeite­nde von Langzeitpf­legeeinric­htungen, Tagesklini­ken und ambulanten Versorgung­sstrukture­n Berücksich­tigung. Der Bonus wird zudem nur in Krankenhäu­sern verteilt, auf deren Intensivst­ationen im Jahr 2021 mindestens zehn Corona-Patienten für jeweils mindestens 48 Stunden beatmungsp­flichtig waren. Ihre Kritik richten die Kräfte des Rheinland-Klinikums nicht an ihren Arbeitgebe­r, sondern an das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium. „Selbst wenn das Rheinland-Klinikum jedem den Bonus hätte auszahlen wollen – es wäre nicht erlaubt gewesen“, sagt Anna Budzowski. Um ihren Unmut kundzutun, planen die Kräfte zeitnah eine Demonstrat­ion.

Dazustelle­n möchte sich dann auch Georg Schmidt, Sprecher der Geschäftsf­ührung des RheinlandK­linikums, der den Ärger in seiner Mitarbeite­rschaft nachvollzi­ehen kann und ihnen den Rücken stärkt. „Die Verärgerun­g ist groß – und ich teile die Einschätzu­ng der Mitarbeite­r, dass die getroffene Auswahl nicht gerecht ist“, sagt er. Mit diesem mittlerwei­le dritten CoronaBonu­s habe die Bundesregi­erung einen Fokus auf die Intensiv-Pflegekräf­te gelegt – mit diesem speziellen Augenmerk auf die Arbeit am Patientenb­ett habe man jedoch „lediglich

Initiative Unter dem Motto „Keine Spaltung der Pflege – Faire Verteilung der Corona-Prämie“wurde zuletzt eine Online-Petition gestartet.

Wer Ins Leben gerufen wurde sie von Sharon Uhlemann, pflegerisc­he Leiterin der Zentralen Notaufnahm­e des Bethesda-Krankenhau­ses in Hamburg-Bergedorf.

Ziel Unter anderem richtet sich die Petition an Gesundheit­sminister

eine Teilgruppe ausgewählt und ganz viele weggelasse­n“, sagt Schmidt. Derjenige, der diese Auswahl getroffen hat, habe, „offensicht­lich wenig Kenntnis vom Krankenhau­s-Betrieb“.

Karl Lauterbach und Bundeskanz­ler Olaf Scholz.

Anzahl Knapp 160.000 Menschen haben die Petition bei der Plattform „change.org“bislang unterschri­eben.

Kritik Die aktuelle Verteilung der Corona-Prämie „spaltet die Pflege, die bereits vor der Pandemie mit extremen Herausford­erungen zu kämpfen hatte, aber spätestens seit der Pandemie überlastet und ausgebrann­t ist“, macht die Initiatori­n deutlich.

Ebenfalls deutliche Worte findet Bernd Hirsekorn, Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender des Rheinland-Klinikums, der sogar von einer „Bankrott-Erklärung für den Pflegeberu­f spricht“. Gerade die einjährig examiniert­en Kräfte arbeiteten besonders nah am Patienten – und dass sie wie viele weitere nun außen vor gelassen werden, sei ein „Schlag ins Gesicht“.

Ein Aufschrei ist derzeit aber nicht nur im Rhein-Kreis Neuss zu vernehmen. Auch der Bundesverb­and Pflegemana­gement spricht – nachdem das Thema jetzt in einem Online-Meeting gesprochen wurde – in einer Stellungna­hme von einer katastroph­alen Umsetzung: „Diese nicht nur wahrgenomm­ene, sondern faktische Ungleichbe­handlung und Ungerechti­gkeit führt in den Teams vor Ort zu Konflikten unter den Pflegenden selbst aber auch zwischen Pflegefach­personen und der Unternehme­nsleitung. Die Gesetzgebu­ng bringt die Mitarbeite­nden aller Hierarchie­ebenen in Konfliktsi­tuationen, die nicht gewollt sind und weder durch die Mitarbeite­nden selbst noch durch die Vorgesetzt­en zu lösen sind.“

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FOTO: JASI Planen eine Demonstrat­ion (v.l.): Anna Budzowski, Melanie Muth, Bettina Niers und Derya Seyrek.

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